10.07.2020
Entwurf Gesetz zur Weiterentwicklung des Klimaschutzes in Baden-Württemberg
Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. (DGS) zum Entwurf Gesetz zur Weiterentwicklung des Klimaschutzes in Baden-Württemberg (Anhörung 26. Mai 2020)
Die Stellungnahme als pdf zum Download
Die DGS begrüßt die vorliegende Fortschreibung des Klimaschutzgesetzes. Ein schnellerer Zubau Erneuerbaren Energien ist der einzige Weg, die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Neben einigen Aspekten, die wir begrüßen, sind jedoch auch Punkte enthalten, die wir untenstehend als zu schwach ansehen und eine Verbesserung des Entwurfes für notwendig erachten. Die verpflichtende Wärmeplanung für Kommunen und die Solarpflicht halten wir für innovative Bausteine, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien im Ländle voranbringen können, wenn die konkrete Ausgestaltung der Regelungen konsequent bleibt.
Klimaziele werden voraussichtlich verfehlt
Während schon das Klimaschutzgesetz des Bundes in Fachkreisen als zu unambitioniert und als zu schwach zur Erreichung der Klimaziele von Paris analysiert wurde, bleibt nun der aktuelle Entwurf der Fortschreibung des Klimaschutzgesetzes in BW im Vergleich dazu noch weiter zurück:
Die Bundesregierung hat (nach langem Zögern) das Ziel von 65 % Erneuerbare Energien im Stromsektor bis 2030 und 55% Treibhausgasreduktion bis 2030 ausgerufen. Die EU diskutiert derzeit eine Verschärfung auf 65% THG-Reduktion bis 2030 im „Green Deal“. Wir verweisen dazu gerne auf die Studie von Dr. Nitsch „Ausbau der Erneuerbaren Energien für eine wirksame Klimapolitik in Baden-Württemberg“, der im Szenario „Ziel Paris“ ebenfalls eine notwendige Absenkung der Treibhausgase von 64 % bis 2030 errechnet.
In diesem Kontext ist eine (im KSG angestrebte) Reduktion von 42 % zu unambitioniert.
Dies sollte unbedingt noch verschärft werden, um die Glaubwürdigkeit zu erhalten und nicht im Vergleich zu Bund und EU zurückzufallen, sondern als Land Baden-Württemberg voranzugehen.
Solarpflicht: guter Hebel, wenn gut ausgestaltet
Die DGS begrüßt ausdrücklich die geplante Einführung der Solarpflicht für gewerbliche Neubauten und Parkplatzüberdachungen. Dies ist ein geeignetes Mittel, um die entsprechenden Potentiale zu heben. Auch eine Ausweitung auf private Dächer sollte im Auge behalten werden, die guten kommunalen Erfahrungen in Waiblingen und Tübingen zeigen die gute Wirkung. Wichtig aus unserer Sicht ist dabei, die Solarpflicht durch die konkrete Ausgestaltung der Detailregelungen soweit wie sinnvoll auch durchsetzbar zu gestalten. Hierzu bedarf es
a) insbesondere für die qualifizierte Beurteilung des unverhältnismäßig hohen wirtschaftlichen Aufwands (als Begründung zur Befreiung)
b) einer klaren Bewertungsmatrix bzw. einer fachlichen Einzelfallprüfung bei großen Objekten, da dies eine recht komplexe Bewertung erfordert.
Bei der in der Begründung des Gesetzentwurfes genannten abgeschätzten Zahl der betroffenen Anlagen sollte das jedoch machbar sein. Gerne können wir das UM hier als Verband mit viel Expertise und Erfahrung im Bereich der gewerblichen PV-Anlagen dabei unterstützen.
Wärmeplanung
Die DGS begrüßt ausdrücklich auch die beabsichtigte Einführung der Wärmeplanung für große Kommunen. Dieses Werkzeug kann einen breiteren Einsatz der Erneuerbaren Energien im Wärmemarkt voranbringen. Ebenso freuen wir uns über Leuchtturm-Projekte wie z.B. die neue große Solarthermieanlage in Ludwigsburg.
zu kurz: Vorbildfunktionen
Im Vergleich zu anderen Bundesländern fehlt uns leider auch im aktuellen KSG-Entwurf der Aspekt der Vorbildfunktion: Während z.B. Berlin an dieser Stelle eine klare Erstellung und Vorlage von Sanierungsfahrplänen und die Installation von Energiemanagement-Lösungen bei öffentlichen Gebäuden fordert, ist dazu im Baden-Württembergischen KSG nichts zu lesen. Das ist schade, kann doch das Land bei entsprechend vorbildlichem Vorangehen sowohl Wirtschaft als auch Bürger leichter „mitnehmen“.
Und noch ein Vorbildaspekt, bei dem der Entwurf des KSG im Vergleich zurückfällt:
Während das Bundes-Klimaschutzgesetz die Bundesverwaltung bis 2030 klimaneutral aufgestellt sieht, ist Baden-Württemberg mit dem Zielpunkt im Jahr 2040 und der relativierenden Einschränkung „weitgehend“ deutlich unambitioniert. Das sollte noch korrigiert werden.
Gleiches gilt für die Beschaffung der Verwaltung: Während im Bundes-Klimaschutzgesetz eine klimafreundliche Umstellung des Beschaffungswesens enthalten ist, fehlt diese im KSG-Entwurf ganz. Wenngleich wir nicht ausführlich geprüft haben, ob das an anderer Stelle eventuell schon geregelt ist, halten wir dennoch eine explizite Nennung im KSG für sinnvoll und notwendig.
Monitoringfristen zu lang
Aus unserer Sicht ebenfalls ambitionierter sollte das Monitoring gestaltet werden: Einen Prüfrhythmus von 2 bzw. 5 Jahren (für Anpassungen) nach 2022 - wie im Entwurf (§ 4a) - halten wir für zu weitmaschig für eine adäquate und zeitnahe Nachjustierung zur Zielerreichung. Wir schlagen hier – trotz des Mehraufwandes – eine jährliche Überprüfung vor, und zwar aus folgendem Grund: Ein rasches (und daher u.U. kleineres) Gegensteuern kann gegenüber späteren, dann massiveren Änderungen auch Kosten und Aufwand sowohl bei der Verwaltung als auch bei Bürgern und Unternehmen einsparen. Zum Vergleich: Das Klimaschutzgesetz in Berlin sieht ein jährliches Monitoring vor.
Der jährliche Klimaschutz-Kurzbericht ohne Handlungsempfehlungen und ohne Vorschläge zur Weiterentwicklung der Massnahmen greift aus unserer Sicht da zu kurz. Wir regen daher an, auf den jährlichen Kurzbericht zu verzichten und den Klimaschutz- und Projektionsbericht stattdessen jährlich fortzuschreiben. Das würde der hohen Priorität der Zielerreichung entsprechen.
Bildung zu schwach
Als letzten Punkt, den es aus unserer Sicht anzumerken gilt: Der aktuelle Entwurf zur Verbesserung des KSG ist kein Fortschritt hinsichtlich §8 des Klimaschutzgesetz: Hier wird zwar schon bisher die Vermittlung und Aufklärung von Bildungseinrichtungen zum Thema Klima gefordert. Hier kann und muss aus unserer Sicht deutlich mehr getan werden als der derzeit verankerte unverbindliche Aufruf an die Bildungsträger.
Umfassende Bilanzierung
Für grundsätzlich wichtig halten wir auch das Einbeziehen und Erarbeiten eines ökonomischen, ökologischen und sozialen Gesamtkonzeptes und dessen Bewertung / Evaluierung bezüglich des Treibhauseffektes insgesamt, einschließlich aller notwendigen Maßnahmen zum Erreichen der energetischen Ziele. Das adressiert unter anderem die Aspekte Bauen und Baustoffe, Ernährung, Verkehr und viele weitere Aspekte des Zusammenlabens und der Nachhaltigkeit.
Fazit
Die DGS begrüßt prinzipiell den Entwurf des neuen Klimaschutzgesetzes. Wir sehen – mit einer Nachschärfung der oben genannten Punkte, die aus unserer Sicht derzeit zu schwach sind - den Klimaschutz und die Vorreiterrolle des Landes Baden-Württemberg auf einem guten Weg.