11.08.2023
Wärmepotentiale im Untergrund
Ein Bericht von Götz Warnke
Mitte Juli diesen Jahres erschien im renommierten Wissenschaftsmagazin „Nature Communications Engineering“ eine Studie über das Aufheizen von Städten. „Was soll‘s? Ist doch längst bekannt“, könnten flüchtige Leser:innen jetzt sagen. Schließlich gibt es in den Metropolen heute schon viele Projekte zur Dach- und Wandbegrünung, und wir wissen seit Jahren, dass Megastädte mit E-Autos ca. ein Grad Celsius kühler sind als solche mit Verbrenner-Fahrzeugen. Doch der Artikel heißt „The silent impact of underground climate change on civil infrastructure“ und beschäftigt sich mit dem, was still und leiser unter unseren Füßen vorgeht. Denn unter uns liegt ein großer Teil unserer Infrastruktur: Abwasserkanäle, Garagen, Straßentunnel, U-Bahnhöfe. Sie alle geben Wärme ab, was zu einer unterirdischen Klimaveränderung führt. Um die Auswirkungen abschätzen zu können, hat der US-Bau- und -Umweltingenieur Alessandro F. Rotta Loria eine Studie an Hand des Chicagoer Stadtteils Loop durchgeführt. Ergebnis: die unterirdischen Wärmeinseln können zu Bodenverformungen und -verschiebungen führen, die zwar nicht die Standsicherheit der Gebäude, wohl aber die Haltbarkeit der Infrastrukturen beeinträchtigen. Was also tun? Rotta Loria schlägt zum einen vor, die Abgabe der Abwärmemengen zu minimieren, zum anderen, die Abwärme zu nutzen: „From this perspective, subsurface heat islands can be considered a resource because they provide the opportunity to harness large quantities of waste heat that would otherwise be dispersed in the ground …“
Da in den Städten trotz aller Wärmeinseleffekte ein hoher Bedarf an Wärme – nicht nur im Winterhalbjahr – besteht (Autowaschanlagen, Küchen, Lebensmittelverarbeitung, Wäschereien etc.) , bietet es sich an, in Anlehnung an das Permakultur-Design der Landwirtschaft zwei Ziele auf einem Weg zu erreichen: Die Minimierung der Wärme im Untergrund durch ihre meist oberirdische Nutzung. Als Wärmequellen des Untergrunds kommen dabei Abluft, Abwasser und feste Strukturen in Frage. Und in der Tat gibt es hier bereits einige, vielversprechende Ansätze:
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11.08.2023
17 Monate auf PV-Anlage gewartet: Was lange währt – ist beleibe nicht gut
Ein Tatsachenbericht von Heinz Wraneschitz
So sollten Photovoltaikgeschäfte nicht ablaufen. Denn in Krisendorf (Name geändert), einer kleinen Gemeinde im Landkreis Fürth/Mittelfranken, hat es 17 Monate gedauert, bis eine Photovoltaik-Anlage (PVA) ihren Dienst am Dach und im Keller antrat.
Am 1. August 2023 hat der Stromnetzbetreiber den Zähler ausgetauscht, ab sofort darf die PVA Strom Ökostrom produzieren. Auch das letzte elektronische Bauteil, die Ansteuerung für einen Elektroheizstab wurde an dem Tag installiert. Deshalb ist Jürgen Grabowski (Name geändert) eigentlich recht glücklich. Denn endlich fließt Solarstrom vom Dach in sein Hausnetz, in die Batterie im Keller, oder ins Netz des örtlichen Netzbetreibers. Doch bis es so weit war, musste er knapp eineinhalb Jahre warten.
„Ich habe damit gerechnet, dass die Anlage im Jahr 2022 in Betrieb geht“, sagt der Besitzer des Einfamilienhauses am nordöstlichen Ende von Krisendorf. Klar, auch Grabowski hatte im Februar 2022 gewusst: Lieferung, Montage und Inbetriebnahme der eigenen Stromversorgung würden nicht von heute auf morgen passieren. Denn wie auch DGS-News mehrfach berichteten: einige Zeit herrschte weltweiter Mangel an Solarmodulen, Wechselrichtern, Batteriespeicher, also den Hauptkomponenten von PVA.
Passend dazu schrieb sein Lieferant schon in der Auftragsbestätigung vom Februar 2022: „Ihr Projekt ist in KW38 zur Umsetzung eingeplant“, also für Ende September. Aber eben des vergangenen Jahres 2022. Doch erst einmal waren gleich „40 Prozent des Gesamtbetrags bei Auftragserteilung fällig“, in diesem Fall gut 7.000 Euro brutto: Damals musste auch für kleine PV-Anlagen noch Mehrwertsteuer bezahlt werden.
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11.08.2023
PV einfach umsetzen – schon heute möglich (Teil II)
Eine Zusammenstellung von Jörg Sutter
Zahlreiche Verbesserungen und Vereinfachungen für die PV-Umsetzung sind derzeit – zum Beispiel im Solarpaket I – in der Vorbereitung. Um diese soll es heute nicht gehen. Es gibt schon seit Ende des letzten Jahres und in der 2022 umgesetzten Reform des erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) etliche Vereinfachungen, die heute gültig sind und bei der Projektvorbereitung und Projektumsetzung angewendet werden können. Kennen Sie diese alle? Heute betrachten wir finanzielle und steuerliche Aspekte.
Steuerliche Erleichterungen für private Anlagen
Mit dem Jahressteuergesetz 2022, das im Dezember letzten Jahres verabschiedet wurde, hat der Gesetzgeber eine umfangreiche steuerliche Vereinfachung beschlossen, die heute anwendbar ist.
Vereinfachung 1: Umsatzsteuer
Für PV-Anlagen, Steckersolargeräte, andere PV-Komponenten und Batteriespeicher gilt seit 1.1.2023 ein Umsatzsteuersatz von null Prozent. Nein, das ist nicht das gleiche wie „keine Umsatzsteuer“, die Steuerfachleute sind da pingelig. Deutschland hatte dazu eigens in Brüssel den Umsatzsteuersatz von 0 Prozent beantragt und bewilligt bekommen. Daher: Auf einem Angebot an Privatkunden (die genauen Bedingungen finden sich hier) muss explizit ein Umsatzsteuersatz von null Prozent ausgewiesen sein. Wichtig: Auch die entsprechend notwenige Arbeitszeit gehört dazu, also etwas der Handwerker-Stundenlohn zum Montieren, Anschließen und Inbetriebnehmen von PV-Anlage und Speicher. Die null Prozent gelten auch beim Austausch von (z.B. defekten) Komponenten, auch hier für Material und die nötige Arbeitszeit.
Für den Kunden heißt das: Keine Anmeldung mehr als PV-Betreiber beim Finanzamt (auch das wurde inzwischen per Erlass geregelt), kein „Zurückholen der Umsatzsteuer“ aus der Investition und auch keine jährlichen Umsatzsteuererklärungen – eine tolle Erleichterung. Sie gilt aber nur für private Betreiber (Details siehe obige Verlinkung). Für den Anlagenerwerb, der gewerblich erfolgt, werden weiterhin wie bisher die 19 % Umsatzsteuer fällig.
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11.08.2023
Solar Heat Worldwide sieht positive Aussichten für 2023 und darüber hinaus
Eine Veröffentlichung des IEA Solar Heating & Cooling Forschungsnetzwerks
Die diesjährige Ausgabe der Marktstudie Solar Heat Worldwide stellt ein gemischtes Wachstum für Solarthermie fest und sieht einen positiven Ausblick für 2023 und darüber hinaus. Der Report wird jährlich vom österreichischen Institut AEE INTEC im Auftrag des Solar Heating and Cooling Technology Collaboration Program der Internationalen Energieagentur erstellt. Die vollständige Studie ist kostenlos auf der Website der IEA SHC erhältlich.
Im Jahr 2022 sind weltweit Solarkollektoren mit einer thermischen Leistung von 17 GW in Betrieb gegangen. Mit einer Gesamtleistung von 540 GWth versorgt die Solarthermie weltweit 115 Millionen Kunden mit grüner Wärme. Mit einem Umsatz von 19,1 Milliarden US-Dollar, beschäftigt der Sektor rund 389.000 Menschen. Während die Solarthermie-Märkte 2022 insbesondere in Europa wuchsen, gab es jedoch Rückgänge in den beiden größten Märkten China und Indien. Infolgedessen schrumpfte der globale Solarthermie-Markt um 9,3 % im Jahr 2022 im Vergleich zu 2021.
Besonders stark (+145 %) ist der libanesische Solarthermiemarkt in 2022 gestiegen. Dieses Wachstum wurde vor allem durch die Abschaffung der Stromsubventionen, den Anstieg der Brennstoffpreise und die Währungsabwertung ausgelöst. In Europa verzeichneten Italien, Griechenland und Polen das zweite Jahr in Folge eine positive Marktentwicklung. Nach einem starken Marktwachstum von 83 % im Jahr 2021 konnte der italienische Solarthermiemarkt um weitere 43 % zulegen. Griechenland verzeichnete eine ähnlich positive Entwicklung, mit einem Anstieg um 18 % im Jahr 2021 und 17% im Jahr 2022. Auch Polen wuchs in den Jahren 2021 und 2022 mit jeweils 17% bzw. 11 % relative stark. Weitere positive Entwicklungen gab es in Frankreich (29 %), Zypern (5 %) und Südafrika (9 %).
Solar Heat Worldwide 2023, basierend auf Daten aus 71 Ländern, ist die umfassendste Auswertung der globalen Märkte für solares Heizen und Kühlen. Der diesjährige Bericht legt einen besonderen Schwerpunkt auf solarthermische Großanlagen, die sich im Bau oder im fortgeschrittenen Planungsstadium befinden. Tomas Olejniczak, IEA SHC Vorsitzender bis Juni 2023, verweist auf die zentrale Rolle des Solarthermie-Sektors: "Mit 17 GW neu installierter Leistung im Jahr 2022 hat der Solarthermie-Sektor erneut bewiesen, dass er einen bedeutenden Beitrag zur Klimaneutralität leisten kann, nicht nur auf den europäischen Märkten und im Privatsektor, sondern auch weltweit und in der Industrie."
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11.08.2023
Kleiner Medienspiegel
Umweltabgabe oder Wegelagerergebühr? Seit dem 1. August fordern die Seychellen von Touristen eine Umweltabgabe, deren Höhe nach dem Luxusfaktor der Unterkünfte gestaffelt ist. Ob die Abgabe, die ein wenig an die deutschen Wegelagerergebühren („Kurtaxe“) erinnert, wirklich Umweltprojekten zugutekommt, wird man sehen. Wer allerdings ernsthaft was für die Umwelt tun will, fliegt erst gar nicht auf die Seychellen! www.sueddeutsche.de/reise/tourismus-seychellen-neue-umweltabgabe-fuer-touristen-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-230731-99-631014
Ökostromzertifikate aus Norwegen ungewiss: So mancher greenwashende Marktwirtschaftler im Lande setzt auf Ökostromzertifikate aus Norwegen. Doch dort gibt es offensichtlich einige Zertifikatsausgeber, die ihre Zertifikate gleich doppelt verkaufen. Zertifikatshandel und Zertifikatsbetrug liegen wieder mal dicht beieinander: www.zeit.de/wirtschaft/2023-07/oekostrom-zertifikate-norwegen-klimabilanz
Ausgedieselt: Während der morgendliche Sitzplatz in der Bahn stets ungewiss war, gibt es für Pendler eines schon auf dem Bahnsteig garantiert: Dieseldunst. Doch damit soll in Niedersachsen zu Beginn der 2030er Jahre Schluss sein: 102 Akku-Züge sollen die alten Dieselstinker ersetzen – wohlgemerkt: Akku-Züge und nicht Wasserstoff-Züge! www.erneuerbareenergien.de/transformation/mobilitaet/102-neue-akku-triebzuege-niedersachsen-sortiert-dieselzuege-aus
Das Netz ist ein Paradoxon: Das bestehende Übertragungsstromnetz auszubauen ist richtig, das wissen wir schon lange. Dass viel weniger Höchstspannungsleitungen gebaut werden müssten, wenn die Erneuerbaren dezentral ausgebaut würden, steht ebenfalls fest. Doch nun hat man sogar beim Wissenschaftsmagazin Spektrum mitbekommen: „Die meisten hinzugefügten Leitungen verbessern das Netz, aber nicht alle. Unter Umständen können sie sogar Schaden anrichten“: www.spektrum.de/news/das-braess-paradoxon-gefaehrdet-das-den-netzausbau-des-stromnetzes/2162694
Byton pleite: Dass ausgerechnet der florierende chinesische E-Auto-Hersteller insolvent ist, muss zunächst verwundern. Hintergründe hat Chip aufgezeigt: www.chip.de/news/Insolvenz-Auto-Hersteller-mit-finanziellen-Problemen_184869913.html
Endlich ein Autoexperte, der in die Zukunft denkt, statt die Vergangenheit zu beschwören: Ferdinand Dudenhöffer. „Noch vor dem Jahr 2030 wird das Elektroauto beim Kauf preisgünstiger als der Benziner sein“, schreibt er in einem Gastkommentar. Natürlich nicht für B..D, FAZ, SZ oder W..T, sondern für den Österreicher-Standard: www.derstandard.at/story/3000000182105/so-ver228ndert-das-e-auto-europa
Das Redaktionsteam der DGS-News
11.08.2023
Übrigens ...
…. hat das hat die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL bei der Untersuchung der Jahresringe von 188 uralten Bäumen festgestellt, dass es in den letzten 1.200 Jahren noch nie so warm war wie heute. Die Behauptung mancher Klimakrisen-Leugner, dass die derzeitige Erderhitzung gar nichts Besonderes sei, weil es auch im Hochmittelalter ähnlich warm war, ist also Unfug.
... bekommt das "Steinbeis Europa Zentrum" in Stuttgart zusammen mit insgesamt 17 weiteren Organisationen in Europa "10 Millionen Euro für die Erzeugung erneuerbarer, flüssiger Energieträger aus Kohlenstoffdioxidemissionen". So jedenfalls lautet die Überschrift einer Presseinfo. Tatsächlich aber fließt das Geld an die Stuttgarter allein dafür, dass Steinbeis PR für so genannte BioFuels betreibt: "Als Projektpartner unterstützt das Steinbeis Europa Zentrum das internationale Konsortium aus 17 Partnern beim Austausch und bei der Verbreitung der Projektaktivitäten und Ergebnisse, um so die gewonnenen Erkenntnisse effektiv an Zielgruppen der Industrie und Öffentlichkeit zu vermitteln." Aber ob es nun 17 oder 18 Partner sind, nicht einmal das wissen sie offensichtlich in Stuttgart.
… geht es tatsächlich, man muss nur wollen wollen: Solarparks mit Stromspeichern ausrüsten. Tesvolt und Green Energy 3000 bauen bereits das vierte gemeinsame Batteriespeicher-Projekt. In Niedersachsen werden zwei Speichercontainer mit insgesamt 10 MWh Kapazität und 4 MW Leistung mit einem 12-Megawatt-Solarpark kombiniert. Bitte mehr davon!
… kommt bald „Fünf vor Zwölf“: Ja, dass es eher Fünf nach Zwölf ist, das wissen wir schon lange. Doch am 30. August starten die 5vor12 Klima-Briefings von klimajournalismus.de. Immer Mittwochmittags werden „renommierte Fachleute Einblicke in ihre Forschung geben“, von Fünf vor Zwölf bis Eins. Der Themenbogen reicht von Kipppunkten im Klimasystem über Wetterextreme bis hin zur Rolle von sozialen Kipppunkten für die notwendige Transformation. Zum Einstieg ist Stefan Rahmstorf zu Gast. Anmeldung ist notwendig.
… wird es besonders in Baden-Württemberg ganz eng bei Ingenieuren der Energie- und Elektrotechnik. Laut dem VDI werde „durch Digitalisierung und Klimaschutz der Bedarf an Beschäftigten in Ingenieur- und Informatikerberufen deutlich zunehmen“. Gerade das „Ländle“ weise die extrem hohe „Engpasskennziffer 1.845 Stellen pro 100 Kandidaten auf eine Besetzung“ auf. Ingo Rauhut vom VDI sieht eine Gefahr für die dortigen Fahrzeughersteller und Zulieferer mit enormem Einstellungsbedarf: „Sie müssen dringend ihre Kompetenzlücke in Sachen Elektroantrieb schließen oder ihre bereits vorhandene Belegschaft vergrößern.“ Hoffentlich nicht zu spät.
Das Redaktionsteam der DGS-News