16.04.2021
Neues zu Solar(strom)pflichten
Ein aktueller Blick von Jörg Sutter
Derzeit laufen an vielen Stellen Diskussionen, ob die Einführung einer Solarpflicht helfen kann, die Zubauzahlen weiter nach oben zu treiben. Eine bundesweite Pflicht steht in weiter Ferne, doch einige Bundesländer haben eine landesweite Pflicht für Neubauten bereits beschlossen. Auch zahlreiche Kommunen haben teils schon langjährige gute Erfahrung damit, zum Beispiel Tübingen und Waiblingen in Baden-Württemberg.
Solarpflicht für mehr PV-Ausbau
Allgemein ist Konsens, dass die derzeitige Ausbaugeschwindigkeit mit rund 5 GW pro Jahr bei Photovoltaik nicht ausreicht, um die Klimaziele von Paris zu erfüllen. Doch die Zustimmung zu einer Solarpflicht als geeigneter Maßnahme dafür ist nicht uneingeschränkt: Schon im vergangenen Jahr hatten wir an dieser Stelle auf die unterschiedlichen Gestaltungen von Solarpflichten hingewiesen. Nach wie vor gibt es auch ablehnende Stimmen, die Argumente wurden von Jörg Ebel, Präsident des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW) hier gut zusammengefasst. Trotzdem wird das Thema an einigen Stellen vorangetrieben.
BW will Pflicht ausweiten
In Baden-Württemberg laufen seit Beginn dieser Woche die Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl im März. Die Grünen als Wahlsieger sind willens und sich sicher, den Klimaschutz weiter voranbringen zu können. Auch die Plattform Erneuerbare Energien (PEE) mahnt eine rasche Umsetzung der Beschlüsse an. Bei der Union hätten die Grünen bei diesem Thema „offene Türen eingerannt“, so Thomas Strobel, Landesvorsitzender der CDU Baden-Württemberg. Und eine Tür ist die Ausweitung der Solarpflicht: In 2020 hatte die Grün-Schwarze Koalition die Solarpflicht für Gewerbegebäude in das Klimaschutzgesetz des Landes aufgenommen, eine Einbeziehung von Wohngebäuden wurde damals von der CDU noch abgelehnt. Doch jetzt scheint eine Einigung im Rahmen der Sondierungsgespräche bereits gelungen zu sein. Erste Signale dazu gab es schon im März, als sich CDU-Landwirtschaftsminister Hauk klar dafür ausgesprochen hat.
Faktenpapier aus Niedersachsen
Die Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen und das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz haben im März ein Faktenpapier „Photovoltaik in der kommunalen Bauleitplanung“ herausgegeben, das konkrete Hinweise zur Umsetzung einerseits im Rahmen von Bebauungsplänen, andererseits durch städtebauliche Verträge gibt. Beide Möglichkeiten stehen interessierten Kommunen zur Verfügung, um den Einsatz von Solarenergie im Neubaubereich vorzuschreiben. Daneben nennt das Papier auch noch wichtige begleitende Maßnahmen:
a) Bauberatung
Eine Energie- und Bauberatung kann die Hintergründe für die Bauwilligen aufzeigen, aber auch Hilfestellung zum Beispiel bei der Beantragung von Fördermitteln leisten.
b) Förderungen
Kommunale Förderprogramme können eine Solarpflicht flankieren: Natürlich kann nicht die geforderte PV-Anlage gleichzeitig bezuschusst werden, aber ein Förderprogramm für Batteriespeicher kann hier zusätzliche Anreize schaffen. Oder wie in Freiburg/Breisgau: Hier wird die steuerliche Anmeldung und Bearbeitung der PV-Anlage durch den Steuerberater im ersten Jahr finanziell unterstützt.
c) kommunale Anlagen
Die Kommune soll auch Vorbild sein: Ohne PV-Anlagen auf den eigenen Liegenschaften wird die Argumentation für eine PV-Pflicht dünn. Daher: Kommunale Gebäude prüfen und schnellstmöglich mit PV-Modulen belegen. Das schafft Vertrauen und zeigt, dass die Kommune es ernst meint mit den erneuerbaren Energien und dem Klimaschutz.
Solarpflicht in Landau/Pfalz
Die kreisfreie Stadt Landau im südlichen Rheinland-Pfalz hat eine Solarpflicht im März beschlossen: Der Stadtrat der knapp 50.000 Einwohner umfassenden Kommune hat sich mehrheitlich dafür ausgesprochen, nun erarbeitet die Verwaltung entsprechende Umsetzungsbestimmungen, die hier in Form von Vorgaben in den Grundstückskaufverträgen erfolgen soll. Laut der lokalen Klimaschutzmanagerin Maren Dern wurde die Solarpflicht von weiteren Klimaschutzmaßnahmen politisch abgekoppelt, um möglichst rasch für neue Baugebiete wirken zu können. Auch in Landau wird die Solarpflicht durch ein Beratungsangebot und das landesweite Solar-Speicher-Förderprogramm flankiert.