15.07.2022
EEG 2023: Reaktionen und Ausblick
Eine Zusammenstellung von Jörg Sutter
Nicht nur ein neues EEG, sondern eine ganze Reihe von neuen Energiegesetzen wurde kurz vor der Sommerpause noch durch den Bundestag gebracht; das gesamte Osterpaket ist damit verabschiedet. Die Reaktion der Verbände ist unterschiedlich, auch bleiben noch weitere Hausaufgaben für das Sommerpaket offen.
Überblick
Neben dem Ausbau der Windenergie (an Land und Offshore), dem EEG für die erneuerbare Stromerzeugung wurden auch die gesetzlichen Regelungen zum Netzausbau und das Energiewirtschaftsgesetz geändert und angepasst. Zurecht bezeichnet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima (BMWK) das als „größte energiepolitische Novelle seit Jahrzehnten“. Das Ministerium hat aktuell einen Überblick der beschlossenen Beschleunigungsmaßnahmen hier zusammengestellt. Mit dem Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz und dem Energiesicherungsgesetz wurden zwei Regelungen beschlossen, die der aktuellen Energiesituation geschuldet sind und der kritischen Perspektive, unter Umständen im nächsten Winter mit zu wenig Gas als Energieträger versorgt zu sein.
Reaktionen zum EEG 2023
Doch schauen wir uns zuerst an, wie die Reaktionen auf die Verabschiedung des EEG ausgefallen sind. Dadurch, dass die Parlamentarier noch etliche Änderungen auf den letzten Metern vollzogen haben, waren die Reaktionen deutlich positiver als noch zuvor auf die Entwürfe vom Ministerium oder den Regierungsbeschluss. So war der Bundesverband Solarwirtschaft erfreut über die Anhebung der Ausbauziele, jedoch relativierte der Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig: „Dies kann nur der erste Schritt zur Entfesselung der Solarenergie gewesen sein. Die Fesseln wurden gelockert, aber noch nicht vollständig gelöst“.
Und der BSW wies auf die noch nicht umgesetzte Entbürokratisierung hin, die unbedingt noch kommen muss. Doch die Novelle wurde insgesamt als „wichtiger Meilenstein auf dem Weg ins Solarzeitalter“ bezeichnet. Schon begrifflich eine Hommage an Hermann Scheer, dessen Buch „Das Solarzeitalter“ vor inzwischen 33 Jahren den Weg, den wir heute gehen, maßgeblich geprägt hat.
Der Verband der Windenergie (BWE) hatte nach der ersten Lesung der neuen Gesetze noch viel Kritik. Nachbesserungsbedarf sah der BWE unter anderem bei den Bestimmungen zur Flächenkulisse im Wind-an-Land-Gesetz. Nach der endgültigen Verabschiedung mahnte er, die neuen Gesetze zur Beschleunigung der Energiewende „wie angekündigt durch gesetzliche Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung zu flankieren“. Und der BWE sieht ein großes Potential im Repowering, also dem Austausch alter Windkraftanlagen durch neuere Modelle: Kurzfristig könnten hier 45 GW mehr Windleistung bereitgestellt werden, ohne in die derzeit noch langwierige Planung von Neuanlagen einzusteigen.
Auch der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) sieht die Reform prinzipiell positiv, aber eine echte Zeitenwende vermisst auch deren Geschäftsführer Robert Busch: „Eine Geschwindigkeit und Fokussiertheit wie beim Ausbau der LNG-Terminals ist hier noch nicht in Sicht“, so Busch.
Die Verbände der Bioenergie bemängelten in den ersten Stellungnahmen, dass das große Potential der Bioenergie in der EEG-Novelle nicht berücksichtigt wurde. Derzeit profitieren die Verstromer von Bioenergie zwar von den hohen Marktpreisen, gefordert wurde aber eine Absicherung in Form einer Anschlussvergütung – und die wurde ins EEG 2023 nicht aufgenommen.
Der Bundesverband Wasserkraftbetreiber (BDW) ist schlicht erleichtert, dass die vorher geplanten Streichungen für diese Branche nun doch rückgängig gemacht wurden und viele kleine Wasserkraftanlagen weiter betrieben werden können. Bis 500 Kilowatt behalten die Kraftwerke die Einspeisevergütung, auch ihnen wird ein Beitrag zum „öffentlichen Interesse“ signalisiert, was gerade für Genehmigungsvorgänge wichtig sein kann.
Und außerhalb der Blase der Energieverbände? Prof. Volker Quaschning hat kritisiert, dass das Ziel der klimaneutralen Stromerzeugung bis 2035 gestrichen wurde und das – abseits vieler Details – ein sehr negatives Signal aussendet. Die Friday-for-Future-Bewegung hat kurz nach dem Bundestagsbeschluss angekündigt, auch im September weiter für die Einhaltung des 1,5 Grad-Zieles auf die Straße zu gehen.
Energiesicherheit ist neue Begründung
Die Energiesicherheit ist politisch in den vergangenen Monaten deutlich in den Vordergrund geschoben worden – zurecht, denn die vergangenen Regierungen haben die Abhängigkeit vor allem vom Erdgas mehr befeuert als reduziert. „Energiepolitik ist nicht nur eine Frage des Preises, Energiepolitik ist Sicherheitspolitik“, so Bundeskanzler Olaf Scholz aktuell beim Sommerfest des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE).
Detailprobleme bleiben
Ohne einen detaillierten Einblick in die anderen Technologien und die allgemeinen Energiegesetze zu nehmen: Allein das neue EEG genauer unter die Lupe zu nehmen, genügt, um festzustellen, dass das keine einfache Kost ist. Welche Regelungen gelten gleich nach der endgültigen Verabschiedung, welche erst im kommenden Jahr? Wie soll ein Aufbau zweier PV-Anlagen mit Volleinspeisung und Eigenversorgung in der Praxis umgesetzt werden? Es bleiben Fragen über Fragen, die auch durch einen Blick in den Gesetzestext nicht gelöst werden. Die aktuell vorgelegte sorgfältige Analyse der Stiftung Umweltenergierecht zeigt auch einige Stellen auf, an denen der Gesetzestext noch „redaktionell angepasst werden muss“, falsche Absatzbezeichnungen oder andere Ungereimtheiten genannt sind, die wohl in einer neuerlichen Korrektur nochmals geändert werden müssen. Bei einem derart komplexen Regelwerk und so vielen Änderungen kurz vor Verabschiedung ist das aber auch kein Wunder. Haben Sie konkrete Fragen zur PV-Umsetzung mit dem EEG 2023? Wir wollen hier gerne helfen; senden Sie (DGS-Mitglieder bevorzugt) Ihre Frage bitte einfach per Mail an sutter(at)dgs.de.
Apropos Änderung
Nach der Novelle ist vor der Novelle: So hat der Bundestag mit der Verabschiedung des EEG 2023 auch einen großen Katalog an „Hausaufgaben“ an das BMWK verfasst, dieser ist als Entschließungsantrag im Beschluss des Bundestages enthalten. Demnach soll das Ministerium den Einsatz von Steckersolargeräten vereinfachen, die steuerlichen Vereinfachungen auf Anlagen bis 30 kWp ausdehnen und den gemeinschaftlichen Stromverbrauch auch auf Quartiere ausdehnen. Ein gutes Kochbuch wie wir finden, dass geeignet ist, im kommenden Sommerpaket weitere Flankierungen zum beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren umzusetzen. Wir sind gespannt.