14.10.2022
Autarkie statt Abhängigkeits-Technik
Ein Bericht von Götz Warnke
Die meisten von uns kennen das: wir freuen uns über den neusten, überraschend günstig erworbenen Drucker. Doch die Freude dauert nur solange, bis der erste Satz Druckerpatronen nachgekauft werden muss. Dann nämlich fällt auf, dass der Kaufpreis der Patronen deutlich mehr als 10 Prozent des Druckerkaufpreises beträgt. Kostengünstige NoName-Ersatzkartuschen? Die akzeptiert ein Druckergerät meist nicht, indem es sogleich oder etwas später die Zusammenarbeit verweigert. Zu spät merken Kund:innen, dass der günstige Druckerkaufpreis ein Lockangebot war, um Käufer:innen über die Kartuschen dauerhaft in einer teuren Abhängigkeit zu halten.
Das gleiche funktioniert auch mit Kaffeekapseln und den entsprechenden Automaten. Es funktioniert ebenso mit Rasierklingen: während bei Einklingensystemen die einzelne Klinge entnommen, geschärft, und damit unbegrenzt weiter verwendet werden kann, muss bei Mehrklingensystemen gleich der ganze Scherkopf ausgetauscht werden – der Rasierapparathersteller hat einen sichern Absatzmarkt. Und natürlich funktionieren solche Methoden auch auf anderen Märkten und in ganz anderen Dimensionen: etwa wenn sich vier Saatguthersteller den Weltmarkt teilen, und die Landwirte – ganz im Gegensatz zu früheren Zeiten mit ihren samenfesten Sorten – immer neues Hybridsaatgut kaufen müssen, wenn sie fürs nächste Jahr wieder aussäen wollen. Und: last, but not least – unser gesamte fossiles Energiesystem in allen seinen Sektoren beruht darauf.
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14.10.2022
Chillventa: Ist Klimatisierung grün - oder doch nicht?
Eine Reportage von Heinz Wraneschitz
Klimatisierung und deren Branche ist international, die Messesprache ist Englisch: Die Chillventa 2022 zog wieder fast tausend Aussteller aufs Nürnberger Messegelände. Und über vielen Ständen prangten Werbetafeln, die verhießen: Klimatisierung ist klimafreundlich und „Grün“. Oder soll es zumindest bald werden.
Selbst Kühlen mit CO2–Kältemittelkennzeichen R744 - ist verhältnismäßig umweltfreundlich. „We`re cool with CO2“ lautete beispielsweise der Werbespruch einer Firma, trotz deren Verwendung des ansonsten verteufelten Klimagases. Denn im Vergleich zu anderen Kältemitteln hat CO2 wesentlich weniger Klimaschädigungspotenzial (GWP, Global Warming Potential). Wenn beispielsweise das wohl am weitesten verbreitete R134a aus dem Klimagerät austritt, hat dies immerhin 1.430 mal mehr GWP als wenn das mit CO2 passiert. Deshalb nennt zum Beispiel Beijer Ref aus Schweden, deutsche Niederlassung in Unterschleißheim, seine Kälteerzeuger-Serie mit CO2 „GreenLine“.
Und wenn dann noch Solarmodule den Strom für den Betrieb der notwendigen Klimaanlagenlüfter produzieren, strahlt über der Branche wohl auch weiterhin die helle Umsatz-Sonne. Nach den ausliegenden Messegeschenken zu urteilen, dürfte dort von wirtschaftlichen Schwierigkeiten keine Rede sein.
Passend zur guten Zukunftschance ihres Berufs trugen die Azubis im Kälteanlagenbauer-Handwerk aus allen Bundesländern, die auf der Chillventa ihren Bundesleistungswettbewerb austrugen, T-Shirts mit dem Aufdruck „Born to chill“: Sie sind geboren um zu kühlen. Wobei „Chillen“ für viele Menschen eher gleichbedeutend ist mit ausspannen. Doch fürs Ausspannen hatten die angereisten „besten Junghandwerker“ keine Zeit. Im Gegenteil: Sie mussten „unter hohem Zeitdruck überzeugen“, war in der Wettbewerbsausschreibung zu lesen.
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14.10.2022
Berlin: Balkonsolar im Abgeordnetenhaus
Ein Berlin-Update von Tatiana Abarzúa
Ausgerechnet die FDP warb vergangene Woche bei der Sitzung des Abgeordnetenhauses für Photovoltaik in der „Mieterstadt“ Berlin. Während Christian Lindner, FDP-Bundesvorsitzender und Bundesminister der Finanzen, auf Bundesebene fordert, „alle drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke bis ins Jahr 2024 laufen zu lassen“.
Steckbare Solargeräte
Stecker-Solargeräte können in jedem Haushalt mit Sicherungsautomaten an das häusliche Stromnetz angeschlossen werden, also direkt an eine Steckdose. Solche kleinen PV-Anlagen bestehen aus einem Modul oder mehreren Modulen mit einer maximalen AC-Leistung von 600 Wp, einem Wechselrichter, einem Anschlusskabel und den Montagematerial. Sie können auf einem Dach, an einer Wand oder an einem Balkon installiert werden – daher die synonym verwendete Bezeichnung „Balkonmodule“. PVplug, eine Arbeitsgruppe der DGS, beschäftigt sich seit 2016 intensiv mit diesem Thema.
Mietende möchten Minisolaranlagen
In der Plenarsitzung am Donnerstag vergangene Woche sagte Christian Wolf (FDP), dass Mieterinnen und Mieter „Minisolaranlagen auf ihren Balkonen installieren“ möchten und es „in einer Mieterstadt wie Berlin große Vorteile“ für diese Solaranlagen gebe. Es gehe um einen Verbrauch für den Eigenbedarf: „ein oder zwei Solarmodule, die direkt den Strom in die Steckdose einspeisen“, ohne Einspeisevergütung. Es sei „eine individuelle und eigenverantwortliche Möglichkeit, die eigenen Stromkosten zu senken“, so der FDP-Sprecher für Digitalisierung, Energie, Betriebe und Tourismus. Wolfs Rede bezog sich auf den von seiner Fraktion eingebrachten Antrag vom 28. September: „Stecker-Solaranlagen oder Minisolaranlagen für die Terrassen und Balkone“ (Drucksache 19/0555) In diesem fordern die wirtschaftsliberalen, dass die landeseigenen Wohnungsgesellschaften prüfen sollen, inwieweit die Installation von Stecker-Solargeräten „vereinfacht und beschleunigt werden kann“. Sie haben drei konkrete Forderungen. Zunächst solle der Senat „bei allen landeseigenen Wohnungsgesellschaften einen einheitlichen Genehmigungsprozess mit den notwendigen technischen und gestalterischen Vorgaben für die Einrichtung von steckerfertigen Balkonanlagen erarbeiten lassen“. Außerdem sollen diese Wohnungsgesellschaften einen entsprechenden Handlungsleitfaden erstellen. Ergänzend fordern sie die Erstellung eines Angebots für die Beschaffung und Montage durch die landeseigenen Wohnungsgesellschaften, „um Mieterinnen und Mietern die Nutzung von Solarstrom aus einer steckerfertigen Balkonanlage auch dann zu ermöglichen, wenn sie nicht zur Selbstmontage in der Lage sind“.
Wolf zufolge komme kleinen PV-Anlagen „keine Schlüsselfunktion in der Energiewende“ zu, allerdings könne „jeder einzelne Bürger seinen ganz persönlichen Beitrag leisten, eigenverantwortlich Handeln und gleichzeitig eine schnelle Entlastung bei seinen Stromkosten generieren“.
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14.10.2022
Solaranlagen richtig planen, installieren und optimal betreiben
Durch die Klimakrise und Energieknappheit steigt die Nachfrage nach Solaranlagen mit und ohne Stromspeicher rasant. Die Solarbranche hat gleichzeitig mit Personalmangel und Lieferengpässen zu kämpfen. Viele Neueinsteiger, aber auch gestandene Planer und Installateure stehen vor neuen Herausforderungen und geänderten normativen Rahmenbedingungen sowie Sicherheitsanforderungen.
Die 6. Deutsche Photovoltaik-Betriebs- und Sicherheitstagung am 24. und 25. November 2022 liefert Antworten und beschreibt den aktuellen Stand der Regeln der Technik, Normen und Richtlinien bei Bau, Installation und den optimierten Betrieb von PV-Anlagen und von Batteriespeichersystemen.
Zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. (DGS) wurde ein attraktives Programm mit hochkarätigen Expert*innen zusammengestellt. Die Veranstaltung findet im Magnus Haus auf der Museumsinsel in Berlin statt.
Zur ausführlichen Beschreibung des Tagungsprogramms
14.10.2022
Veranstaltungsreihe hat begonnen: #StudyGreenEnergy Ringvorlesung
Die erste Veranstaltung "Solarthermie - Wie Sonne zu Wärme wird" fand bereits am Mittwoch, den 12. Oktober statt, aber weitere 19 folgen noch, siehe Übersicht.
Der Fachausschuss Hochschule der DGS wirbt seit 2021 mit #StudyGreenEnergy für Studiengänge im Bereich der Erneuerbaren Energien und Nachhaltigkeit. Bisher fanden zwei Infoabende mit Vorträgen und Vorstellung der einzelnen Hochschulen und Studiengänge statt um vor allem Schülerinnen und Schüler für dieses Themenfeld zu begeistern und um die aktuell geringen Studierendenzahlen zu erhöhen.
Als weitere Maßnahme wurde die Idee einer gemeinsamen Ringvorlesung von Pascal Leibbrandt von der Hochschule Nordhausen entwickelt. Zunächst waren zehn Vorlesungen geplant, nach der ersten Themensammlung kamen jedoch schnell 20 Vorlesungen zusammen.
Die Vorlesungen richten sich an ein breites Publikum aus interessierten Bürgerinnen und Bürgern und natürlich auch an Schülerinnen und Schüler. Neben den Grundlagen im Bereich Solarthermie, Photovoltaik, Bioenergie usw. werden auch Energiekonzepte und Energieszenarien für die Zukunft vorgestellt.
Die Vorlesung läuft von Mitte Oktober bis Ende März jeweils Mittwoch 16 Uhr online. Die Teilnahme ist natürlich kostenfrei.
Übersicht über die Themen (Programm)
Zu der Website StudyGreenEnergy
14.10.2022
Kleiner Medienspiegel
Stromverbrauch beim Streamen: Der Stromverbrauch der Streamingdienste ist beträchtlich, wie heidelberg24 berichtet. Doch es ist beliebt und jeder Zuschauer kann auch hier (nahezu) ohne Komfortverlust Strom sparen. Finden Sie den einen wichtigen Satz im Text, in dem erklärt wird, wie das geht? www.heidelberg24.de/verbraucher/netflix-streaming-energie-kosten-umwelt-co2-filme-stromverbrauch-emissionen-sparen-91783830.html?s=09
Streamen oder die Glotze anwerfen? Das ist oftmals unbekannt: Beim Streaming werden Daten für jeden Einzelnen übertragen. Folglich verursacht das gleichzeitige sehen von Filmen einen immensen Strombedarf aus, da kommen schnell mal mehrere Millionen Übertragungen zusammen: www.aktiv-online.de/ratgeber/stromverbrauch-beim-streamen-so-geht-es-klimafreundlicher-3996
Die Bremse 10H-Regelung: Dass die 10H-Regelung den Ausbau der Windkraft in Bayern behindert hat, ist ja hinlänglich bekannt. Doch jetzt fehlen dem Wirtschaftsministerium sämtliche Argumente zur Beibehaltung der Regelung, denn ein Evaluationsbericht genau dieses Ministeriums gesteht nun ein, dass damit der Ausbau ausgebremst wurde. Bericht nebst Link zum Evaluationsbericht hier: www.br.de/nachrichten/bayern/jetzt-amtlich-umstrittene-10h-regel-bremste-windkraft-aus,TJaNX5N?s=09
Strom für mehrere Großstädte: PV-Module an Lärmschutzwänden von Verkehrstrassen könnten Strom für 450.000 Haushalte erzeugen, ohne dass dafür weitere Flächen in Anspruch genommen werden müssten. Das hat eine gemeinsame Analyse vom Deutschen Wetterdienst (DWD), dem Eisenbahn-Bundesamt (EBA) und der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) ergeben. Man sieht: Energiewende kann so einfach sein: www.spiegel.de/wissenschaft/energieerzeugung-solar-module-auf-laermschutzbauten-koennten-strom-fuer-450-000-haushalte-erzeugen-a-7ba0d65c-9117-4c97-b5e2-830ab3bc7128
Akku-Verbundwerkstoffe aus der Mikrowelle: Natrium-Ionen-Akkus haben viele Vorteile, und sollen die bekannten Lithium-Akkus möglichst bald ersetzen. Doch einige Verfahrensschritte sind noch relativ langwierig und teuer. Jetzt haben ägyptische Forscher ein Verfahren entwickelt, die benötigten Alkalimetallphosphat-Nanokomposite mit Hilfe einer Mikrowelle schnell und kostengünstig herzustellen: techxplore.com/news/2022-10-microwaves-low-cost-production-alkali-metallic.html
Solarautos als Problemlöser: Nach Ansicht von Lex Hoefsloot, dem Mitgründer der Solarautofirma Lightyear, die noch im November die Serienproduktion ihres ersten Fahrzeugtyps aufnehmen will, lösen Solarautos zwei Grundprobleme der Elektromobilität: die Reichweitenangst und die oft unzureichend ausgebaute Ladeinfrastruktur: www.wiwo.de/erfolg/gruender/lightyear-solarautos-koennen-die-beiden-grossen-probleme-der-elektromobilitaet-loesen/28718042.html
Solarpakete für Berlin: Nein, diese Pakete müssen nicht unbedingt Solargeräte enthalten. Sie werden aber von der Deutschen Post DHL jetzt mit einem Solarboot transportiert. Nein, nicht irgendwo im sonnigen Süden, sondern im deutlich weniger von Sonne verwöhnten Berlin. Solarisierung der Verkehrswende funktioniert – selbst in Deutschland: www.heise.de/news/Solar-Boot-transportiert-in-Berlin-Pakete-fuer-die-Post-7286256.html
Undurchsichtige PV-Trends: Wer diesen Beitrag des Elektromeisters Martin Schachinger auf haustec.de liest, ist hinterher möglicherweise verwirrter als vor dem Lesen. Dennoch ist es interessant, die gegenläufigen Entwicklungen auf dem PV-Markt kennenzulernen: www.haustec.de/energie/pv-module/diskussion-zur-uebergewinnsteuer-bremst-photovoltaik-ausbau
Atom und Gas sind nicht grün: Das meinen nicht nur wir, sondern offenbar auch nachdenkliche Staatenlenker. Und deshalb hat Österreich gegen das Grünwaschen -Taxonomie genannt – bei der Atomkraft und Gas durch die EU-Kommission als klimafreundlich eingestuft werden, geklagt. Luxemburg soll sich angeschlossen haben. Wir hoffen auf den Gerichtshof und nachdenkliche Richter: www.nzz.ch/amp/wirtschaft/oesterreich-klagt-gegen-entscheid-der-eu-atomkraft-und-gas-als-klimafreundlich-einzustufen-ld.1706755
Das Redaktionsteam der DGS-News
14.10.2022
Übrigens ...
... hat die Quote der Elektroautos bei den Neuzulassungen im September wieder einen Anteil von 20 Prozent, und damit fast erneut den Spitzenwert vom Dezember 2021 (21 Prozent) erreicht. Dieselfahrzeuge lagen im September bei einem Anteil von 17 Prozent. Aktuell ist mit dem Tesla Model Y auch erstmals ein Elektroauto das am häufigsten zugelassene Fahrzeug in Deutschland.
... sind Forscher auf ein kostengünstiges und schnell wirkendes Verfahren gekommen, das geschmolzene Eis an den Polen wieder einzufrieren. Bei diesem Stratospheric aerosol injection (SAI) genannten Verfahren sollen hochfliegende Düsenflugzeuge Schwefeldioxid in die Atmosphäre sprühen, so dass sich dort Aerosole bilden, die das einstrahlende Sonnenlicht dämpfen. Die Sprühaktion soll jeweils jenseits des 60. nördlichen und südlichen Breitengrads durchgeführt werden. Selbst wenn es funktionieren sollte und keine gefährlichen Nebenwirkungen (Schwefelsäureregen etc.) dabei auftreten, eine Lösung für die zunehmende Erderhitzung ist das nicht. Bemerkenswert, dass Wake Smith, einer der Hauptautoren, kein Klimawissenschaftler ist, sondern Seniorpartner in der Kapitalbeteiligungsgesellschaft New State Capital Partners LLC. Ein Schelm wer… Wir verweisen in dem Zusammenhang gerne auch wieder mal auf unsere Reihe zu den bekanntesten neun Geoengineering-Technologien, hier Teil 2: Stratospheric Aerosol Injection (mit Verweis auf die anderen acht am Ende des Textes).
... gibt es wieder eine aktuelle VDI-Umfrage zu Energiethemen. Wir könnten uns vorstellen: Wenn möglichst viele Regenerativ- und Dezentral-Menschen mitmachen (und diesen Link weiterverbreiten), kommt ein zukunftsorientiertes Ergebnis raus.
… schlägt ein Forschungsteam des Öko-Instituts vor, eine europäische Solarpflicht ab dem 31. Dezember 2024 einzuführen. Außerdem solle sich diese nicht nur auf PV-Anlagen sondern auch auf Solarthermie beziehen. Das ist als Antwort auf den Vorschlag der Kommission für emissionsfreie Gebäude zu verstehen, der im aktuellen Entwurf für eine Überarbeitung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden formuliert wurde (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD).