19.02.2021
Ü20-Angebote: 6 Cent: Wer bietet mehr?
Eine Analyse von Jörg Sutter
Der Weiterbetrieb von Ü20-Anlagen hält uns weiter auf Trab. Diesmal stellen wir verschiedene Angebote von Stadtwerken und anderen Vermarktern vor, die den Strom aus ausgeförderten kleinen PV-Anlagen abnehmen. In den DGS-News der letzten Woche haben wir über die gesetzlich im EEG 2021 geregelte Weitereinspeisung informiert.
Die (Direkt-)Vermarktung kann wirtschaftlich durchaus eine attraktive Alternative zur gesetzlichen Weitereinspeisung sein. Denn hier kann hier ein Stadtwerk oder ein anderer Dienstleister ein freies Angebot zur Höhe der Stromvergütung machen. Während gesetzlich derzeit nur rund zwei Cent drin sind, gibt es bei manchen Stadtwerken über sechs Cent pro Kilowattstunde.
Angebote von Stadtwerken
Im vergangenen Jahr haben sich viele Stadtwerke schon damit beschäftigt, solche Angebote zu entwickeln, sind damals aber an den Regelungen des EEG 2017 gescheitert. Im bisherigen Gesetz waren die Hürden zu hoch: Dort mussten noch alle technischen Direktvermarktungsanforderungen erfüllt werden. Dadurch wurden die Konzepte schnell technisch kompliziert und damit unwirtschaftlich. Doch seit einigen Wochen sind erste „echte“ Angebote verfügbar. Wenngleich fast alle bislang nur regional angenommen werden können: Es ist natürlich völlig legitim, wenn beispielsweise ein Stadtwerk ein solches Angebot auf seine Kunden (und damit auf sein Versorgungsgebiet) begrenzt. Wir können hier natürlich nur einige Beispiele nennen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit).
Stadtwerke Amberg
Die Stadtwerke in der Oberpfalz waren mit die ersten, die ein offizielles Ü20-Angebot vorgelegt haben: Mit „AM-Öko-Partner“ werden bis zu 4,6 Ct./kWh angeboten, eine Preisgarantie besteht bis 2025. „Bis zu“ bedeutet, dass die Kunden des Regionalstromtarif die höchste Vergütung erhalten, bei anderen Tarifen (oder gar anderem Lieferant) sind die Werte niedriger. Erfreulich: Als Besonderheit wird hier im Werbeflyer darauf aufmerksam gemacht, dass die beste Wirtschaftlichkeit bei Eigenversorgung gegeben ist und diese bei diesem Angebot ausdrücklich erlaubt ist. Es kann also möglichst viel Ü20-Strom selbst verbraucht werden, für den Rest gibt es dann bei Einspeisung bis zu 4,6 Cent pro kWh.
Stadtwerke Tübingen
Die Kleinstadt in Baden-Württemberg hat schon seit Jahren viel für die Photovoltaik „übrig“. Neben Förderprogrammen und einem klaren Klimaschutzziel werden auch die Ü20-Betreiber nicht vergessen: In Verbindung mit dem Ökostromtarif bieten die Stadtwerke Ü20-Betreibern eine Stromvergütung in Höhe von 6 Cent pro kWh für Volleinspeisung an. Einspeisung und Verbrauch werden in einer gemeinsamen Jahresabrechnung dann verrechnet.
Stadtwerke Osnabrück
Das Angebot der Stadtwerke aus dem niedersächsischen Osnabrück richtet sich an Bestandskunden; dabei werden 4,7 Cent/kWh geboten. Eigenverbrauch ist zwar möglich; in diesem Fall wird dann aber an den Direktvermarktungsanforderungen (Viertelstundenmessung) festgehalten, was die Technik kostspielig und damit für kleine Anlagen zu teuer macht.
Stadtwerke Solingen
Einen anschaulichen „Sonnenschirm“ haben diese Stadtwerke aus NRW aufgespannt: 4 Cent pro kWh, garantiert für 2021 und 2022, werden bezahlt. Zusätzlich wird bei den Ü20-Anlagen auf die Berechnung von Zählerkosten sowie auf die Erhebung einer Vermarktungsgebühr verzichtet. Im Falle eines (eher nicht zu erwartenden) Marktwertes von über 4 Ct./kWh wird automatisch der Marktwert ausbezahlt.
Weitere Angebote
Zahlreiche Direktvermarkter waren schon im vergangenen Jahr dabei, Angebote für Ü20-Anlagen zu entwickeln. Das ergab z.B. eine Umfrage des Solarfördervereins Deutschland (SFV) für das mit der DGS gemeinsam erstellte Gutachten zur Wirtschaftlichkeit von Ü20-Anlagen. Schon damals wurde klar: Das Interesse der Direktvermarkter liegt bei größeren Ü20-Anlagen, gerade aus dem Bereich Windkraft. Dort liegen die jährlichen Strommengen – selbst bei „kleinen“ Anlagen - bei mehreren 100.000 Kilowattstunden.
Anders bei kleinen PV-Anlagen: Eine 2,5 kWp-Anlage mit einem spezifischen Ertrag von 850 kWh/kWp erzeugt etwa 2.100 kWh pro Jahr. Werden davon auch noch typische 30 % eigenverbraucht, bleiben für die Vermarktung gerade einmal knapp 1.500 kWh pro Jahr übrig. Jede technische oder bürokratische Abwicklung kann bei diesen kleinen Mengen nur schwer eine Wirtschaftlichkeit ergeben. Selbst die (kostengünstige, weil komplett digitale) Interconnector-Plattform von EnBW zur Stromvermarktung empfiehlt daher derzeit die Vermarktung von Strom aus Kleinanlagen nicht und verweist auf die gesetzliche Weiterbetriebsoption.
Andere Direktvermarkter hatten die Entwicklung ihrer Angebote gebremst, als klar wurde, dass sowohl für Solarstrom als auch für Windkraft gesetzliche Weiterbetriebsregelungen kommen und nicht alles dem freien Markt und Wettbewerb unterworfen wird. Stadtwerke (siehe Angebote oben) sind hier in einer anderen Position: Sie können das Thema Kundenbindung mit in die Waagschale werfen und höhere Preise anbieten. Es geht für ein Stadtwerk auch um eine klar eingrenzbare Kundengruppe und um eine kleine Strommenge pro Jahr: Ein gutes Angebot für die Pioniere kann so das eigene Image durchaus aufpolieren.
Andere Möglichkeiten
Neben Stadtwerken und Direktvermarktern sind weitere Möglichkeiten schon nutzbar: So gibt es Strombörsen, bei denen der Solarstrom regional weiterverkauft werden kann. Auch Anbieter von Speicherbatterien machen Ü20-Betreibern spezielle Angebote. Bei Herstellern wie z.B. sonnen oder senec kann ein Speicher nachgerüstet und mit einem „Cloud“-Tarif verbunden werden, um den Weiterbetrieb der PV-Anlage zu sichern.
Unser Aufruf: Bitte Angebote melden!
Über das Projekt PVLOTSE berät die DGS Betreiber von PV-Altanlagen über Möglichkeiten zum Weiterbetrieb. Alle Infos dazu unter www.pvlotse.de.
Wir bitten deshalb: Teilen Sie uns weitere Ü20-Angebote mit, die Ihnen bekannt sind.
Unser Ziel ist, in den kommenden Wochen eine Übersicht mit Links zu aktuellen Angeboten auf unserer Infoseite www.dgs.de/service/pvlotse zu veröffentlichen. Damit möchten wir Ü20-Betreiber, die auf der Suche nach Lösungen sind, unterstützen.
Haben Sie schon von Ihrem Stadtwerk oder von einem Vermarkter ein Angebot im Internet gesehen? Wurden Ihnen bereits Informationen zugesendet?
Bitte senden Sie diese einfach per Mail an sutter(at)dgs.de zu. Vielen Dank!