09.07.2021
Die neusten EEG-Änderungen
Ein Bericht von Jörg Sutter
In der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause wurde die Änderung des Klimaschutzgesetzes in Berlin verabschiedet. Auch das Energiewirtschaftsgesetz, das Meßstellenbetriebsgesetz und das EEG wurden am 24. Juni schon wieder korrigiert. Für die Photovoltaik gibt es kleine Änderungen, die bei neuen Projekten zu berücksichtigen sind. Oder auch nicht. Eine Zusammenfassung der gesetzlichen Neuregelungen.
Es wurde schon als „EEG-Reparaturgesetz“ verspottet, bevor es verabschiedet war, denn die positiven Änderungen sind gering, der große Anteil der Korrekturen sind echte Reparaturen am Gesetzestext, der einer späten Vorlage des Gesetzentwurfs und der nur zwei Tage dauernden Durchsichtmöglichkeit der Verbände zu verdanken ist. Merke: Mehr Zeit für alle hätte dazu führen können, dass die Fehler entweder gar nicht gemacht worden wären oder noch vor der Verabschiedung des EEG 2021 aufgefallen wären. Ach ja, gerne gleich noch ein Tipp an Gesetzesschreiber und alle die es in diesem Herbst werden wollen: Je einfacher die Regelungen gefasst werden, desto geringer ist die Chance, dass dabei Fehler passieren. Der EEG 2021 ist der beste Beweis dafür.
Keine allgemeine Erhöhung der Ausbauziele
Der wichtigste und zugleich am meisten kritisierte Punkt der aktuellen Änderungen ist das, was nicht drin steht: Es gibt keine allgemeine Erhöhung der Ausbauziele für Erneuerbare Energien, wie es ja – nicht zuletzt durch die europäische Anhebung der Klimaziele – geboten gewesen wäre. Es gibt für die Photovoltaik eine Anhebung, aber nur für das Jahr 2022 – und das auch nur im Bereich der Ausschreibungs-Anlagen, nicht für kleinere Anlagen mit der festen Einspeisevergütung nach EEG. Von einigen Kommentatoren wird dabei die These vertreten, dass die Nicht-Anhebung eine rein wahltaktische Entscheidung sein könnte, weil man sich damit Verhandlungsmasse für mögliche Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl sichert. Das darf und muss kritisiert werden – das Klima wartet nicht und lässt auch nicht mit sich verhandeln, bis in Berlin alle neuen Damen und Herren in ihrem warmen Sessel sitzen. Das sollte auch gerade in diesen Tagen bei der Betrachtung der weltweiten Wetterereignisse klar sein.
Änderungen für die anderen REG-Techniken sollen hier nicht weiter ausgeführt werden, jedoch sind z.B. bei Biogas positive Änderungen beim Flexibilitätsbonus für Bestandsanlagen enthalten, die Windbranche muss dagegen verschmerzen, dass das im EEG 2021 geplante Ausschreibungsverfahren von Ü20-Windanlagen nach Förderende wieder gestrichen wurde, weil die EU-Kommission dazu keine Zustimmung gab.
Die konkreten Änderungen für PV
Doch was ändert sich nun konkret für die PV? Es sind einige Details, die sich aber durchaus auf die Umsetzung von Projekten auswirken. Wichtig: Ob das schon morgen anwendbar ist, ist davon abhängig, ob die jeweilige Regeländerung eine weitere EU-Freigabe abwarten muss. Aber dazu unten mehr.
1) Für Kleinanlagen wird sich zukünftig die Einspeisung vereinfachen: In der aktuellen EEG-Änderung entfällt nun im § 61 b die Grenze von 30 MWh beim selbstgenutzten Solarstrom. Konsequenz: Nachdem bislang viele Netzbetreiber den Einbau eines Einspeisezählers genau wegen dieser Grenze gefordert hatten, könnte auf diesen zukünftig verzichtet werden. Das vereinfacht und verbilligt die Neuinstallation von Solaranlagen zumindest ein wenig.
2) Bei den Ausschreibungen werden die Verfahren leicht vereinfacht, die Höhe der Sicherheiten reduziert und die Realisierungsfristen für die Umsetzung von Projekten werden teils verlängert.
3) Der §6 enthielt früher Regelungen zum Anlagenregister und der Umstellung zum Marktstammdatenregister. Im EEG 2021 waren diese Übergangsregelungen dann überflüssig und wurden ganz gestrichen, jetzt bekommt der leere §6 neue Inhalte: Auch PV-Freiflächenbetreiber dürfen nun den projektbetroffenen Kommunen finanziell bis zu einer Höhe von 0,2 Cent pro kWh einen Anreiz geben. Für Wind war das bisher schon möglich, jetzt gilt das auch für PV und die Gemeinden, auf deren Flächen solche Anlagen errichtet werden. Damit wird ein Hebel gegen lokale Widerstände eingerichtet.
4) In §9 wird in Hinblick auf die zukünftigen Smart-Meter jetzt deutlicher zwischen Anlagen bis 25 kWp, über 25 bis 100 kW und über 100 kW unterschieden. Was das – insbesondere im Zusammenspeil mit den Änderungen des Meßstellenbetriebsgesetzes nun für den Smart-Meter-Einsatz bei PV-Anlage hat, müsste noch detailliert betrachtet werden.
5) Anlagen in Direktvermarktung bekommen mehr Zeit, die entsprechende technischen Einrichtungen einzubauen: Laut aktueller Gesetzesänderung muss dies „nicht vor dem Beginn des zweiten auf die Inbetriebnahme der Anlage folgenden Kalendermonats erfüllt werden“.
6) In §28a stehen die jährlichen Ausbauziele der geförderten Photovoltaik-Anlagen, diese werden für das Jahr 2022 (und nur für das) erhöht um 2.000 MW Sonderausschreibung des ersten Segmentes (Freiflächenanlagen) und ebenfalls 2.000 MW Sonderausschreibung beim zweiten Segment (Gebäudeanlagen). Dazu kommt noch eine Erhöhung der besonderen Solaranlagen im Rahmen der Innovationsauschreibung von 50 auf 150 MW.
7) Gebote für Ausschreibungen des 2. Segments müssen zukünftig mindestens 300 kW umfassen, bislang stand hier 100 kW im Gesetzestext des EEG 2021.
8) Für die Anlagen zwischen 300 und 750 kWp wird in § 48 nun klargestellt, dass sich die 50 %-Quote der Strommenge „50 Prozent der in einem Kalenderjahr“ erzeugten Strommenge bedeuten. So hatten wir das auch bislang schon interpretiert.
Neben diesen Punkten wird auch eine ganze Reihe von Änderungen umgesetzt, die die PV am Rande tangiert, Neuregelungen zu Batteriespeichern zum Beispiel. Auch eine umfassende Anpassung des Messstellenbetriebsgesetzes ist umgesetzt, die den Rollout der Smart-Meter voranbringen soll. Auch werden die Kompetenzen der Clearingstelle EEG/KWKG angepasst, was mittelbar auch PV-Betreiber betreffen kann und wird.
Wieder warten auf EU-Freigabe? Teilweise…
Das Problem auch für die kleinen positiven EEG-Änderungen: Zuerst muss die Gesetzesänderung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden, was aber kurzfristig erwartet werden darf. Nicht so schnell wird aber eine weitere EU-Freigabe gehen: Der Text der aktuellen Gesetzesänderung listet detailliert auf, welche Passagen nicht vor einer EU-Freigabe „angewendet werden dürfen“: Dazu gehört unter anderem die Volumenerhöhung in §28 und die Möglichkeit, Kommunen an PV-Projekten finanziell zu beteiligen. Der oben genannte Wegfall der 30 MWh-Grenze der EEG-Umlagefreiheit ist demnach aber nicht davon betroffen. Hier sind nun die Netzbetreiber gefordert, zügig ihre Meßkonzepte entsprechend anzupassen.
Mach die EU weitere Änderungen nötig?
Doch bei aller Diskussion um die einzelnen Details des EEG: Spannend wird, was die EU mit dem neuen Klimaschutzgesetzpaket in der kommenden Woche präsentiert (wir werden an dieser Stelle in den DGS-News darüber berichten). Dann sollen die neuen Klimaziele, CO2-Preise und vieles mehr für die Zukunft festgelegt werden. Und diese europäischen Ziele sind höherwertig – EU-Regelungen stechen Bundesregelungen, möglicherweise muss das EEG wieder angepasst werden. Gleich? Nein, das hat ja Zeit. Die nächste reguläre Sitzung des Bundestages ist erst wieder Anfang November – ob dann schon eine entscheidungsfähige Regierung gebildet ist, ist fraglich. Und wann wird sich eine neue Regierung mit der Energiepolitik beschäftigen? Das kann dauern. Ein echter Schub für Erneuerbare Energien, der besser heute als morgen kommen muss, verzögert sich damit weiter. Die Chance, schon mit dem aktuellen Reparaturgesetz einen Schritt in die Zukunft zu gehen, hat die aktuelle Regierungskoalition in Berlin verpasst.