06.05.2022
Mehr als nur ein paar Module – aktuelle PV-Großprojekte
Eine Zusammenstellung von Jörg Sutter
In der letzten Zeit wurden wieder etliche PV-Großprojekte präsentiert, die es wert sind, zumindest kurz genauer betrachtet zu werden. Lassen Sie uns einen Blick darauf werfen.
Photovoltaik im Braunkohlerevier
Vielleicht soll dieses Projekt ja auch nur ein wenig ablenken. Von der Sturheit im Rheinischen Braunkohlerevier, in dem auch am letzten Samstag wieder Demonstrationen gegen den weiteren Kohleabbau stattfinden. Noch immer wird hier der Plan verfolgt, weitere Ortschaften abzubaggern, so dass rund 30 Kilometer entfernt liegende Lützerath am Tagebau Garzweiler. 10 km östlich gelegen liegt der Hambacher Forst, der auch nur durch den Widerstand gegen die Kohle bundesweite Bekanntheit erlangt hat.
Doch zurück zum Thema Solar: RWE hat angekündigt, in den kommenden Jahren 500 MW regenerative PV- und Windleistung hier aufzubauen und dazu gehört auch das aktuelle Projekt: 14,4 MW am Tagebau Inden. Dieser Tagebau hat seine Zukunft schon fast hinter sich: Derzeit werden noch jährlich rund 20 Mio. Tonnen Kohle für das Kraftwerk Weisweiler abgebaut, er soll nur noch bis 2029 zum Kohleabbau genutzt werden, danach wird die riesige Grube in einen See verwandelt. Deshalb wurde ein Randstreifen des Tagebaus für die PV-Nutzung verwendet: Die Anlage kann 20 Jahre dort verbleiben, solange wird es auch dauern, die Grube zu fluten und den künstlichen See entstehen zu lassen.
Gemäß der Pressemeldung von RWE werden bis Mitte 2022 insgesamt 26.500 Solarmodule verbaut, gemeinsam mit einem Stromspeicher. Dieser Speicher „fungiert als Puffer zwischen Stromerzeugung und Netz. So kann die Stromeinspeisung noch besser auf den Bedarf abgestimmt werden“, schreibt RWE. Klarer ausgesprochen: Der Betreiber wollte für das Projekt eine Förderung erhalten, hat daher bei der Innovationsausschreibung mitgemacht, dort ist derzeit noch die Installation eines Stromspeichers schlicht zwingende Voraussetzung, um an den Fördertopf zu kommen.
Photovoltaik für den Automobilbau
Rund 500 Kilometer östlich liegt Zwickau, mit 90.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt in Sachsen nach Leipzig, Dresden und Chemnitz. Mit – laut VW - gewaltigen 1,8 Mio. Quadratmetern Werksfläche produziert dort der Volkswagenkonzern unter anderem Fahrzeuge der elektrischen ID-Reihe. Hätten Sie´s gewusst? Anfang der 1900er Jahre begann hier mit der Produktion von Horch und Audi die sächsische Automobilindustrie. Die heutige Produktion braucht natürlich Strom, viel Strom sogar, deshalb wurde nun ein neues Projekt verkündet: In unmittelbarer Nähe zum Werk wurde ein Solarpark mit 5,3 MW aufgebaut, der rund 5,5 Mio. kWh Solarstrom jedes Jahr erzeugen soll. Dafür wurde eine belastete Altfläche einer Gärtnerei genutzt. Die Auswirkungen auf die Energiebilanz lassen sich jedoch bescheiden an, denn das Werk ist ein riesiger Verbraucher: Gerade einmal vier Prozent der benötigten Strommenge können durch die neue Anlage bereitgestellt werden.
Aufhorchen lässt bei diesem Projekt noch die Konzeption: Es wurde ein Power-Purchase-Agreement (PPA), also ein direkter Stromliefervertrag abgeschlossen, der laut VW eine Laufzeit von 20 Jahren hat. PPA´s für die Industrie sind inzwischen schon Standard für solche Großprojekte, nicht aber eine derart lange Laufzeit, üblich liegen diese Verträge nur bei wenigen Jahren. Oftmals werden solche Projekte daher erst errichtet, wenn eine EEG-Förderung gesichert ist, auf die im Falle der Nicht-Verlängerung des PPA dann als Sicherheit zurückgegriffen werden kann. Ob das in diesem Fall auch so ist, wurde vom Betreiber nicht mitgeteilt.
Großprojekt in Griechenland
In diesen Tagen geht in Griechenland ein 204 MW großer Solarpark in Betrieb, die zu Kozani im nördlichen Griechenland gehört. Investor ist Hellenic Petroleum, eine der größten Ölfirmen in Land, die drei Raffinerien und über 1.000 Tankstellen betreibt.
75.000 Haushalte können rechnerisch mit dem Strom der Anlage versorgt werden. Griechenland hat 2020 rund 22 Prozent des Stromverbrauchs erneuerbar produziert, als nächstes Ziel wird von der Regierung 35 Prozent bis 2030 angestrebt – nur im Vergleich: Deutschland möchte bis dahin 80 % regenerativ-Anteil erreicht haben.
An Amazon kommt man nicht vorbei
In der vergangenen Woche hat auch der US-Konzern angekündigt, weiter auf seinem Weg zu einer 100-Prozent-Versorgung auf erneuerbarer Grundlage voranzukommen. Die soll schon im Jahr 2025 erreicht werden, jetzt wurden dafür weitere 37 Großprojekte angekündigt, von denen der Konzern Strom beziehen wird. Die gesamte installierte Leistung dieser PV- und Windanlagen liegt bei 3,5 Gigawatt, die Standorte sind weltweit verteilt: Von den USA, Spanien, Frankreich, Australien, Kanada, Indien, Japan bin zu den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE).
Amazon ist in den letzten Jahren der größte Käufer von erneuerbaren Kilowattstunden weltweit gewesen. Rechnet man die angekündigten Projekte dazu, werden 42.000 Gigawattstunden für den Konzern aus Sonne und Wind erzeugt. Der Konzern stellt eigens eine interaktive Karte der Anlagen zur Verfügung.
Das war nur eine kleine Auswahl von neuen Projekten, es ist höchst erfreulich, dass derzeit weltweit die PV-Installation nach oben geht und immer mehr Schritte in Richtung der erneuerbaren Stromversorgung gegangen werden.