17.02.2023
GFE-Insolvenz: Einige Geprellte gewinnen viel
Von Heinz Wraneschitz
Als die Nürnberger Justiz am 30. November 2010 den Betrieb der „Gesellschaft zur Förderung Erneuerbarer Energien“, kurz GFE quasi stillsetzte, hatten 1419 Kunden so genannter „Pflanzenöl-Blockheizkraftwerke“ (BHKW) auf einen Schlag ihre insgesamt investierten 62 Mio. Euro verloren. Doch nun bekommen einige von ihnen womöglich sogar mehr Geld zurück, als sie einst investiert hatten.
Denn Ende des Jahres 2022 hat Insolvenzverwalter Jochen König seinen Abschlussbericht für die von ihm betreute GFE Energy AG an das zuständige Insolvenzgericht Nürnberg übermittelt. Das bestätigt die Justizpressestelle auf Nachfrage.
Über den Inhalt des Berichts hält sich Königs Insolvenzbüro bedeckt. Doch laut dem uns vorliegenden jüngsten „Ergänzungsbericht“ über das Verfahren „ist davon auszugehen, dass eine Insolvenzquote von rund 30 Prozent auf die festgestellten Insolvenzforderungen ausgezahlt werden kann“. Denn immerhin „11.437.262,80 Euro sind auf dem eingerichteten Insolvenzsonderkonto verbucht“, schrieb König den Gläubiger:innen der GFE Energy AG im Oktober 2022.
Von diesem Geldbetrag wird aber nur eine kleine Minderheit der insgesamt 1419 Käufer von GFE-Maschinen profitieren. Denn die meisten haben ihr BHKW bei der GFE mbH bestellt und bezahlt. Und diese Gesellschaft, damals 100-Prozent-Tochter der AG, hat gerade mal „ein verfügbares Guthaben in Höhe von 1.423.216,42 Euro“ auf ihrem Sonderkonto liegen, verwaltet vom Königs Kollegen Hans Raab.
Doch auch bei den Kunden der GFE Energy AG werden die einen mehr, die anderen weniger Grund zur Freude haben, wenn sie nach dem endgültigen Abschluss des Verfahrens auf ihr eigenes Konto blicken. Da gibt es zum einen jene Käufer, die dem Insolvenzverwalter nur den bezahlten BHKW-Kaufpreis als Forderung gemeldet haben: Die dürften nach dessen Vorschlag also 30 Prozent davon zurück erhalten. Dazu zählt zum Beispiel Heidrun Frank (Name geändert), eine Rentnerin aus Niederbayern, die damals 50.000 Euro netto an die GFE Energy AG überwiesen hatte.
Anders jene, die neben dem Kaufpreis noch den entgangenen Gewinn für zehn Jahre BHKW-Betrieb in Rechnung gestellt haben. 2,5 Prozent monatlich, also 30 Prozent jährlich hatten die GFE-Verantwortlichen einst versprochen. Der Ertrag sollte aus dem Stromverkauf über das Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG generiert werden.
Dieser zu dieser Zeit für Nürnbergs Justiz völlig unrealistische Wert war Grund genug, die Firmengebäude im November 2010 auf den Kopf zu stellen.
Nun aber könnten Gläubiger, deren Maximalforderungen der Insolvenzverwalter anerkannt hat, am Ende sogar mehr zurückbekommen, als sie ursprünglich investiert hatten. Denn Kaufpreis plus zehn mal 30 Prozent Gewinn bedeuten 400 Prozent des Ursprungsbetrags. Und davon 30 Prozent erwartete „Insolvenzquote“ ergäben den 1,33-fachen Kaufpreis.
Doch egal, welche Forderung die Gläubiger gestellt haben: Sie alle sind Opfer von „gewerbs- und bandenmäßigem Betrug“. So jedenfalls beurteilte Richter Bernhard Germaschewski am 27. Februar 2014 das „Potemkinsche BHKW-Dorf“,
welches die GFE-Manager in der Nürnberger Dieselstraße vier Jahre vorher aufgebaut hatten. Am Ende des aufwändigsten Wirtschaftsprozesses, den Nürnbergs Justiz bislang durchgezogen hat, standen Haftstrafen gegen elf Geschäftsführer, Manager und Vertriebsdirektoren. Zehn von ihnen haben inzwischen ihre Haftstrafen zwischen neun und drei Jahren abgesessen. Einer dagegen – als damaliges Mitglied der Reichsbürgerszene nannte er sich „Außenminister von Germanitien“ – hat sich bisher seiner Strafe durch Flucht an den Golf entzogen.
In dem 2013 begonnenen Strafprozess mit 94 Verhandlungstagen und 212 Zeug:innen hatte die Landgerichtskammer festgestellt: Den Angeklagten „ging es nur darum, ein geiles Produkt zu haben. Aber das war eine Luftnummer: Sie wollten nur gut verkaufen und viel verdienen.“ Über längere Zeit gelaufen war keines der wenigen tatsächlich in Containern aufgestellten BHKW. Ohnehin sah das Gericht das Versprechen als „Luftnummer“ an, die BHKW könnten ein Gemisch von drei Vierteln Wasser und einem Viertel Pflanzenöl dauerhaft in Strom umwandeln.
Genau das aber hatten „Gutachter“ von TÜV Süd und Dekra damals schriftlich bestätigt. Diese Papiere waren vielen Käufern Grund genug, der GFE Geld zu überweisen. Zumal auch noch der amtierende Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) einem GFE-Repräsentanten „ein interessantes Konzept in einer Zeit, in der die Finanzlage der Kommunen angespannt ist“ bestätigt hatte.
Doch der Staat hatte nicht nur den Aufwand für das Gerichts-Verfahren – er hat auch einiges Steuergeld eingenommen. Denn nach unseren Informationen hat nur ein kleiner Teil der BHKW-Käufer die einst bezahlte 19-prozentige Umsatzsteuer zurückgefordert, und noch weniger von ihnen die über Jahre fälligen Zinsen.
Nun endlich, fast 13 Jahre nach der GFE-Durchsuchung gibt es also Hoffnung wenigstens für jene BHKW-Käufer, die bei der GFE Energy AG ihre Maschinen bestellt und bezahlt haben. Doch Wulf Viola, Würzburger Fachanwalt und Vertreter zahlreicher Gläubiger ist mit damit nicht wirklich zufrieden. „Wenn es nach mir gegangen wäre, wäre schon eher Geld geflossen“, sagt Viola. Mehr nicht. Denn als Mitglied im Gläubigerausschuss ist er zum Stillschweigen verpflichtet.
GFE: Was war das noch einmal?
Am 30. November 2010 ließ die Nürnberger Staatsanwaltschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz fast 30 Wohn- und Geschäftsräume durchsuchen. Anfangs wurde gegen 17 Personen ermittelt, acht von ihnen kamen sofort in Untersuchungshaft. Später stieg die Beschuldigtenzahl auf über 50. Und am Ende eines aufwändigen Prozesses gab es elf zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilte „GFE-Manager“. Darunter waren mehrere bekennende „Germaniten“ aus der so genannten Reichsbürgerszene.
„Potemkinsche Dörfer“ nannte Oberstaatsanwalt Wolfgang Träg 2010 das Geschäftsmodell des „Firmengeflecht“ um die „neue“ Nürnberger GFE. Den über 1400 „Käufern“ waren Renditen von jährlich 30 Prozent versprochen worden. Doch von den mehr als 1500 verkauften „Pflanzenöl-Blockheizkraftwerken“ (BHKW) gingen nur wenige tatsächlich in Betrieb, und das beileibe nicht mit der notwendigen Effizienz, um die garantierte Rendite zu generieren. Denn ein gelernter Automechanikermeister, der als Entwicklungschef tätig war, konnte den dafür notwendigen Wirkungsgrad nahe dem Perpetuum Mobile nach eigener Aussage nicht erreichen.
Deshalb musste bei der verwendeten, mehr als umstrittenen Technik getrickst werden. Ein gängiger Begriff dafür: Wassermotor. Ganz normale Dieselmotoren mit Elektrogenerator, sogenannte Gensets, sollten mit Pflanzenöl versorgt werden. Doch nicht reines, sondern vierfach mit Wasser verdünntes Pflanzenöl sollte die Aggregate antreiben. Nach den Prospektunterlagen sollten sie am Ende wesentlich mehr leisten, als dem bislang bekannten, wissenschaftlich fundierten Energieinhalt der Mischung entspricht.
Viele GFE-Beteiligte hatten dennoch behauptet, „die Staatsmächte sind die Stärkeren“, sprich: Die Energiewirtschaft stecke hinter der Staatsanwaltsaktion.
Gut Geld verdient haben damals Vermittler dank hoher bezahlter Provisionen. Zahlreiche Vertriebschefs bezahlten dagegen ihren Einsatz für die Pseudo-Technologie am Ende mit langen Gefängnisstrafen.
Obwohl das Firmengebäude der GFE-Gruppe in der Dieselstraße in Nürnberg stand, war die GFE Energy AG in der Schweiz registriert – wohin offenbar das meiste Geld floss, das nicht für das „Potemkische Dorf“ des Firmenbetriebs in Nürnberg notwendig war.
Zwischenzeitlich gab es nach unseren Recherchen an die 50 Firmen, die irgendwie mit der GFE-Gruppe verflochten waren. Und um das GFE-Geschäftsmodell nicht nur vom guten Image der Erneuerbaren Energie Pflanzenöl profitieren zu lassen, gab es am Nürnberger Firmensitz sogar einen „GFE Future for Children e.V.“.
GFE ist nicht gleich GfE
Die „GFE Gesellschaft zur Förderung Erneuerbarer Energien mbH“ und die ganze GFE-Gruppe haben nichts zu tun mit „der“ Nürnberger GfE:
Die 1911 gegründete „GfE Gesellschaft für Elektrometallurgie GmbH ist heute einer der weltweit führenden Hersteller und Anbieter von Hochleistungsmetallen und –materialien“, so Firmenangaben. WRA