05.08.2022
Kommunen sollen klimaneutral werden
Eine Analyse von Jörg Sutter
Eine Hilfestellung für Kommunen ist der hier vorgestellte Leitfaden, der Wege aufzeigt, wie eine Kommunalverwaltung bis 2040 klimaneutral werden kann. Das ist die Zielvorgabe des Klimaschutzgesetzes in Baden-Württemberg, Kommunen sollen hier Vorbildfunktion übernehmen, bekommen im Gegenzug vom Land auch Unterstützung.
Ziel: Klimaneutral bis 2040
Das baden-württembergische Klimaschutzgesetz gibt folgendes Ziel vor: „Die Gemeinden und Gemeindeverbände erfüllen die Vorbildfunktion nach Absatz 1 in eigener Verantwortung [..] Das Land unterstützt die Gemeinden und Gemeindeverbände insbesondere bei dem Ziel, bis zum Jahr 2040 weitgehend klimaneutrale Kommunalverwaltungen zu erreichen“. Doch wie ist das konkret zu erreichen? Da setzt der im Mai 2022 veröffentlichte Leitfaden an. Bei der Landesverwaltung selbst soll das Ziel übrigens schon bis 2030 erreicht werden.
Beauftragung durch KEA in ifeu
Die Klima- und Energieagentur des Landes (KEA-BW) hat die Erstellung des Leitfadens beim Heidelberger ifeu-Institut beauftragt. Er ist ein Baustein des umfangreichen Unterstützungsangebotes an Kommunen. Die KEA-BW bietet neben Veranstaltungen auch aufbereitete Beispiele im Land und berät mit Expertenwissen die Kommunen u.a. bei Contracting, der Umsetzung der Wärmewende und vielen anderen Klimaschutz- und Energiethemen.
Das ifeu (Institut für Energie- und Umweltforschung Heideberg) ist seit 1978 - heute mit rund 100 Mitarbeitern - im Bereich Umwelt, Energie, Mobilität und anderen Themen aktiv. Es war eines der ersten selbstverwalteten Forschungseinrichtungen in Deutschland. Das ifeu ist beispielsweise auch mit der Evaluation der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) beauftragt.
Erst mal schauen
Eine „konkrete Anleitung“ für Kommunalverwaltungen soll der Leitfaden darstellen, so die Autoren im Vorwort. Das trifft es gut, ist das Papier mit 34 Seiten übersichtlich und gut zu Lesen. Wer hier tiefere Analysen und ausführliche Angaben zur Methodik benötigt, der sei auf eine deutlich umfangreichere Veröffentlichung des UBA verwiesen.
Zu Beginn wird unverblümt die Ausgangslage beschrieben: „Die meisten Kommunen haben noch einen langen Weg zur Klimaneutralität vor sich“. Und auch wenn die Klimaneutralität für Kommunen wissenschaftlich nicht definiert ist, muss als Richtschnur die Treibhausneutralität angestrebt werden. Das Klimaschutzgesetz gibt dafür schon die Möglichkeiten vor: Energieeinsparung, effiziente Energienutzung und der Einsatz Erneuerbarer Energien sollen es richten. Kompensationsmaßnahmen sind hier nur ergänzend vorgesehen.
Als erster Schritt müssen die Kommunen ihre Treibhausgasemission erfassen. Doch schon dabei beginnen die ersten Probleme: Wo sind die Systemgrenzen, wo die Bilanzierungsgrenzen. Und: Mit welchen Faktoren soll gerechnet werden? Im System sollen auf jeden Fall die zentralen Verwaltungsbereiche erfasst werden, also Gebäudemanagement, Fuhrpark und Stromverbrauch der Infrastruktur. Und als Bilanzgrenze soll das bewährte System des Greenhouse-Gas-Protokolls dienen (mit der Einteilung in Scope 1,2 und 3). Scope 3 erfasst dabei nachgelagerte Emissionen, das sind bei Kommunen beispielsweise Dienstreisen und Veranstaltungen.
Die KEA-BW stellt für die Bilanzierung ein eigenes Excel-Tool („BICO 2 BW“) zur Verfügung, das die Kommunen nutzen können.
Ziel ohne Stadtwerke und Wohnungsbau
Nicht nur im Leitfaden, sondern auch beim Klimaschutzgesetz selbst, sind öffentliche Unternehmen, die Dienstleistungen im freien Wettbewerb erbringen, ausgenommen. Das bedeutet: Klassische Stadtwerke als Töchter von Kommunen sind von den Vorgaben des Klimaschutzgesetzes befreit, gleiches gilt auch für Wohnungsbaugesellschaften und Krankenhäuser. Der Leitfaden empfiehlt daher, für diese eine separate Strategien und Umsetzungspläne zu entwickeln.
Ziele neben der CO2-Reduktion
Die im Leitfaden als weitere Zielkennwerte genannten Punkte zeigen, dass die Umsetzung schon ambitioniert ist, stehen doch dort
- Halbierung des Endenergieverbrauches
- Heizwärmebedarf unter 50 kWh/m2 als Ziel bei Sanierungen
- Mindestwert von 1 kWP PV-Leistung pro 10 m2 überbaute Fläche
Methode: Darstellung der Klimafolgekosten
Um in Richtung der ambitionierten Ziele auch voranzukommen, empfiehlt der Leitfaden auch eine Darstellung der Klimafolgekosten. Das kann auch ein Ansatz sein, den Klimaschutz in der Haushaltsplanung zu verankern, und zwar mit den vom UBA kalkulierten Werten von 195 Euro/Tonne Treibhausgas für 2020 und 215 Euro pro Tonne für das Jahr 2030.
Konkrete Handlungsempfehlung
Die konkreten ersten Schritte hängen natürlich von der Ausgangslage der jeweiligen Kommune ab, doch das ifeu hält folgende Schritte für wichtig:
- Grundsatzbeschluss zur Klimaneutralität
- Schaffung von Planungskapazitäten
- erste Bilanzierungen
- Umsetzung von Maßnahmen
Der Leitfaden kann hier kostenlos beim ifeu heruntergeladen werden.