04.02.2022
Von Wäldern und Bäumen
Ein Bericht von Tatiana Abarzúa
Die Waldfläche auf unserem Planeten umfasst etwa vier Milliarden Hektar. Das ist ein Drittel der weltweiten Landfläche. Die Waldflächen befinden sich vor allem in Russland, Brasilien, Kanada, USA und China. Doch auch wenn Bäume teilweise ein hohes Alter biologisch erreichen können, sind Uraltbäume selten. In Deutschland werden nach und nach 100 davon ausgezeichnet.
Wälder beherbergen die höchste Biodiversität
Die bisher erhobenen statistischen Daten zeigen, dass die größte Biodiversität an Baumarten in Brasilien, Kolumbien, Indonesien, Malaysia und Venezuela vorliegt. In einer Faktensammlung zum Themenbereich Wald hat der Naturschutzbund Deutschland (NABU) anschauliche Zahlen zusammengefasst: So gilt die Grannenkiefer in der Sierra Nevada in Kalifornien als ältester Baum der Erde, mit einem Alter von rund 4.700 Jahren. Auch der Riesenmammutbaum kann sehr alt werden, 3.000 bis 4.000 Jahre alt, so der Naturschutzverein. Wie die Autoren betonen, beherbergen Wälder nach dem heutigen Kenntnisstand die höchste Artenvielfalt von allen Lebensraumtypen an Land. Bei mitteleuropäischen Buchenwäldern sind es demnach etwa 4.300 Pflanzen und Pilzarten und schätzungsweise 5.700 bis 6.700 Tierarten, so der Verein. Ein Forscherteam schätzt die Anzahl an Baumarten auf 73.300 weltweit, wie die Wissenschaftler in einem Fachbeitrag für die Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America erläutern. Davon sollen etwa 9.000 Arten noch unentdeckt sein, und sich 40 % davon in Südamerika befinden (siehe Abbildung).
Waldflächen würden natürlicherweise vorherrschen
In Deutschland ist ebenfalls etwa ein Drittel der Landesfläche mit Wald bedeckt, das sind laut der dritten Bundeswaldinventur rund 93 Millionen Bäume auf 11,4 Millionen Hektar. Wie der Ergebnisdatenbank des Thünen-Institut zu entnehmen ist, sind die Nadelbäume Fichte (25,4 %) und Kiefer (22,3 %) die häufigsten Baumarten in Deutschland gefolgt von den Laubbäumen Buche (15,4 %) und Eiche (10,4 %). Die Verteilung innerhalb des Bundesgebiets ist auf diesen Karten veranschaulicht. Bundesweit würden Waldflächen „nahezu flächendeckend über alle unterschiedlichen Standorte hinweg“ natürlicherweise vorherrschen, betont der NABU.
Bundeswaldinventur: 80.000 Stichproben an Probebäumen
Im vergangenen Jahr konnten sich die Wälder, nach den zwei wärmsten Jahren der Wetteraufzeichnungen, mit Dürre und Hitze (die DGS-News berichteten), und vielen Waldbränden, etwas erholen. Wie der aktuelle Zustand tatsächlich ist, und wie sich der Wald seit 2012 verändert hat, das ermittelt das Thünen-Institut für Waldökosysteme im Rahmen der vierten Bundeswaldinventur. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft beauftragte es mit der Leitung dieser Waldinventur. Seit April 2021 und bis Ende 2022 vermessen etwa 100 Inventurtrupps 78.000 Stichprobenpunkte an ausgewählten Probebäumen. Eines der Zwischenergebnisse ist die Feststellung, dass die Fläche der Fichte abgenommen hat, da „durch Holzeinschlag oder Sturmschäden frei gewordene Fichtenflächen häufig mit Laubbäumen aufgeforstet werden, aus denen sich naturnähere und stabilere Wälder entwickeln sollen“.
Wie können Bäume älter werden?
Der ökologische Waldumbau soll weiter vorangetrieben werden, wie das Bundesamt für Naturschutz empfiehlt, indem Wasserhaushalt und Wasserrückhalt verbessert, Waldböden besser geschützt und Totholzanteile erhöht werden, damit Wälder und Bäume älter werden können (die DGS-News berichteten). In den letzten Jahren steigt das Interesse vieler Menschen an älteren Bäumen, denn gerade in Forstgebieten gibt es sehr wenige davon. Eichen erreichen beispielsweise ein „Erntealter im Wirtschaftswald“ von 120 bis 300 Jahren, während das biologisch erreichbare Alter bei über 850 Jahren liegt, so der NABU.
Uraltbäume
Als langlebige Baumarten werden Bäume bezeichnet, die über 400 Jahre alt werden können. Wie Andreas Roloff, Leiter des Kuratoriums Nationalerbe-Bäume, in einem ausführlichen Artikel erläutert, sind Uraltbäume in der Lage „über so lange Zeiträume alle Ereignisse, Veränderungen und Variabilitäten von Standort, Umfeld und Klima“ zu tolerieren. Deshalb sei von einem besonders hohen Anpassungspotenzial auszugehen. Außerdem „entwickeln sich diese Bäume häufig zu sehr eindrucksvollen Baumgestalten, wie Skulpturen“, so der Forstbotanik-Professor. Zu den langlebigen Baumarten zählen Eibe, Stiel- und Traubeneiche, Ginkgo, Esskastanie, Europäische Lärche, Sommer- und Winterlinde. Er gründete die Initiative Nationalerbe-Bäume mit dem Ziel, „100 Bäume mit über 400 Jahren Alter und über 400 cm Stammumfang“ auszuzeichnen.
Ein Hauptstadtbaum: Die dicke Marie
Genau vor einem Jahr wurde die 16 Meter hohe „Dicke Marie“, ein Baum-Naturdenkmal in der Revierförsterei Tegelsee, der neunte Nationalerbe-Baum. Die Stiel-Eiche mit einem Stammumfang von sechs Metern soll „in Würde altern und dabei zeigen, was ein so alter Baum von selbst unternimmt, wenn Äste absterben“. Er soll ohne Entfernung toter Äste altern dürfen. Das steht auf dem Informationsschild zur Auszeichnung als Nationalerbebaum. Mit der Auszeichnung ist die Finanzierung künftiger Pflege- und Schutzmaßnahmen verbunden. Wie überliefert ist, war der Baum ein Grenzbaum zum Humboldt-Schloss, das Elternhaus der Brüder Alexander und Wilhelm von Humboldt; und sie waren diejenigen, die sich den Spitznamen „Dicke Marie“ ausdachten. Auf einer früheren Informationstafel, die das Forstamt Tegel angebracht hat, wird das Alter des Baumes auf „über 800 Jahre“ geschätzt. Baumforscher Roloff schätzt das Alter jedoch auf „500 bis 600 Jahre“, wie es auf der Website beschrieben wird. Die Eiche könnte noch 50 Jahre älter werden „aber auch 500 Jahre“, die Zukunftserwartung sei völlig offen, so die Autoren.
Nach Rückfrage erläutert Karl-Heinz Marx, Leiter des Forstamts Tegels, warum das genaue Alter der Eiche nicht über Jahresringe bestimmt werden kann. „Der Kern ist verfault“, und aufgrund der Fäule ist der Baum innen hohl. Deshalb geht er davon aus, dass das tatsächliche Alter das ist was Professor Roloff ermittelt hat, und nicht 200 bis 300 Jahre mehr, wie es zuvor im Bezirk angenommen wurde. Die Naturschönheit sei der erste Nationalerbebaum für Berlin, sagt Marx. Um den Wurzelbereich zu schützen, haben Mitarbeiter des Forstamts die Umrandung des Baumes erneuert. Durch die Besuche hunderter Menschen in den vergangenen Jahren hatte sich der Oberboden um den Baum herum verdichtet. Die Förster möchten den altehrwürdigen Baum so lange wie möglich in Schönheit erhalten, ergänzt er. Die „Dicke Marie“ sei in der Krone kleiner geworden, so wie ältere Menschen auch kleiner werden. Der „Baum lebt noch“, betont Marx, „er bildet noch Früchte aus“.