13.11.2020
Solarteure werden e-mobil
Ein Bericht von Götz Warnke
Sauberer Sonnenstrom vom Dach, ein neues E-Auto und eine frisch installierte Wallbox, die derzeit auch noch gefördert wird: Diese Kombination wird heute für immer mehr Doppel-, Reihen- und Freisteh-Haus-Besitzer zum Idealfall. Da passt es dann nicht wirklich, wenn ausgerechnet der Solarteur in einem Stinkediesel vorfährt. Das wissen natürlich auch die meisten Solarteure.
Sie sind sich aber unsicher, wie eine sinnvolle, nachhaltige Lösung aussehen könnte: Gibt es genügend geeignete E-Fahrzeuge? Wie ist deren Zuverlässigkeit? Und: Wie „rechnet sich“ das Ganze? Wir haben mit jemandem gesprochen, der diese Fragen schon hinter sich und zumindest für sein Unternehmen beantwortet hat: DGS-Mitglied Klaus Schestag, Solarteur in Kraichtal bei Karlsruhe.
Doch bevor wir uns mit weiteren Fragen und einem sinnhaften Vorgehen beschäftigen, ein Fakt schon mal vorweg: es gibt eine Vielzahl geeigneter Fahrzeuge in unterschiedlichen Größen – von den italienischen Kleinsttransportern der Marke Alke über den Renault MASTER Z.E. bis zu MANs eTGM in LKW-Größe – und noch jede Menge dazwischen.
Klaus Schestag kam zum elektrischen Werkstattwagen, weil er natürlich selbst bereits eine große PV-Anlage besaß und die Wünsche seiner Kunden nach PV + Emobilität stets vor Augen hatte. Zum anderem kam noch eine einfache Überlegung hinzu: Die Einsatzfahrten von Handwerkern sind meist kurz, mit gewissen Unterschieden zwischen den Gewerken. Doch sind mindestens die Hälfte der Fahrten zwischen Werkstatt und Ausführungsort unter 50 km lang, in rund 80% der Fälle unter 100 km. Bei Schestag selbst sind es 20-50 km täglich. Solche Strecken hin und zurück lassen sich problemlos mit-E-Fahrzeugen bewältigen. Die Kurzstrecken führen aber auch zu kurzen Fahrtzeiten und dem Problem, dass diese Fahrzeuge häufig Stehzeuge sind und der Motor zwischen den einzelnen Stationen gar nicht warm wird. Genau das ist für E-Autos kein Problem; bei Verbrenner-Fahrzeugen wird das mit höherem Verbrauch und höherem Verschleiß bezahlt.
Schestags nächster Schritt war, das eigene Anforderungsprofil an das Fahrzeug zu definieren. Er unterteilte seinen E-Transporter-Anforderungskatalog in drei Kategorien: Das muss er haben - das soll er haben - das darf er haben. Die 1. Kategorie bestand aus Elektroantrieb, Kauf-Akku, Anhängerkupplung mit Anhängerlast mind. 1.200 kg, 3 Meter langer Laderaum. Bei 2. sind u.a. aufgeführt: Schiebetür auch auf der Fahrerseite, Laderaum(teil)verglasung wegen Anhängerfahrt rückwärts, glatter Laderaumboden, 230 V Steckdose mit ca. 2.000 Watt Leistung, keine Zusatzausstattungen wie Navi, Rückfahrkamera usw., rund 200 km tatsächliche Reichweite mit Ladung und Anhänger(? Akku 40-60 kWh), Schnelladefähigkeit mit 50 kW, verfügbar bis Ende Juni 2020, Preis. Unter 3. stand noch: Laderaum-Innenverkleidung, Voll-LED-Licht.
In die engere Auswahl kamen der VW T 6.1 elektro, der Renault Master Z.E. - L2/H2, der Mercedes e-Vito, sowie der Maxus EV 80 der Shanghai Automotive Industry Corporation (SAIC). Mit anderen Parametern hätte diese Auswahl natürlich auch ganz anders aussehen können. So entschied sich Schestag schließlich für den chinesischen SAIC Maxus EV 80 als Gebrauchtwagen, wobei ihm der Testbeitrag einer Zeitschrift Mut machte. 33.000 Euro hat das Fahrzeug Baujahr 2017 gekostet; eine Förderung gab es dafür nicht.
Positive Erfahrungen
Und wie sind Schestags eigene Erfahrungen jenseits all‘ des geduldigen Papiers? Durchgängig positiv, soviel kann er nach dem ersten halben Jahr sagen. Störungen und Reparaturen gab es keine, weshalb auch der weitere Weg zu einer passenden Werkstatt kein Problem ist. Statt der 12 Liter des alten VW Transporters (entspricht rund 120 kWh) verbraucht der E-Baustellenbus nur 30 kWh auf 100 km. Die Begeisterung bei den eigenen PV-Kunden und das Interesse bei anderen Handwerkern sowie Leuten auf der Straße ist groß. Das führt zu Informations-Gesprächen, Kontakten – und vielleicht auch zu dem einen oder anderen Neukunden!
Wer wissen will, ob sich ein E-Fahrzeug für die eigene Firma lohnt, findet u.a. hier Antworten.