28.03.2011
Der Netzintegrationsausgleich
Die Erneuerbaren Energien wurden und werden systematisch unterschätzt. Dies gilt vor allem für die Energiewirtschaft, da diese meist aus ideologischen Gründen das gewaltige Potential der Erneuerbaren nicht erkennen will. Bereits zweimal haben die Netzbetreiber das Stromnetz unnötig in einen “Krisenzustand” versetzt und somit dem Bundesbürger unnötige Kosten verursacht. Erst waren es die Netzanschlussbedingungen für die Windkraft. Als man erkannte, dass die Einhaltung dieser Vorschriften zu einem massiven Netzproblem führen kann wurde der Windkraft eine netzstützende Funktion erlaubt. Die ab 2010 notwendige Nachrüstung der Altanlagen wird mit dem Systemdienstleistungsbonus (SDL) refinanziert.
Das gleiche Fiasko vollzieht sich derzeit bei der Photovoltaik. Die Netzbetreiber haben vor vielen Jahren festgeschrieben, dass sich die PV-Anlagen bei einer Netzfrequenz von 50,2 Hertz unverzüglich abschalten müssen. Mitte 2009 ist einigen Netzfachleuten jedoch aufgefallen, dass die Einhaltung ihrer eigenen Vorschriften aber nun zu massiven Netzproblemen führen kann. Denn alleine in Deutschland gibt es bereits mehr als 15 Gigawatt PV-Leistung. Eine schlagartige Abschaltung würde vermutlich das europäische Netz kollabieren lassen. Selbst Anfang 2011 war noch keine Lösung beschlossen und wer die absolut unnötigen Nachrüstungskosten für 15 GW PV-Wechselrichter zahlen soll ist auch völlig offen.
Was hat das mit dem Elektroauto zu tun?
Wir sind dabei den gleichen Fehler ein drittes mal zu wiederholen: Im Gegensatz zu PV und Wind erstellen die Netzbetreiber bereits heute Simulationen über die Netzverträglichkeit von E-Mobilen. Obwohl es noch kein entsprechendes E-Auto gibt wird im ganzen Land bereits von deren Potentialen zur Netzstützung gesprochen. In der Theorie ist das alles ganz nett. Es hat lediglich mehrere Haken:
a: Die Automobilindustrie steht unter einem extremen Kostendruck und wird somit nur die Technik verbauen, die dem Autokäufer einen Nutzen verspricht.
b: Das Elektroauto ist ein Stromverbraucher, kein Produzent, und für derart kleine Verbraucher (3-11 kW) gibt es keine “Netzanschlussbedingungen”.
c: Selbst wenn aus der Sicht des E-Autobesitzers das “Betanken”, also das Einstecken des Steckers in die Steckdose, nur 30 Sekunden dauert, werden die meisten Elektroautos erst dann an das Netz gehängt, wenn der Akku so gut wie leer ist ... wie die Flottenversuche erneut bestätigt haben.
Die einzige logische Konsequenz ist, dass trotz all der netzstabilisierenden Potentiale, die im Massenprodukt “E-Auto” stecken, die Autos nicht die notwendige Technik (a) mitbringen werden, weil der Kunde davon keinen Vorteil hat und es keinen Zwang (b) zu einem netzfreundlichen E-Auto gibt. Zusätzlich werden die Autos sowieso nur dann am Netz hängen, wenn der Akku ganz schnell voll werden soll (c) und somit kein zeitliches Fenster für Lastverlagerungen gegeben ist.
Deutschland wird nur schwer seinen Rückstand im Bereich der Batterietechnik aufholen können. Jedoch ist Deutschland bereits heute führend im Bereich der Leistungselektronik und hat sich hier vor allem auch durch die Erneuerbaren Energien einen deutlichen Technologievorsprung erarbeitet. Jedoch fehlen derzeit jegliche wirtschaftlichen Anreize, um entsprechende Techniken für E-Fahrzeuge zu entwickeln, die einen positiven Effekt auf das Stromnetz haben.
Die Vertreter der Erneuerbaren Welt haben deshalb im Rahmen der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) zur Förderung von E-Fahrzeugen die Zahlung eines Netzintegrationsausgleiches vorgeschlagen. Wer E-Autos mit netzfreundlicher Technologie kauft und diese möglichst oft mit dem Stromnetz verbindet, der soll dafür finanziell entlastet werden. Bei dreiphasiger Netzanbindung könnte dieser Ausgleich bis zu 1.000 Euro pro Jahr betragen und die Vergütung sollte nicht pauschal, sondern abhängig von den Stunden der Netzverfügbarkeit des jeweiligen E-Autos berechnet werden.
Der Netzintegrationsausgleich orientiert sich an den bewährten Konzepten des EEG, weshalb die DGS auch angeregt hat, dieses Förderkonzept im Rahmen der laufenden EEG-Novelle einzuarbeiten.
So könnte man sicherstellen, dass die Netzstabilität nicht ein drittes mal ohne Not in Gefahr gebracht wird und dass gleichzeitig Deutschland nicht nur Weltmarktführer bei Erneuerbaren Energien sondern auch bei netzfreundlichen Elektroautos wird.
Tomi Engel
Vorsitzender des Fachausschuss Solare Mobilität der DGS