23.04.2021
BMW und die sechste Batterie-Generation für E-Autos
Eine kommentierende Pressekonferenz-Reportage von Heinz Wraneschitz
Wenn zwei Minister sich im Glanze eines DAX-Konzern-Vorstands sonnen, dann geht es meist um viel Geld. Aber um solches, das nicht vom DAX-Konzern an die Finanzämter fließt, sondern vom Staat über Zwischenschritte auf den Dividenden-Kassen der Aktionäre landet.
„Deutschland ist Autoland – Deutschland soll auch in Zukunft Autoland sein. Die Wertschöpfung beim E-Auto liegt gerade bei der Batterie.“ Und „um die Abhängigkeit von asiatischer Produktion zu reduzieren und irgendwann zu beenden“ übergab Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Montag live, aber online einen immerhin 68-Mio-Euro-Forschungs-Förderbescheid an den Autokonzern BMW.
Nicht der erste übrigens: Am 29. Juli 2020 wurde ebenfalls ein Förderbescheid an BMW übergeben, damals über 60 Mio. Euro. Forschungsthema in beiden Fällen: Batterien für die Elektromobilität. IPCEI heißt das Zuschuss-Zauberkürzel, ausgeschrieben und auf Deutsch „Projekte von Europäischem Interesse“. In den so genannten Batterie-IPCEIs – 2020 das erste, jetzt folgte das zweite – werden allein in der Bundesrepublik elf, in der EU 42 Unternehmen aus zwölf Ländern massiv unterstützt. „Ziel ist es, eine wettbewerbsfähige, innovative und nachhaltige Batterie-Wertschöpfungskette in Deutschland und Europa aufzubauen“, heißt es aus Altmaiers Ministerium BMWi.
Angesichts 6.300 Mio. Euro jährlicher F+E-Aufwendungen im Autokonzern sind die 60 Mio. Staatszuschuss vernachlässigbar. Deshalb ist nachvollziehbar, dass Minister Altmaier „BMW und anderen zutrauen würde, Batterieforschung selber zu bezahlen. Aber wir wollen mit der Förderung zeigen: Es geht uns um den Industriestandort.“ Auch den im Freistaat Bayern.
Wohl deshalb hat das weißblaue Wirtschaftsministerium einmal 30, jetzt 20 Mio. Euro an den beiden IPCEI-Förderungen für BMW getragen. Minister Hubert Aiwanger sieht damit „die Chance, das Schicksal wieder in die eigene Hand zu nehmen“, also raus zu kommen aus der Abhängigkeit der asiatischen Batteriezellhersteller. „Es darf nicht passieren, dass unsere Hersteller aufgefordert werden: Bau Du mal dein Auto um unsere Batterie rum“, erklärte er an diesem „wunderbaren Tag für die Automobilindustrie in Deutschland“.
BMW-Entwicklungsvorstand Frank Weber, direkt aus dem „Kompetenzzentrum Batteriezelle“ des Konzerns zugeschaltet, erzählte viel über die supermodernen Messgeräte und Forschungsmöglichkeiten dort. Doch wie genau die Entwicklung der (Zitat) „übernächsten Generation Lithium-Ionen-Zellen“ vorangetrieben werden soll, darüber sagte er nichts. Denn „die Energiedichte steht im Fokus“ oder „der Feststoff-Elektrolyt bringt mehr Sicherheit“ sind Binsenweisheiten der Batterie-Technologie.
Selbst die BMW-Pressestelle sieht die Betonung auf „übernächste Zellengeneration unglücklich formuliert“. Es gehe nämlich „um unsere nächste, das heißt die sechste Generation unserer Li-Ionen-Batterien“. Die erste Generation habe im Übrigen „2009 ein Großversuch mit ca. 500 elektrischen Minis markiert“, heißt es auf Nachfrage.
Aber was bedeuten in der Pressekonferenz gemachte Aussagen wie: „Bis zum Ende des Jahrzehnts soll die Energiedichte von Batteriezellen um mindestens einen mittleren zweistelligen Prozentbereich steigen – von einem heute schon hohen Niveau aus“? Dazu ist nichts Konkretes zu erfahren. Besagte Pressestelle verweist stattdessen auf Pressemappen für aktuelle BMW-E-Modelle. Darin ist von „im Vergleich zur vorherigen Batteriegeneration um nochmals rund 20 Prozent gesteigerter gravimetrischer Energiedichte“ die Rede, aber nicht, wie hoch diese in kWh/kg wirklich ist. Doch man erfährt, dass „die Batteriezellen nach präzisen Vorgaben der BMW Group gefertigt und in jeweils modellspezifische Hochvoltspeicher integriert“ werden.
Einer dieser Zellenhersteller ist sicherlich Northvolt in Schweden: An dem ist BMW beteiligt, er hat auch am ersten ICPEI-Projekt mitgearbeitet. Mit wem sein Konzern bei ICPEI 2 zusammenarbeitet, darüber schwieg sich BMW-Chef Oliver Zipse in der Pressekonferenz aus.
Bekannt ist dagegen, woher BMW die Batterie-Rohstoffe bezieht. So hat der Konzern kürzlich einen langfristigen Liefervertrag für das wichtige Lithium mit dem US-Unternehmen Livent geschlossen. Dessen „verantwortungsvoller Abbau in einer Sole-Anlage im Norden Argentiniens“ sei „besonders nachhaltig. Der größte Teil der verwendeten Sole wird wieder direkt in den umliegenden Lebensraum zurückgegeben und nicht verdunstet. So bleibt das Gleichgewicht zwischen den Soleschichten und den Grundwasserschichten weitestgehend erhalten“, heißt es in einer Presseerklärung.
Ansonsten aber klang Oliver Zipse in der Pressekonferenz schon fast trotzig: BMW und anderen „europäischen Playern muss es gelingen, sich auch bei der E-Mobilität zu etablieren. Schließlich sind wir ein Global Player“, sagte er wohl mit Blick auf bei Stromern sichtlich führende Asiaten und Amerikaner. Und, dass bei den künftigen Batterien „die Zweitverwertung und effizientes Recycling von vornherein mit einentwickelt wird“. Das sollte eigentlich inzwischen auch in der hiesigen Industrie gang und gäbe und keiner Erwähnung mehr wert sein – „Cradle to Cradle“ lautet weltweit der stehende Begriff dafür.
Zwar soll laut Zipse „2030 jedes zweite BMW elektrisch sein“. Doch statt dafür Eigenverantwortung übernehmen zu wollen, schob er diese ab auf „Kommunen, Behörden, Energieversorger“. Die müssten „für eine Mio. öffentliche Ladepunkte sorgen“ bis zu diesem Zeitpunkt.
Lilium: „Batterie kommt nicht von BMW“
Eine Nachfrage von Heinz Wraneschitz
Dass BMW „bis zum Ende des Jahrzehnts die Energiedichte von Batteriezellen um mindestens einen mittleren zweistelligen Prozentbereich steigern“ will, wurde am Montag bekannt (siehe oben). Dabei hat der Autokonzern nach eigenen Angaben gerade „die gravimetrische Energiedichte im Vergleich zur vorherigen Batteriegeneration um nochmals rund 20 Prozent gesteigert“. Was das in kWh/kg bedeutet, ist nicht bekannt.
BMW und München sind nur wenig von Oberpfaffenhofen entfernt, dem Standort des Elektroflieger-StartUp Lilium. Den hat kürzlich Götz Warnke in seinem Beitrag über die Elektrofliegerei letzte Woche bereits erwähnt.
Dieser Tage hat Lilium angekündigt: Bis 2025 soll unter anderem zwischen München und Nürnberg ein Airline-Service in Betrieb genommen werden. Das dafür vorgesehene, neue 7-Sitzer-Serienflugzeug mit 250 km Reichweite und 280 km/h Höchstgeschwindigkeit braucht natürlich eine möglichst leichte Hochleistungsbatterie.
Deshalb wollten wir von Lilium wissen: Werden die LiIon-Akkus in dem Klein-E-Flugzeug von BMW kommen? Dazu ein ganz klares „Nein!“ von Pressesprecher Rainer Ohler: „Unsere Batterien kommen von einem erfahrenen Hersteller aus Europa: Lilium selbst. Unser Bedarf ist nicht nur geringes Gewicht und Leistungsfähigkeit: Auch Feuerschutz, Luftfahrt-Zertifizierung und andere Anforderungen spielen große Rollen.“