10.12.2021
Nachhaltige Geldanlagen
Ein Bericht von Götz Warnke
Die letzten Wochen des Jahres sind angebrochen, und spätestens jetzt wird für die meisten klar, ob für sie finanziell zum Jahresende etwas übrigbleibt. Lässt sich diese Frage mit ja beantworten, stellt sich gleich die nächste: Wohin mit dem Geld? Ja, man kann es natürlich zu Weihnachten ausgeben oder für eine Urlaubsreise im nächsten Jahr auf dem Konto lassen, aber a) gibt es praktisch keine Kontozinsen mehr, und b) wer weiß schon, wie das nächste Jahr wird. Dann sollte man es doch vielleicht besser nachhaltig investieren.
Hier ein grober Überblick, der allerdings keine finanzielle Beratung oder Empfehlung einer bestimmten Anlage darstellt (Achtung, siehe dazu unten!*)
Zuerst einmal stellt sich die Frage, wo und in welcher Form Sie Profit aus Ihrer Anlage ziehen wollen, eher pekuniär oder emotional. Gerade in der Vorweihnachtszeit investieren wir ja häufig in den letzteren Bereich, und zwar in Form Geschenken für Familie und Freunde. Deren freudige Reaktionen, das dabei zum Ausdruck kommende Glücklichsein und unser Gefühl, etwas Gutes getan und menschliche Verbundenheit gestärkt zu haben, sind dann unser Profit. Eine andere Art emotionalen Profits sind Investitionen (Spenden) für Dinge, die unsere ethische Einstellung repräsentieren, von denen wir meinen, sie müssten getan werden, damit die Welt ein kleines Bisschen besser wird. Allein im Bereich Nachhaltigkeit steht man bereits hier vor einer Gabelung des Entscheidungsweges: Klimaschutz, Erneuerbare Energien, Ökologie – welcher Bereich soll es sein?
Beginnen wir mit dem Klimaschutz: Hier bieten sich eine Vielzahl von Spendenmöglichkeiten und Ausgleichszahlungen an, von Aufforstungsmaßnahmen hier bis zu Holzsparöfen und Biogasanlagen im Globalen Süden. Diese Klimaschutzanlagen entwickeln ihr Schutzpotential meist erst in vielen Jahren oder gar Jahrzehnten. Das bedeutet, dass sie sehr lange bestehen bleiben müssen, und nicht wie vielleicht eine indische Biogasanlage schon nach wenigen Jahren wegen Wartungsmängeln aufgegeben werden darf, oder nicht wie ein Wald von einer Feuersbrunst hinweggerafft werden sollte. Zudem kann man sich als Anleger eine Investition mit einem möglichst großen Klimahebel/-Wirkungsgrad suchen. Ein solcher besteht z.B. bei der Wiedervernässung von Mooren, die zwar nur drei Prozent der weltweiten Landfläche ausmachen, aber doppelt so viele Treibhausgase speichern wie alle Wälder des Globus zusammen. Werden Moore trocken gelegt, entweichen aus ihnen große Mengen an CO2, Methan und Lachgas. Durch die Wiedervernässung kann man diesen Prozess stoppen, und auch das CO2 von künftigen, ins Moor fallenden Pflanzenteilen wird so nicht frei gesetzt. Hierzu werden von staatlichen Stellen seit einigen Jahren MoorFutures angeboten, die, wenn sie nicht quasi als persönlicher Ablass von den eigenen permanenten Klimagasemissionen verwendet werden, durchaus sinnvoll sein können. Ein interessantes Projekt ist auch die Wasserhyazintenkohle des niederbayerischen Vereins Char2Cool, zumal hier Klimaschutz mit Entwicklung im Sinne von Hilfe-zur-Selbsthilfe kombiniert wird.
Die Erneuerbaren Energien werden seit Jahrzehnten – auch gegen die häufige Blockadehaltung der Politik – sehr von den Fachgesellschaften vorangetrieben: hier sind u.a. der Bundesverband WindEnergie e.V., die Fördergesellschaft für nachhaltige Biogas- und Bioenergienutzung e.V. und (Achtung Schleichwerbung) die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. zu nennen. Da diese Vereinigungen erwiesenermaßen über die entsprechende Erfahrung und Fachkompetenz verfügen, sind Spenden für Erneuerbare Energien hier immer gut aufgehoben.
Auch beim Umweltschutz gibt es sinnvolle Spendenmöglichkeiten wie z.B. der Erhalt von Streuobstwiesen, Kampf gegen Mikroplastik etc. Allerdings sollte man hier eher für bestimmte Einzelprojekte spenden als für einen Verband als ganzen, denn viele dieser Verbände sind zugleich Naturschutzverbände. Und aus Richtung des Naturschutzes werden häufig auch die Erneuerbaren Energien bekämpft, was für Klimaschutz und Energiewende kontraproduktiv ist.
Schwieriger wird es, wenn die Anlage pekuniären Profit abwerfen soll. Hier gibt es zwei Richtungen: die eine setzt auf Immobilien, die andere auf Wertpapiere. Gern rechnen einem die Wertpapiervertreter vor, dass z.B. die Dividende bei Aktien in den vergangenen Jahren höher gewesen sei als bei Immobilien. Das kann stimmen, nur a) gilt das z.B. für den Zeitraum ab 1980, und 1980 ist far away and gone, und b) man muss auch die richtigen Aktien gekauft habe – der Neue Markt kurz nach der Jahrtausendwende sowie später Lehman Brothers etc. sprechen da eher eine traurige Sprache.
Selbstgenutzte Immobilien wie Häuser – und nur die können hier in der Kürze besprochen werden – bieten verschiedene Vorteile: Man spart die Miete, kann die Wohnverhältnisse an seine veränderten Bedürfnisse (z.B. altersgerecht) anpassen, kann seinen Energieverbrauch gut überblicken und ggf. minimieren (energetische Sanierung), kann eigenes Obst aus dem Garten pflücken und ggf. eigenes Gemüse ernten, und hat selbst im schärfsten Lockdown noch ein gut erreichbares Urlaubsdomizil (z.B. Liegestuhl unterm Apfelbaum) und einen Auslauf in der Natur. Wer dann in den folgenden Jahren nochmals Geld hat, kann in eine Solaranlage investieren, und so nicht nur die Energiekosten drücken, sondern auch den Wiederverkaufswert des Hauses erhöhen. Sicher, wer beruflich alle zwei Jahre den Ort wechselt, für den kommt diese Anlageform kaum in Betracht. Und da die Immobilienpreise derzeit schon hoch sind, muss man sich vor überteuerten Käufen und auch vor Schrottimmobilien hüten. Aber wer nicht in ein Überschwemmungsgebiet, neben eine Bleihütte, an eine Hauptverkehrsachse, mitten in eine Einöde oder auf Sand gebaut hat, kann zumeist von seiner Immobilie profitieren. Allerdings ist man mit einer Immobilie deutlich mehr festgelegt als mit Aktien etc.
Nachhaltige bzw. grüne Finanzanlagen sind die schwierigste der bisherigen Anlageformen. Zwar ist Nachhaltigkeit neben Digitalisierung ein gesellschaftlicher Trend, und wird es auch im Geschäftsleben bleiben, zumal Larry Fink, Chef des weltgrößten Vermögensverwalters Blackrock, deutlich gemacht hat, dass ohne Nachhaltigkeits- bzw. Klimaengagement die Firmen auf Dauer nicht mehr profitabel sein könnten, und Blackrock als Anteilseigner ggf. das entsprechende Management ablösen werde. Andererseits besteht auch die Gefahr des Greenwashings, und Green Finance erfüllt nicht immer die Erwartungen. Das kann z.B. damit zusammenhängen, dass unvorhergesehene Ereignisse (Coronapandemie) das Finanzierungsmodell eines Unternehmens beeinträchtigen. Oder dass eine technische Revolution die eigenen Produkte plötzlich alt aussehen lässt (Hybridautos). Oder dass es zu Managementfehlern kommt. Oder dass im Unternehmen ein gezielter Betrug läuft wie z.B. bei Wirecard. Manches gute Konzept wird durch ein schlechtes Management ruiniert, und manches schlechte Konzept kann auch durch ein gutes Management nicht mehr gerettet werden.
Wegen des oft schwer zu durchschauenden Angebots auch bei nachhaltigen Aktien, Fonds etc. tummeln sich hier die verschiedensten Ratgeber: Banken, Börsenbriefe und weitere Berater. Manche davon scheinen auch sehr eigene Interesse zu verfolgen. Da ist es gut und hilfreich, dass sich Tester wie die Stiftung Warentest, die Verbraucherzentralen, Zeitungen, Zeitschriften, Spezialmagazine und weitere ÖR-Medien des Themas annehmen.
Sie können sich natürlich auch unabhängig davon auf bestimmte Trends wie Wasserstoff oder E-Autos konzentrieren – so hat z.B. der US-E-Autobauer Rivian kürzlich einen beeindruckenden Börsenstart hingelegt –, aber das ist mit viel Informationsarbeit und Zeit verbunden. Und das Risiko ist hoch.
Bei aller möglichen Beratung: Letztlich müssen Sie allein entscheiden, was zu ihrer finanziellen, steuerlichen und Lebenssituation passt. Wir wünschen Ihnen jedenfalls ein glückliches Händchen, frohe Weihnachten und einen guten Jahreswechsel.
* Disclaimer: Die hier publizierten Informationen und Erklärungen zu Anlagemöglichkeiten dienen ausschließlich der Information und stellen weder ein Angebot noch eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf dar. Eine Garantie für das Eintreten möglicher Erfolge/Gewinne bei den Investitionen kann daher nicht übernommen werden, noch können Verluste ausgeschlossen werden. Für die Richtigkeit der Informationen auf den hier verlinkten Websites wird von uns keine Gewähr übernommen.