11.03.2022
Sechster IPCC-Sachstandsbericht: Zunehmende Klimarisiken für Ökosysteme und Menschen
Ein Kommentar von Matthias Hüttmann
Der Krieg dominiert aktuell alles. Aber er lässt uns auch in den Spiegel sehen und offenbart unsere Ignoranz gegenüber offensichtlichen Fehlentwicklungen. Denn unsere Abhängigkeit von fossilen Energien ist in vielerlei Hinsicht verheerend. So unterstützt unser Hunger nach Öl, Gas und Uran bekanntlich Despoten und Autokratien, ist volkswirtschaftlich und ökonomisch betrachtet eine Einbahnstraße, da er für den Umbau hin zu einer nachhaltigeren Lebensweise benötigten Devisen verschlingt. Statt die Milliarden für Öl- und Gasimporte zu verschleudern, hätten wir uns längst von den treibhausgaslastigen Energieversorgung emanzipieren müssen. Aber das ist ja alles schon vielfach geschrieben und diskutiert worden.
Um es einmal ganz deutlich zu sagen: Ja, „wir“ haben darauf schon lange hingewiesen, aber zu wenige wollten davon hören. Ein besonders eindrückliches Beispiel ist das traurige Jubiläum des im März 1972 erschienenen Berichts "Die Grenzen des Wachstums". Bereits vor 50 Jahren (!) zeigte dieser bereits eindrücklich die Kapazitätsgrenzen unseres Planeten auf und prognostizierte ein düsteres Bild für die Zukunft. Jedoch hat sich seitdem nur wenig getan. Wenn man sich die dramatische, in der Geschichte beispiellose Zunahme von menschlicher Aktivität seit den 1950er Jahren ansieht, und diese bis heute realisiert, so rasen wir mit großer Geschwindigkeit auf unseren Untergang zu. Exemplarisch zeigt das als “Große Beschleunigung” bezeichnete Modell zwölf gesellschaftlich-wirtschaftliche (sozio-ökonomische) Megatrends denen zwölf ökologischen (Erdsystem-) Megatrends zur Seite gestellt werden. Ein Problem daran: Unsere Entwicklung ist in vielerlei Hinsicht exponentiell. Das betrifft die Digitalisierung aber auch generell viele der rasanten technologischen Entwicklungen. Wir leben in einer Zeit, in der diese Auswirkungen unser täglicher Begleiter ist, nicht zuletzt die Pandemie verhält sich nach dieser Funktion. Da wir solche Exponentialreihen oftmals gar nicht umreißen und wohl meist rein linear denken, halten wir den Zuwachs um ein Prozent bisweilen schon für einen Rückschritt. Das liegt aber auch daran, dass wir exponentielle Entwicklungen kognitiv kaum erfassen können. Auch wenn uns die Mathematik das sehr gut verdeutlichen kann, übersteigt es meist unsere Vorstellungskraft. Was eigentlich einfach zu begreifen ist: endloses Wachstum in einem endlichen Raum ist unmöglich. Und nicht nur endloses Wirtschaftswachstum ist eine Illusion, auch der Mensch hat begrenzte Ressourcen. So ist auch eine nie endende Beschleunigung unseres Lebens problematisch, es gilt, sie zu kontrollieren und an uns anzupassen, wobei es dabei nicht um Digitalisierungsverweigerung geht. Die große Beschleunigung beeinflusst heute das Leben auf unserem Planeten. Wobei beides möglich ist: Abgrund und Rettung.
Nun zum eigentlichen Thema: Der Weltklimarat (IPCC) hat, aufgrund der russischen Invasion in der Ukraine fast unbemerkt, den zweiten Teil seines 6. Sachstandsberichts vorgestellt. Im Fokus dieses Berichts stehen die Folgen des Klimawandels sowie die Klimaanpassung. Der IPCC warnt dabei, dass die Klimarisiken für Ökosysteme und Menschen nehmen weltweit rapide zunehmen und stellt fest, dass nur konsequenter Klimaschutz und frühzeitige Klimaanpassung Risiken verringern können. Die Hauptaussagen aus dem Beitrag der Arbeitsgruppe II zum Sechsten IPCC-Sachstandsbericht hat die Deutsche IPCC-Koordinierungsstelle übersetzt und zusammengefasst.
Sechster IPCC-Sachstandsbericht (AR6) Beitrag von Arbeitsgruppe II: Folgen, Anpassung und Verwundbarkeit
Hauptaussagen aus der Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung (SPM)
B. Beobachtete und projizierte Folgen und Risiken
Beobachtete Folgen des Klimawandels
B.1 Der von Menschen verursachte Klimawandel, einschließlich häufigerer und intensiverer Extremereignisse, hat weitverbreitete negative Folgen und damit verbundene Verluste und Schäden für Natur und Menschen verursacht, die über die natürliche Klimavariabilität hinausgehen. Einige Entwicklungs- und Anpassungsmaßnahmen haben die Verwundbarkeit verringert. Über Sektoren und Regionen hinweg ist zu beobachten, dass die verwundbarsten Menschen und Systeme besonders stark betroffen sind. Die Zunahme von Wetter- und Klimaextremen hat zu einigen irreversiblen Folgen geführt, da natürliche und menschliche Systeme über ihre Anpassungsfähigkeit hinaus belastet wurden. (hohes Vertrauen[1])
Verwundbarkeit und Exposition von Ökosystemen und Menschen
B.2 Die Verwundbarkeit von Ökosystemen und Menschen gegenüber dem Klimawandel unterscheidet sich erheblich je nach und innerhalb von Regionen (sehr hohes Vertrauen), bedingt durch sich überschneidende sozioökonomische Entwicklungsmuster, nicht nachhaltige Meeres- und Landnutzung, Ungleichheit, Ausgrenzung, historische und anhaltende Muster von Ungleichheit wie Kolonialismus sowie Governance[2] (hohes Vertrauen). Ungefähr 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen leben unter Bedingungen, die sehr verwundbar gegenüber dem Klimawandel sind (hohes Vertrauen). Ein großer Anteil an Arten ist verwundbar gegenüber dem Klimawandel (hohes Vertrauen). Die Verwundbarkeit von Menschen und Ökosystemen sind voneinander abhängig (hohes Vertrauen). Die gegenwärtigen nicht-nachhaltigen Entwicklungsmuster erhöhen die Exposition von Ökosystemen und Menschen gegenüber Klimagefahren (hohes Vertrauen).
Risiken in naher Zukunft (2021–2040)
B.3 Sollte die globale Erwärmung in naher Zukunft 1,5 °C erreichen, würde sie unvermeidbare Zunahmen vielfältiger Klimagefahren verursachen und vielfältige Risiken für Ökosysteme und Menschen mit sich bringen (sehr hohes Vertrauen). Die Höhe des Risikos wird von den in der nahen Zukunft gleichzeitig ablaufenden Entwicklungen von Verwundbarkeit, Exposition, sozioökonomischem Entwicklungsstand und Anpassung abhängen (hohes Vertrauen). Zeitnahe Maßnahmen, die die globale Erwärmung auf etwa 1,5 °C begrenzen, würden die projizierten Verluste und Schäden, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel in menschlichen Systemen und Ökosystemen auftreten, im Vergleich zu höheren Erwärmungsniveaus erheblich verringern, können sie aber nicht alle beseitigen (sehr hohes Vertrauen).
Mittel- bis langfristige Risiken (2041–2100)
B.4 Nach 2040 und abhängig vom Ausmaß der globalen Erwärmung wird der Klimawandel zu zahlreichen Risiken für natürliche und menschliche Systeme führen (hohes Vertrauen). Für 127 identifizierte Schlüsselrisiken sind die bewerteten mittel- und langfristigen Folgen bis zu einem Vielfachen größer als derzeit beobachtet (hohes Vertrauen). Das Ausmaß und die Geschwindigkeit des Klimawandels und der damit verbundenen Risiken hängen stark von Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen in der nahen Zukunft ab und die projizierten negativen Folgen und damit verbundene Verluste und Schäden eskalieren mit jedem weiteren Zuwachs der globalen Erwärmung (sehr hohes Vertrauen).
Komplexe, zusammengesetzte und kaskadierende Risiken
B.5 Die Folgen und Risiken des Klimawandels werden immer komplexer und schwieriger zu bewältigen. Vielfältige Klimagefahren werden gleichzeitig auftreten, und vielfältige klimatische und nichtklimatische Risiken werden wechselwirken, was zu zusammengesetzten Gesamtrisiken und Risikokaskaden über Sektoren und Regionen hinweg führt. Einige Maßnahmen in Reaktion auf den Klimawandel führen zu neuen Folgen und Risiken. (hohes Vertrauen)
Folgen einer vorübergehenden Überschreitung
B.6 Falls die globale Erwärmung in den kommenden Jahrzehnten oder später vorübergehend 1,5 °C überschreitet (Overshoot[3]), werden viele menschliche und natürliche Systeme im Vergleich zu einem Verbleib unter 1,5 °C zusätzlichen schwerwiegenden Risiken ausgesetzt sein (hohes Vertrauen). Je nach Ausmaß und Dauer der Überschreitung werden einige Folgen die Freisetzung zusätzlicher Treibhausgase verursachen (mittleres Vertrauen), und manche Folgen werden unumkehrbar sein, selbst wenn die globale Erwärmung verringert wird (hohes Vertrauen).
C. Anpassungsmaßnahmen und förderliche Bedingungen
Gegenwärtige Anpassung und ihre Vorteile
C.1 Über alle Sektoren und Regionen hinweg wurde Fortschritt bei Anpassungsplanung und - umsetzung beobachtet; dieser bringt vielfältige Vorteile mit sich (sehr hohes Vertrauen). Allerdings ist der Anpassungsfortschritt ungleichmäßig verteilt und es sind Anpassungslücken zu beobachten (hohes Vertrauen). Viele Initiativen priorisieren die unmittelbare und zeitnahe Verringerung des Klimarisikos, was die Möglichkeit für transformative Anpassung verringert (hohes Vertrauen).
Zukünftige Anpassungsoptionen und ihre Machbarkeit
C.2 Es gibt machbare[4] und wirksame[5] Anpassungsoptionen, welche die Risiken für Mensch und Natur reduzieren können. Inwieweit es machbar ist, Anpassungsoptionen in der nahen Zukunft umzusetzen, hängt von den jeweiligen Sektoren und Regionen ab (sehr hohes Vertrauen). Die Wirksamkeit von Anpassung zur Verringerung des Klimarisikos ist für bestimmte Umstände, Sektoren und Regionen belegt (hohes Vertrauen) und wird mit zunehmender Erwärmung abnehmen (hohes Vertrauen). Integrierte, sektorübergreifende Lösungen, die sich mit sozialen Ungleichheiten befassen und Maßnahmen entsprechend dem Klimarisiko differenzieren sowie systemübergreifend angelegt sind, erhöhen die Machbarkeit und Wirksamkeit von Anpassung in vielen Sektoren (hohes Vertrauen).
Grenzen der Anpassung
C.3 Weiche Grenzen für die Anpassung des Menschen werden bereits erreicht, können aber durch die Befassung mit einer Reihe von Einschränkungen überwunden werden, in erster Linie finanzielle, Governancebezogene, institutionelle und politische Einschränkungen (hohes Vertrauen). Harte Anpassungsgrenzen wurden in einigen Ökosystemen bereits erreicht (hohes Vertrauen). Mit zunehmender globaler Erwärmung werden Verluste und Schäden zunehmen und weitere menschliche und natürliche Systeme werden an Anpassungsgrenzen stoßen (hohes Vertrauen).
Fehlanpassung vermeiden
C.4 Seit dem AR5 wurde in vielen Sektoren und Regionen vermehrt Fehlanpassung[6] nachgewiesen. Fehlanpassung an den Klimawandel kann zu Lock-In-Effekten bei Verwundbarkeit, Exposition und Risiken führen, die nur schwer und teuer zu ändern sind und zudem bestehende Ungleichheiten verschärfen. Fehlanpassung kann durch flexible, sektorübergreifende, integrative und langfristige Planung und Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen vermieden werden, was für viele Sektoren und Systeme Vorteile bringt. (hohes Vertrauen)
Förderliche Bedingungen
C.5 Förderliche Bedingungen sind der Schlüssel für die Umsetzung, Beschleunigung und Aufrechterhaltung von Anpassung in menschlichen Systemen und Ökosystemen. Dazu gehören politische Entschlossenheit und konsequente Durchführung, institutionelle Rahmenbedingungen, politische Strategien und Instrumente mit klaren Zielen und Prioritäten, verbessertes Wissen über Folgen und Lösungen, die Mobilisierung von angemessenen finanziellen Ressourcen und der Zugang dazu, Monitoring und Bewertung sowie integrative Governance-Prozesse. (hohes Vertrauen
D. Klimaresiliente Entwicklung
Bedingungen für klimaresiliente Entwicklung
D.1 Belege für beobachtete Folgen, projizierte Risiken, Grad und Entwicklungen von Verwundbarkeit sowie Anpassungsgrenzen zeigen, dass weltweite Maßnahmen für eine klimaresiliente Entwicklung dringender sind als zuvor im AR5 bewertet. Umfassende, wirksame und innovative Maßnahmen sind in der Lage, Synergien zu nutzen und Zielkonflikte zwischen Anpassung und Minderung zu verringern, um nachhaltige Entwicklung zu fördern. (sehr hohes Vertrauen)
Klimaresiliente Entwicklung fördern
D.2 Klimaresiliente Entwicklung wird gefördert, wenn Regierungen, die Zivilgesellschaft und der Privatsektor integrative Entwicklungsentscheidungen treffen, die Risikominderung, Gleichstellung und Gerechtigkeit priorisieren, und wenn Entscheidungsfindungsprozesse, Finanzmittel und Maßnahmen über Regierungsebenen, Sektoren und Zeitrahmen hinweg integriert werden (sehr hohes Vertrauen). Eine klimaresiliente Entwicklung wird durch internationale Zusammenarbeit gefördert sowie dadurch, dass Regierungen auf allen Ebenen mit Gemeinschaften, der Zivilgesellschaft, Bildungseinrichtungen, wissenschaftlichen und anderen Institutionen, Medien, Investoren und Unternehmen zusammenarbeiten; außerdem wird sie durch die Entwicklung von Partnerschaften mit traditionellerweise marginalisierten Gruppen, einschließlich Frauen, Jugendlichen, indigenen Völkern, lokalen Gemeinschaften und ethnischen Minderheiten, gefördert (hohes Vertrauen). Diese Partnerschaften sind am wirksamsten, wenn sie durch förderliche politische Führung, Institutionen, Ressourcen - einschließlich Finanzierung - sowie Klimadienstleistungen, Informationen und Instrumente zur Entscheidungshilfe unterstützt werden (hohes Vertrauen).
Klimaresiliente Entwicklung für natürliche und menschliche Systeme
D.3 Klimawandelbedingte Risiken und Verluste für Städte und Siedlungen können durch Wechselwirkungen zwischen sich verändernder Stadtform, Exposition und Verwundbarkeit verursacht werden. Der globale Trend zur Verstädterung bietet in naher Zukunft jedoch auch eine entscheidende Gelegenheit, eine klimaresiliente Entwicklung voranzutreiben (hohes Vertrauen). Integrierte, integrative Planung und Investitionen bei der täglichen Entscheidungsfindung in Bezug auf städtische Infrastrukturen (einschließlich sozialer, ökologischer und grauer/physikalischer Infrastrukturen) können die Anpassungsfähigkeit städtischer und ländlicher Siedlungen maßgeblich steigern. Gerechte Ergebnisse tragen zu vielfältigen Vorteilen für Gesundheit und Wohlergehen sowie Ökosystemleistungen bei, auch für indigene Völker, marginalisierte und gefährdete Gemeinschaften (hohes Vertrauen). Eine klimaresiliente Entwicklung in städtischen Räumen unterstützt auch die Anpassungsfähigkeit in ländlicheren Gebieten durch die Aufrechterhaltung von stadtnahen Versorgungsketten für Waren und Dienstleistungen sowie Finanzströmen (mittleres Vertrauen). Küstenstädte und -siedlungen spielen eine besonders wichtige Rolle, um klimaresiliente Entwicklung voranzubringen (hohes Vertrauen).
D.4 Der Schutz der biologischen Vielfalt und von Ökosystemen ist von grundlegender Bedeutung für eine klimaresiliente Entwicklung angesichts der Bedrohungen, die der Klimawandel für sie darstellt, und ihrer Rolle für Anpassung und Minderung (sehr hohes Vertrauen). Aktuelle Analysen, die sich auf Belege aus ganz unterschiedlichen Untersuchungsansätzen stützen, legen nahe, dass die Erhaltung der Resilienz von biologischer Vielfalt und Ökosystemleistungen auf globaler Ebene vom wirksamen und gerechten Schutz von etwa 30 % bis 50 % der Land-, Süßwasser- und Meeresflächen der Erde abhängt, einschließlich von derzeit naturnahen Ökosystemen (hohes Vertrauen).
Klimaresiliente Entwicklung erreichen
D.5 Es ist eindeutig, dass der Klimawandel bereits menschliche und natürliche Systeme gestört hat. Vergangene und derzeitige Entwicklungstrends (vergangene Emissionen, Entwicklung und Klimawandel) haben die globale klimaresistente Entwicklung nicht vorangebracht (sehr hohes Vertrauen). Gesellschaftliche Entscheidungen und Maßnahmen, die im nächsten Jahrzehnt umgesetzt werden, bestimmen das Ausmaß, in dem mittel- und langfristige Pfade zu einer höheren oder niedrigeren klimaresilienten Entwicklung führen werden (hohes Vertrauen). Wichtig ist, dass die Aussichten auf eine klimaresiliente Entwicklung zunehmend begrenzt werden, falls die derzeitigen Treibhausgasemissionen nicht rasch zurückgehen, insbesondere falls die globale Erwärmung in naher Zukunft 1,5 °C überschreitet (hohes Vertrauen). Diese Aussichten werden durch die vergangene Entwicklung, vergangene Emissionen sowie den bisherigen Klimawandel eingeschränkt; durch eine integrative Regierungsführung, geeignete und angemessene menschliche und technologische Ressourcen, Informationen, Kapazitäten und Finanzen werden sie gefördert.
[1] Jede Erkenntnis stützt sich auf eine Bewertung der zugrundeliegenden Belege und deren Übereinstimmung. Ein Vertrauensniveau wird unter Verwendung von fünf Abstufungen angegeben: sehr gering, gering, mittel, hoch und sehr hoch, und kursiv gesetzt, zum Beispiel mittleres Vertrauen. Folgende Begriffe wurden verwendet, um die bewertete Wahrscheinlichkeit eines Ergebnisses anzugeben: praktisch sicher 99 - 100 % Wahrscheinlichkeit, sehr wahrscheinlich 90 - 100 %, wahrscheinlich 66–100 %, etwa ebenso wahrscheinlich wie nicht 33 - 66 %, unwahrscheinlich 0 - 33 %, sehr unwahrscheinlich 0 - 10 % und besonders unwahrscheinlich 0 - 1 %. Die bewertete Wahrscheinlichkeit wird kursiv gesetzt, zum Beispiel sehr wahrscheinlich. Gleiches gilt für den AR5 sowie die anderen AR6-Berichte.
[2] Governance: Die Strukturen, Prozesse und Maßnahmen, durch die private und öffentliche Akteurinnen und Akteure zusammenwirken, um gesellschaftliche Ziele zu erreichen. Dazu gehören formelle und informelle Institutionen und die damit verbundenen Normen, Regeln, Gesetze und Verfahren zur Entscheidung, Verwaltung, Umsetzung und Überwachung von Strategien und Maßnahmen auf jeglicher geografischen oder politischen Ebene, von global bis lokal.
[3] In diesem Bericht gehen Überschreitungspfade (overshoot pathways) über 1,5 °C globale Erwärmung hinaus und kehren dann nach mehreren Jahrzehnten auf dieses Niveau oder darunter zurück.
[4] In diesem Bericht bezieht sich der Begriff Machbarkeit auf das Potenzial einer Minderungs- oder Anpassungsoption, umgesetzt zu werden. Die Faktoren, die die Machbarkeit beeinflussen, sind kontextabhängig, zeitlich dynamisch und können je nach Gruppe und Akteur variieren. Die Machbarkeit hängt von geophysikalischen, umweltökologischen, technologischen, wirtschaftlichen, soziokulturellen und institutionellen Faktoren ab, die die Umsetzung einer Option ermöglichen oder einschränken. Die Machbarkeit von Optionen kann sich ändern, wenn verschiedene Optionen kombiniert werden, und sie kann sich erhöhen, wenn förderliche Bedingungen gestärkt werden.
[5] Wirksamkeit bezieht sich auf das Ausmaß, in dem eine Anpassungsoption das klimabedingte Risiko voraussichtlich oder tatsächlich verringert.
[6] Der Begriff Fehlanpassung bezeichnet Handlungen, die zu einem erhöhten Risiko negativer klimawandelbedingter Änderungen führen können, unter anderem durcherhöhte Treibhausgasemissionen, erhöhte oder verlagerte Verwundbarkeit gegenüber dem Klimawandel, ungerechtere Resultate oder verminderten Wohlstand, jetzt oder in Zukunft. In den meisten Fällen ist Fehlanpassung eine unbeabsichtigte Folge.
Ergänzung
Interview mit Professorin Rita Adrian, Leitautorin von Teil 2 des Sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarates (IPCC):
Frau Adrian, nun ist es geschafft, ihr Beitrag zum IPCC Bericht. Was geht Ihnen durch den Kopf?
Dieser IPCC-Bericht wurde von 270 Autoren aus 67 verschiedenen Ländern zusammengestellt und stellt den „Goldenen Standard“ des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme und Gesellschaften dar. Die IPCC-Berichte sind eine einzigartige Zusammenarbeit zwischen Forschenden, die den Bericht schreiben und Regierungen, die den Bericht in Auftrag gegeben haben und als Grundlage für politische Entscheidungen nutzen. Unser Bericht wird Grundlage für die Diskussionen der COP27-Verhandlungen im November dieses Jahrs in Ägypten sein. Trotz der enormen Anstrengung ist es als Wissenschaftlerin sehr befriedigend. Wir haben sehr gute Evidenzen zu den Folgen der Klimaveränderungen für Binnengewässer. Die Datengrundlage aus der Langzeitforschung, von experimentellen Untersuchungen, der Fernerkundung und der Modellierung verbessert sich zunehmend. Wir können also recht gut in die Zukunft sehen. Forschende sind zunehmend in internationalen Netzwerken aktiv, um die Effekte des Klimawandels lokal und vor allem global zu erforschen. In der Rolle der Bürgerin wünsche ich mir nun natürlich die Festlegung von klaren Zielen, wie wir Emissionen senken und Ökosysteme resilienter gegenüber dem Klimawandel gestalten.