09.09.2022
Neue Regeländerungen für PV
Eine Zusammenstellung von Jörg Sutter
Mit der EEG-Verabschiedung Ende Juli (siehe DGS-News vom 29.07.) hatte ich spekuliert, dass es noch in diesem Jahr zu weiteren Regeländerungen kommen wird, inzwischen kursieren dazu schon die ersten Eckpunkte, die teils schon in der politischen Abstimmung sind. Kaum ist die Tinte unter dem EEG 2023 mit Inkrafttreten zum 30.07.22 trocken, sollen weitere Änderungen vermutlich zum 01.1.2023 kommen. Aber Achtung: Die Änderungen sind derzeit in Vorbereitung, jedoch noch nicht verabschiedet, der Zeitplan des Änderungsprozesses ist unbekannt. Zwischen den aktuellen Eckpunkten und einer Verabschiedung im Parlament steht auch noch ein längerer politischer Prozess, bei dem sich auch noch Änderungen und Ergänzungen ergeben können.
Steuergrenze bei 30 statt 10 kWp
Erste Eckpunkte aus dem Finanzministerium (das ist ja ein steuerliches Thema und damit völlig unabhängig vom EEG) zeigen, dass die Forderung umgesetzt werden soll, auch für Anlagen bis 30 kWp (und nicht wie aktuell gültig bis 10 kWp) die Möglichkeit eines Antrags auf einkommenssteuerliche Liebhaberei zu schaffen. Das betrifft dann vor allem die PV-Anlagen, die auf Einfamilienhäusern die Dachfläche voll ausnutzen, um als Prosumeranlagen Strom auch für die Wärmenutzung oder ein Elektroauto zur Verfügung zu stellen. Die Betreiber hier bürokratisch zu entlasten, ist positiv zu werten.
Es soll auch kleine Gewerbeanlagen sowie Mietsgebäude anteilig mit je 15 kWp Anlagenleistungen pro Wohn- oder Gewerbeeinheit bei Mehrfamilienhäusern und gemischt genutzten Gebäuden betreffen. Auch eine Entlastung bei der Umsatzsteuer ist in Vorbereitung, ebenso eine Neuregelung im Steuerberatergesetz, das den Lohnsteuervereinen zukünftig die Möglichkeit geben soll, auch zu Photovoltaik zu beraten, was derzeit noch nicht erlaubt ist.
70%-Regelung
Die 70%-Regelungsgrenze soll nun ab 01.01.2023 tatsächlich auch für bestehende PV-Anlagen abgeschafft werden, jedoch nach derzeitigem Stand wieder nur teilweise, nämlich für Anlagen bis 7 kWp. Hier wird noch spannend sein, welches Statement die Netzbetreiber dazu abgeben, denn das war ja seit 2012 die Grundlage jeder Netzplanung, die nun jeweils neu berechnet werden müssen. Denkbar, dass diese geringe maximale Mehrleistung auch kaum ins Gewicht fällt, denn der Ausbau der Elektromobilität schafft inzwischen Anforderungen in ganz anderer Größenordnung: Schon allein im Hausbereich wird eine PV-Mehreinspeisung von wenigen 100 Watt nicht ins Gewicht fallen, wenn in der Garage gleichzeitig eine Wallbox mit 11 oder 22 kW eingeplant werden soll.
Netzbetreiber vorangegangen: Die EnBW
Sollte die 70%-Regelung für Bestandsanlagen so umgesetzt werden, ist das eine sehr gute Nachricht auch für Betreiber von Steckersolargeräten. Denn durch einen handwerklichen Fehler im EEG 2023 hätten diese im kommenden Jahr mit Bußgeldern wegen Nichteinhaltung der technischen Anforderungen konfrontiert werden können. Hoffen wir also, dass das so oder ähnlich umgesetzt wird und rechtzeitig zum 01.01.2023 greift.
Sonderausschreibung
Aktuell soll auch eine erhöhte Ausschreibemenge von 1,5 Gigawatt noch in diesem Jahr als „Krisenreaktion“ realisiert werden. Das klingt gut, doch die Menge soll von der geplanten Ausschreibemenge im kommenden Jahr gleich wieder abgezogen werden, so dass das nur eine zeitliche Verschiebung bedeutet. Und: Gerade bei den Dachanlagen hat sich bei den letzten Ausschreibungen der Bundesnetzagentur eine deutliche Unterzeichnung gezeigt, eine Erhöhung des Volumens bei ansonsten gleichen Randbedingungen hat hier voraussichtlich keinerlei Effekt.
Abschöpfung von Übergewinnen
Wie genau irgendwelche Regelungen zur Übergewinn-Abschöpfung im Strombereich funktionieren sollen, ist derzeit noch nicht klar. Klar ist, dass dies eine Maßnahme ist, die auch zu Lasten der Erneuerbaren Energien geht, denn die profitieren ja von niedrigen laufenden Kosten, da meist wenig Brennstoffkosten anfallen. Daher sind hier bei den derzeitigen hohen Marktpreisen die Gewinne hoch.
Betrachtet man die Photovoltaik-Anlagen, so muss man unterscheiden:
- Anlagen bis 100 kWp bekommen völlig unabhängig von den aktuellen Marktpreisen eine feste Einspeisevergütung pro Kilowattstunde. Seit der Abschaffung der EEG-Umlage wird dieser Strom vom EEG-Fond des Bundes übernommen und weitervertrieben, das heißt hier laufen Gewinne in diesem EEG-Fond auf.
- Anlagen über 100 kWp müssen nach EEG in die Direktvermarktung, hier sind üblich in den Verträgen Preise an die Betreiber enthalten, die sich an den aktuellen Marktpreisen orientieren. Die Gewinne fallen hier bei den Anlagenbetreibern direkt an.
Es bleibt spannend, in welcher Art die Regierung hier in die marktgetriebene Preisbildung eingreifen wird und kann, ohne die Märkte aus dem Ruder laufen zu lassen. Auch darf der Anreiz, neue PV-Anlagen zu bauen, nicht reduziert, sondern muss ja im Gegenteil erhöht werden. Es bleibt zu hoffen, dass gerade in dem Punkt das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet wird.