20.12.2019
Medial erscheint die CO2-Bepreisung so schön stimmig
Das Bundes-Klimaschutzgesetz ist nun in Kraft. Möglich wurde dies, nachdem der Vermittlungsausschuss von Bund und Ländern sich auf einen Kompromiss bei der CO2-Bepreisung geeinigt und dem Klimapaket zugestimmt hatte. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass ab dem Jahr 2021 ein CO2-Preis in den Bereichen Gebäude und Verkehr eingeführt wird, der pro Tonne 25 Euro beträgt. Dieser soll schrittweise bis auf 45 Euro ansteigen. Autofahren und Heizen mit fossilen Brennstoffen werden dadurch teurer. Als Kompensation für diese Preissteigerungen sollen der Strompreis sinken und die Pendlerpauschale steigen. Ab Januar 2020 wird außerdem die verminderte Mehrwertsteuer auf Bahntickets das Bahnfahren um angeblich rund zehn Prozent günstiger machen. Die Bundesländer haben für ihre Steuermindereinnahmen eine Ausgleichszahlung ausgehandelt.
Das kommunizierte Ziel des Klimapaketes ist es, klimaschädliches Verhalten in den kommenden Jahren teurer zu machen. Die Bürger sollen umgelenkt werden. Dem soll unter anderem die CO2-Abgabe dienen. Nach diesem Narrativ werden diejenigen Mitbürger, die das klimaschädliche Treibhausgas verursachen, zur Kasse gebeten. So verteuert sich nach Berechnungen, die die Medien verbreiten, ein Liter Benzin ab dem Jahr 2021 um gut 7 Cent. Das soll motivieren, auf Busse und Bahnen, E-Autos oder das Fahrrad umzusteigen. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) wird nicht müde zu beteuern, dass dies alles sozial ausgewogen verlaufen werde.
Die nationalen Klimaschutzziele sollen demnach schrittweise erreicht werden, indem die Treibhausgasemissionen bis 2030 auf mindestens 55 Prozent im Vergleich zum Ausgangsjahr, bis 2040 auf 70 Prozent und bis 2050 auf 95 Prozent, gemindert werden. Wurden bislang die deutschen Klimaziele mit der Macht der Bundesregierung nicht erreicht, so soll dies nun mit einer Art Wunderwaffe durch die Steuerfunktion der CO2-Abgabe ermöglicht werden. Dabei sind mindestens zwei wesentliche Behauptungen dieses Narrativs Klimaschutzpaket höchst problematisch.
Die soziale Ausgewogenheit wird allen Bürgern versprochen, entlastet werden aber nur bestimmte Gruppen, nämlich die, von denen man ausgeht, dass sie wirksamen Widerstand leisten könnten und die man als wichtige Wählerklientel identifiziert hat. Das sind allen voran die Pendler. Die anderen sollen durch eigene, schmerzhafte Einsicht vom klimaschädlichen Verhalten abgebracht werden. Ob der anvisierte Umstieg auf Busse, Bahnen und E-Autos wirklich sozialverträglich ablaufen kann, ist die Frage. So wird sich nicht jeder Bürger den Umstieg auf ein Elektroauto leisten können. Auch für den leicht postulierten Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr müssten Bund, Ländern und Gemeinden erst einmal die Voraussetzungen schaffen. Angesichts der schwarzen Null von Ex-SPD-Star und Finanzminister Olaf Scholz sind die Versprechungen von Svenja Schulz leichtfertiges Gerede. Zumindest in der GroKo.
Dabei soll nicht davon abgelenkt werden, dass es genügend Menschen in diesem Land gibt, die sich gedankenlos oder sogar voller aggressiver Anspruchshaltung gegen das Klima versündigen. Denen kann man nur mit Geboten und Verboten beikommen, also dem berühmten Ordnungsrecht. Zudem gibt es jede Menge Abhängigkeiten, die es nicht zulassen, dass der Bürger sich aus eigenem Verantwortungsbewusstsein klimabewusst verhalten kann. Charakteristisch dafür ist der Bereich der Wärme, also das Thema Wohnen. Millionen von Menschen sind abhängige Mieter, die keinerlei Einfluss auf ihre Vermieter haben, aber trotzdem als Verursacher behandelt werden. Sie werden höhere Heizungskosten zahlen müssen, nicht weil es ihnen Spaß macht viel Energie für Wohnraumwärme und Warmwasser zu vergeuden, sondern weil ihr Hausbesitzer keinen Antrieb zur Modernisierung und Sanierung seiner Immobilie verspürt. Da bleibt die soziale Ausgewogenheit auf der Strecke.
Nun hat aber auch der BDI seine Forderung angemeldet, für die Wirtschaft, vor allem den Mittelstand, müssten Ausnahmen von der CO2-Bepreisung eingeführt werden. Dem erfahrenen Beobachter schwant schon, was daraus entstehen könnte. Ähnlich der EEG-Umlage, von der wichtige Teile der Industrie befreit sind, könnte es sich auch bei der nationalen CO2-Bepreisung entwickeln. Damit wäre ein weiteres Mal die Last der Klimaschutzmaßnahmen ungleichmäßig verteilt. Die Bürger müssten bezahlen, die Wirtschaft wäre fein raus. Alles zu Ehren der Konkurrenzfähigkeit und im Namen des Erhalts von Arbeitsplätzen. Amen. Diese Messe wurde schon so oft gelesen, dass man annehmen sollte, sie würde wirkungslos verpuffen. Dem ist aber nicht so. Es besteht die reale Gefahr, dass auch die Klimaschutzmaßnahmen zur schnöden Umverteilung missbraucht werden.
Erstaunlich ist, dass die Grünen über ihren Einfluss in den Bundesländern sich diesen Mechanismen nicht verweigert haben, sondern die Erhöhung auf dem CO2-Preisschildchen als Verbesserung und Fortschritt des Klimaschutzes feiern. Welch eine Groteske. Es wird vor dem Hintergrund drohender Ausnahmeregelungen nur dazu führen, dass den kleinen Leute tiefer in die Tasche gegriffen wird. Das verwundert, denn selbst die SPD beginnt ganz vorsichtig, wenn auch erfolglos, sich vom absterbenden Neoliberalismus zu distanzieren. Die Grünen haben in ihrer Euphorie über die Wahl- und Umfrageergebnisse den Schuss noch nicht gehört. Der Neoliberalismus läuft aus und es steht etwas Neues vor der Türe. Was auch immer das sein mag.
In Europa gibt es seit Jahren Länder, die CO2-Bepreisung praktizieren ohne dass sich dies nennenswert auf die Erreichung der Pariser Klimaschutzziele ausgewirkt hätte (siehe Grafik). Der Glaube an nebulöse Lenkungswirkungen im Markt ist offenbar noch so tief verankert, dass ein Umdenken auf die erforderlichen Gebote und Verbote gar nicht in Frage zu kommen scheinen. Ganz so als ob ein stufenweises Verbot von Verbrennungsmotoren oder fossilen Heizkesseln des Teufels wäre und höchst unanständig. Erkennbar sind die Narrative der Vergangenheit in vielen Köpfen noch immer fest verankert und haben eher eine gemeinschaftsstiftenden Funktion innerhalb der politischen Parteien als dass sie etwas mit rationaler Klimaschutzpolitik zu tun hätten. Das zeigt sich auch an der Beständigkeit der Theorie von der Brückenfunktion des Erdgases. Bis die sich endgültig verflüchtigt hat, dürften noch viele millionen Tonnen CO2 und Methan in die Atmosphäre gepustet worden sein.
Klaus Oberzig