18.03.2022
Stellungnahme zum Referentenentwurf „EEG 2023“
Ein Bericht von Jörg Sutter
Die Veröffentlichung des Referentenentwurfes zum EEG 2023 liegt nun schon zwei Wochen zurück, bis gestern konnten Verbände, die Bundesländer und andere Institutionen ihre Stellungnahmen beim BMWK abgeben. Auch die DGS hat das getan. Hier ein Überblick zu den Reaktionen sowie eine kurze Zusammenfassung der DGS-Stellungnahme, die als pdf auch hier abrufbar ist.
Unterschiedliche Reaktionen
Wie sehen andere Verbände aus dem Erneuerbare-Energien-Bereich die geplanten EEG-Änderungen? Bei den meisten kann die Meinung mit einem „Ja, aber“ zusammengefasst werden.
- Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) sieht darin einen ersten wichtigen Schritt, vermisst aber einen wirklichen Aufbruch. „Das Motto muss sein: Mitmachen und Teilhabe zulassen, statt regulatorisch zu erschweren“, so Simone Peter, Präsidentin des BEE. Bei der Solarenergie müssen die Rahmenbedingungen für Solarstrom-Eigenverbraucher und Volleinspeiser gleichermaßen deutlich verbessert werden, fordert der BEE.
- Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) sieht in der EEG-Reform zu geringe Solardachanreize und betont, die Energiewendeziele seien nur schaffen, wenn hier noch deutliche Nachbesserungen vorgenommen werden. „Die von der Ampel-Koalition geplante Vervierfachung der Solarstromleistung ist nur erreichbar, wenn jetzt auch die gewährten Förderanreize daran ausgerichtet werden. Ihre Höhe sollte so nachjustiert werden, dass sie den Erwartungen potenzieller Investoren entspricht“, so Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW.
- Kerstin Andreae vom BDEW betont in einer aktuellen Pressemitteilung: „Wir müssen in diesem Jahr den PV-Turbo zünden“. Um diesen Turbo zu zünden, hat der BDEW die aktuellen Herausforderungen und Hindernisse beim PV-Ausbau analysiert und zeigt in seinem Papier „30 Vorschläge für einen PV-Turbo“ auf, welche politischen und regulatorischen Änderungen notwendig sind, um jetzt einen PV-Boom auszulösen. Das BDEW-Papier, das schon vor einiger Zeit erstellt wurde, findet sich hier.
- Das Hauptstadtbüro der Bioenergie-Verbände ist enttäuscht: Das Gesetzespaket wird den Chancen der Bioenergie nicht gerecht. Vielmehr sieht der Referentenentwurf sogar Änderungen vor, die die Nutzung von Biogasanlagen, Holzheizkraftwerken und Biomethan in den nächsten Jahren reduzieren würden. Die sehr umfangreiche Stellungnahme der Bioverbände findet sich hier.
- Das Bündnis Bürgerenergie (BBEn) forderte schon in der letzten Woche gemeinsam mit weiteren Umwelt- und Energieverbänden, dass das Konzept des Energy-Sharing in das Osterpaket aufgenommen werden muss. „Der Schlüssel für einen beschleunigten Ausbau ist die Teilhabe vieler Bürger:innen und die verbrauchsnahe Produktion. Um die Ziele der Bundesregierung und vor allem um mehr Energieunabhängigkeit zu erreichen, müssen jetzt die Möglichkeiten der Selbstversorgung durch Energy Sharing gestärkt werden“, so Katharina Habersbrunner, Vorstandssprecherin des BBEn. Das Verbändepapier, das auch die DGS mit unterzeichnet hat, findet sich hier.
- Der Runde Tisch Erneuerbare Energien (RT-EE) kritisiert den Entwurf hier rundweg und ist enttäuscht, dass seine im Februar formulierten Forderungen nicht aufgenommen wurden. Ein radikaler und ungebremster Ausbau der Erneuerbaren wird aus Sicht des RT-EE mit den jetzt vorgelegten Rahmenbedingungen nicht stattfinden, obwohl das unter den aktuellen Umständen mehr als notwendig ist.
Nachdem am gestrigen Donnerstag die Frist zur Abgabe im Rahmen der offiziellen Verbändeanhörung abgelaufen ist, kann damit gerechnet werden, dass heute und in den kommenden Tagen noch weitere der beim Ministerium abgegebenen Stellungnahmen veröffentlicht werden. Sie werden später (mit Zustimmung des jeweiligen Verbandes) auch auf der Website des BMWK allgemein zugängig sein.
Stellungnahme der DGS
Die DGS hat ihre Stellungnahme auf die Anforderungen der konkreten PV-Umsetzung fokussiert und begrüßt dabei viele Grundlinien des neues EEG´s. Dazu gehört die Erhöhung der Ausbauziele für PV von jährlich 5 auf 20 Gigawatt in den kommenden Jahren, die Anhebung der Ausbauziele und die Erweiterung der Flächenkulisse für Freiflächenanlagen. Auch die Abschaffung der EEG-Umlage, die in den vergangenen Jahren viel Komplexität ins EEG gebracht hat und die geplante Abschaffung der Sonderregelung für PV-Anlagen zwischen 300 und 750 kWp Leistung finden unsere volle Zustimmung.
Doch schon bei der zukünftig vorgesehenen Trennung der Vergütungssätze für Eigenversorgungsanlagen und Volleinspeiseanlagen sehen wir insbesondere die bislang kommunizierte Höhe der Vergütungssätze skeptisch. Mit welchen Preiserhöhungen beim Handwerk und vor allem den Materialien und Komponenten müssen wir in den kommenden Monaten rechnen? Das muss unbedingt beobachtet werden und eventuell auch kurz vor der Verabschiedung im Bundestag nochmal aktualisiert werden. Klar ist auch: Mit einem geringen Eigenverbrauchsanteil werden die PV-Anlagen kaum wirtschaftlich, es soll ja der im April geltende Vergütungssatz für die Zukunft festgehalten werden. Hier muss befürchtet werden, dass dann nicht die Dächer vollgemacht werden, sondern doch wieder kleinere, eigenverbrauchsoptimierte PV-Anlagen auf die Häuser kommen. Die derzeitige monatliche Absenkung um 1,4% soll erst einmal komplett entfallen und im kommenden Jahr durch eine moderate Absenkung von 1 % pro Halbjahr ersetzt werden.
Ein weiterer Kritikpunkt trifft die administrativen Anforderungen im EEG und auch im Energiewirtschaftsgesetz EnWG. Stand heute soll auch mit dem neuen EEG im kommenden Jahr weiterhin die 70%-Regelung gelten, nach der bei einer kleinen PV-Anlage nicht mehr als 70% der Nennleistung ins Stromnetz eingespeist werden dürfen. Würde die Anlage mehr produzieren, kann dieser Solarstrom bei Volleinspeiseanlagen nur abgeregelt werden. Das passt natürlich überhaupt nicht zum geplanten „PV-Booster“. Man kann nicht mit voll durchgetretenem Gaspedal losfahren und gleichzeitig die Handbremse angezogen lassen. Nach Angaben aus der Wissenschaft und auch aus eigenen Messungen eines DGS-Mitglieds aus München können sich die Abregelungen auf 3 bis 5 Prozent der Jahreserzeugung addieren und damit nicht nur den Ertrag, sondern auch die Wirtschaftlichkeit von kleinen PV-Anlagen schmälern.
Der Mieterstrom ist ein weiterer Punkt: Durch den Wegfall der EEG-Umlage wird das wirtschaftlich besser und etwas vereinfacht, aber die Anforderungen an Abrechnung, Preise und andere Bürokratien sind unverändert. Hier haben wir in der Stellungnahme aufgelistet, was verbessert gehört, um dieses Potential anzapfen zu können. Denn es gibt genug Mietsgebäude mit großen Dachflächen.
Weiterhin haben wir darauf hingewiesen, dass es wieder keinen Anreiz für gebäudeintegrierte PV-Anlagen gibt. Doch auch das Potential z.B. bei Fassaden ist riesig, es wird leider auch bei der aktuellen Novelle bislang nicht gehoben. Völlig aus der Zeit gefallen scheint die Tatsache, dass derzeit (und auch mit der neuen Novelle, die den Ausbau massiv vorabringen soll) immer noch zweifache Anmeldungen selbst nur für ein kleines Steckersolargerät vorgenommen werden müssen. Dabei hat die EU schon vor Jahren erklärt, dass alles unter 800 Watt energiewirtschaftlich nicht relevant ist. Wir fordern daher vom Gesetzgeber eine Bagatellgrenze, um den bürokratischen Aufwand zu minimieren und die Umsetzung damit einfacher zu machen.
Ein weiterer Punkt in der Stellungnahme dreht sich um die Ü20-Anlagen, die ja nach aktueller Gesetzeslage ohne technischen Umbau auch nach der Förderzeit weiter einspeisen dürfen und das dank des aktuellen Marktpreises auch eine „schwarze Null“ auf dem Konto hinterlässt. Der einfache Weiterbetrieb kann also die laufenden Kosten (z.B. Zähler, Versicherung usw.) decken. Dach das EEG lässt das nur bis Dezember 2027 zu – warum eigentlich? Wir brauchen doch eine Energiewende, die auch langfristig wirkt, Lösungen mit 5 Jahren Dauer sind daher auch für den Weiterbetrieb ungeeignet.
Im letzten Punkt der Stellungnahme, dem Punkt 14, haben wir Verbesserungen zusammengestellt, die nicht direkt das EEG betreffen, aber direkt den PV-Zubau beeinflussen. Neben der Idee eines Finanzierungsangebotes benennen wir das aktuelle „Nadelöhr“ der Anlagenzertifizierung bei Großanlagen im Mittelspannungsnetz, die unbedingt notwendige Aus- und Weiterbildung, um zukünftig auch genug Personal für den geplant höheren Zubau zu haben und auch ein steuerlicher Aspekt: Nachdem die Grenze für EEG-Umlagezahlung ja von 10 auf 30 kWp angehoben wurde, ist im Oktober 2021 just eine neue steuerliche Vereinfachung mit der Grenze von… ja, genau: 10 kWp eingeführt worden. Dem Prosumer-Interessenten, der jetzt PV mit Wärmepumpe und E-Auto koppeln möchte und dafür 15 kWp Solarmodule aufs Dach schrauben will – ja, dem wurde freundlich von den Finanzbehörden die Tür vor der Nase zugeschlagen. Auch das ist eine Regelung, die rasch geändert gehört.
Unsere DGS-Stellungnahme zum Entwurf EEG 2023 finden Sie hier. Über eine Weiterverbreitung freuen wir uns, lassen Sie uns auch Ihren Kommentar oder weitere Anregungen dazu gerne direkt an sutter(at)dgs.de zukommen. Wir werden – nicht zuletzt im Austausch mit dem Ministerium und Abgeordneten – das weitere Verfahren begleiten und hoffen auf weitere Änderungen, um das EEG 2023 tatsächlich zu einem PV-Booster zu machen.
Terminhinweis: Webinare zum Entwurf EEG 2023
Die DGS-EEG-Experten Michael Vogtmann und Jörg Sutter werden in der kommenden Zeit mehrere Webinare zum Thema EEG 2023 durchführen. Die nächsten beiden Termine sind:
Dienstag, 29. März, 10:00 bis 12:00 Uhr
Info und Anmeldung hier
Dienstag, 26. April, 10:00 bis 12:00 Uhr
Info und Anmeldung hier
Weitere Termine im Mai und Juni (dann mit weiteren aktuellen Erkenntnissen zum Stand des Gesetzesverfahrens und eventuellen Änderungen des Entwurfs) sind auch schon festgelegt, diese sind hier zu finden: www.solarakademie-franken.de