12.03.2021
Solarkraftwerke und Gewächshäuser contra Feld-Landwirtschaft
Ein Situationsbericht von Heinz Wraneschitz
Der Landkreis Fürth ist nur ein Beispiel. Dort sind momentan in vielen Kreis-Gemeinden Megawatt-Solarkraftwerke geplant oder im Bau. Gleichzeitig sorgen hier mehrere geplante Großgewächshäuser für heftigste Diskussionen. Für die einen sind beiderlei Projekte biologisch wie ökologisch sinnvoll. Für die anderen entziehen sie schlichtweg der Landwirtschaft notwendige Flächen. Eine Flächenkonkurrenz, die auch anderswo im Land gut bekannt sein dürfte.
Langenzenn-Hardhof, ein kleiner Weiler mit etwa 40 Einwohnern. Hier plante ein Gemüsebauer aus dem Nürnberger Knoblauchsland, zwei Fünf-Hektar-Bio-Glashäuser nebst Wärmeversorgung zu errichten. Nach Protesten hat dieser Bauer zwar inzwischen den Bauwunsch aufgegeben. Doch soll in diesem Dörflein weiterhin auf mehreren Hektar Grünland ein Solarfeld (PVA) gebaut werden. Ist es ein Wunder, wenn die Gegnerschaft beide Themen in einen Topf schmeißt? Die Bewohner lehnen Solarflächen wie "XXL-Gewächshäuser" jedenfalls gleichermaßen ab.
Dabei sind die gesetzlichen Grundlagen für das Errichten landwirtschaftlicher Gebäude im Außenbereich völlig andere als für den Bau von PVA. Gewächshäuser jeder Größe fallen unter das landwirtschaftliche Bauprivileg. Denn selbst große Gemüsebaubetriebe zählen zur Landwirtschaft. Ein im Langenzenner Ortsteil Keidenzell Bauwilliger für ein 10-Hektar-Gewächshaus ist zudem sogar Nürnberger Kreisobmann des Bauernverbands BBV.
In § 35 des Baugesetzbuchs (BauGB) stehe, "landwirtschaftliche Betriebe haben unter bestimmten Voraussetzungen ein Baurecht im Außenbereich", ist vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Schweinfurt zu erfahren. Und das, obwohl eigentlich Felder, Wiesen oder Wälder "im Außenbereich von jeglicher Bebauung freigehalten werden sollten, d.h. Bauvorhaben sind zunächst unzulässig", so das AELF weiter. Es nennt zwar einige Einschränkungen des Bauern-Privilegs im BauGB und bayerischem Baurecht, aber keine Größenbegrenzung.
Für PVA gilt diese Privilegierung im Außenbereich jedoch nicht, selbst wenn Bauern sie auf ihren eigenen Feldern errichten würden. Anlagenplaner müssen sich also an die jeweilige Gemeinde wenden und dort die Aufstellung eines "vorhabenbezogenen Bebauungsplans" (B-Plan) beantragen. Dem Wunsch kann der Gemeinde- oder Stadtrat folgen - er muss aber nicht, wie das Landratsamt Fürth bestätigt.
Die Fürther Kreisbehörde hatte kürzlich die hiesigen Bürgermeister zu einer Besprechung eingeladen. Das konkrete Thema: Freiflächen-Solar. Energieversorger, Projektentwickler, Bauernverband, Bezirksregierung legten dabei ihre Positionen dar.
Landrat Matthias Dießl (CSU) beschrieb danach das Dilemma so: Einerseits sei Photovoltaik (PV) ein generell wichtiger Baustein der Energiewende. Andererseits stünden PV-Anlagen auf Freiflächen "stets auch im Spannungsfeld zwischen Förderung Erneuerbarer Energien und Flächenverbrauch". Sie seien nicht nur landschaftsbildprägend, sondern "durch den Flächenverbrauch in der Bevölkerung und in der Landwirtschaft oftmals kritisch gesehen". Außer, sie würden auf Konversionsflächen errichtet.
Der Landrat empfahl deshalb, "derartige Vorhaben in den Kommunen planvoll anzugehen und damit gezielt zu steuern". Am Ende waren sich die Ortschefs nach Auskunft aus dem LRA "einig: Jede Kommune sollte ihre Flächennutzungsplanung um den Aspekt "Photovoltaik" ergänzen und Kriterien für die Ausweisung definieren." Wobei das Wort "sollte" nicht unbedingt ein klares, einheitliches Vorgehen verspricht.
Und der Landkreis Fürth hat selber auch etwas vor: Das neu gestartete, gemeinsame Klimaschutzmanagement von Kreis und Kommunen wolle "2021 einen gemeindeübergreifenden Energienutzungsplan erstellen", wurde nun bekannt. Dieser Plan betrachte zum Beispiel auch den Ausbau von Wärmenetzen, gehe also über Freiflächen-PV weit hinaus, so das LRA.
Peter Köninger, BBV-Vorsitzender im Landkreis Fürth bekennt: "Wir haben dazu im BBV keine einheitliche Meinung. Unstrittig ist: Für PV-Anlagen sollten zuerst Dächer genutzt werden. Deshalb sind Freiflächenanlagen strittig." Die nehmen oft zig Hektar Fläche ein - die dann auf mindestens 20 Jahre dem Ackerbau entzogen sind. "Es hängt natürlich von den örtlichen Gegebenheiten ab. Aber hier im Landkreis ist die Flächenkonkurrenz und die Betroffenheit ziemlich groß", weiß Köninger.
Außerdem gibt es da noch eine dritte Entwicklung, die landwirtschaftlichen Kleinbetrieben rund um Nürnberg und Fürth Flächen-Angst macht: Bisherige Getreide- oder Zuckerrübenfelder verwandeln sich hier in riesige, ebenfalls Knoblauchsland-ähnliche, riesige Gemüse- und Salatgärten. Auch dahinter stecken meist gemüsebäuerliche Migranten aus dem großstädtischen Ballungsraum. Die angestammten örtlichen Bauern können bei den dafür bezahlten Pachtpreisen offenbar nicht mehr mithalten.