14.08.2020
Intersolar Innovation Day
Ein Bericht von Matthias Hüttmann
Kann die Intersolar auch Online? Diese Frage war bis vor Kurzem eher von theoretischer Natur, kann aber, Stand heute, durchaus mit einem „Ja, aber sicher!“ beantwortet werden.
Inhaltlich war das Spektrum recht breit, was aber natürlich auch dem hohen Innovationstiefe der Anbieter geschuldet ist. Der Innovation Day gab einen kleinen Ausschnitt in den dynamischen Solarmarkt, knapp 30 namhafte Intersolar-Aussteller zeigen das breite Spektrum der Branche.
Eröffnet wurde der erste Tag des Online-Events mit der Keynote “Innovating the Solar Decade” von Michael Schmela, dem Executive Advisor, Head of Market Intelligence und Member of the Leadership Team von SolarPower Europe. An die Keynotes schlossen sich an beiden Tagen in jeweils zwei parallelen Sessions die Präsentationen der teilnehmenden Firmen sowie ein interaktiver „Business Lunch Expert Talk“ an.
Der Keynotespeaker am ersten Tag, Michael Schmela, warf in seinem Vortrag einen Blick auf Trends und Innovationen und wagte die Prognose einer kommenden „Solar Dekade“, wie er es nannte. Schmela ist Mitglied im Führungsteams von SolarPower Europe, dem europäischen Verband der Solarenergiebranche. Der Insider ist seit mehr als 20 Jahren in der Solarbranche tätig, als Journalist, Chefredakteur, Strategieberater und Gründer einer digitalen Nachrichtenplattform hat er weitreichende Kenntnis über den Markt. So traut er der Solarindustrie viel zu, im Rückblick auf die durchlaufenen Lernkurven glaubt er daran, dass Solarenergie in den 2020’ern zur „Mainstream-Energieressource“ werden kann, vorausgesetzt die Kostenreduktionen werden weiter gehen wie bisher. Genau genommen ist die Solardekade bereits heute angebrochen, da die konventionelle Stromerzeugung im Vergleich zur Solarstromerzeugung längst teurer ist. Auch hat Solarstrom im letzten Jahr einen Anteil von mehr als 50% an der Erweiterung der globalen Stromkapazität, das obwohl fossile Brennstoffe nach wie vor deutlich mehr Subventionen als Erneuerbare Energien erhalten. Wenn auch der Marktanteil dennoch relativ klein ist, sind die Potentiale dafür umso größer. Die Technologietrends, das zeigen auch die Innovation Days, sind sehr vielfältig. Hier stechen sicherlich neue Trends wie Floating Solar, Bifaziale Zellen oder auch BIPV hervor. Aber auch bei der Entwicklung der Zelltechnologien in Punkto Größe und Effizienz ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht.
Das machte auch der Vortrag von Neil Edwards deutlich. Der Manager für technische Kommunikation bei der REC-Group, stellte mit der Alpha-Serie eine Produktlinie vor, die, darauf ist man beim norwegischen Solarunternehmen besonders stolz, erst kürzlich den, auch Online durchgeführten, Intersolar-Award gewonnen hatte. Die Heterojunction-Technologie (HJT), welche 2019 erstmals auf der TSE vorgestellt wurde verfügt über eine hohe Leistungssichte, sprich mehr Leistung pro Fläche als übliche Technologien.
Dank deutlich mehr Verbindungen auf der Zelle zur Abnahme des produzierten Stroms müssen Elektronen bei REC einen drastisch kürzeren Weg zurücklegen. Dies macht sie besonders für Dachanlagen, sprich Photovoltaik auf privaten Hausdächern besonders interessant. Im Vergleich mit einer „üblichen“ 30qm Anlage steigt die Solarernte um etwa 20% an, was letztendlich auch weniger Module pro Fläche bedeutet. Die Technologie hat dazu noch einen besonders niedrigen Temperaturkoeffizienten. Dieser ist besonders bei hoher Einstrahlung - vor allem Mittags wenn die höchste Sonneneinstrahlung auf das Dach strahlt - von großem Vorteil. Edwards machte das plastisch deutlich, in dem er die Wärme, als den Feind der Photovoltaik hervorhob („heat is our enemy“). Die Technologie ist im Übrigen besonders umweltfreundlich, da weniger Lot verwendet werden kann, dank bleifreier Silberpaste ist die Herstellung bereits heute 81% bleifrei.
Aber nicht weniger beeindruckend war was Vicente Aguilar von Ingeteam zu berichten hatte. Der weltweit tätige Technologiekonzern, der sich ganz allgemein auf die Umwandlung elektrischer Energie spezialisiert hat, nutzt sein Know-how aus der Leistungs- und Steuerelektronik etwa dazu Wind- und Solarenergie, aber auch Stromerzeugung aus Wasserkraft im großen Stil in Stromnetze einzuspeisen. In seinem Vortrag konzentrierte sich Aguilar mit den Herausforderungen für Photovoltaik im Versorgungsbereich, sprich den ganz großen Systemen. Ingeteam hat dafür eigene Produkte für Hybridlösungen (DC- und AC-gekoppelt) entwickelt, die auf der DC-DC-Seite bis zu 1,5 MW und auf der AC-Seite mit bis zu 3,6MVA umgehen können. Einen wesentlichen Baustein stellen dabei Lastverteilung bzw. Zeitverschiebung der produzierten Energie durch die Speicher dar. Mittels Energiespeicherung wird in Schwachlastzeiten optimal auf Zeiten hoher Nachfrage reagiert. Die Reduzierung der Spitzennachfrage ist insbesondere für Gebiete interessant, in denen die Lasten stark schwanken. Das Ausbalancieren von Stromverbrauch und Erzeugung sorgt dort für eine verbesserte Netzstabilität. Aber auch die Bereitstellung eines AC-Netzes für Stand-Alone oder Hybrid-Grids (Back-up-Dienste, Netzausfälle, Versorgung kritischer Lasten, Schwarzstarts) ist möglich. Nutzt man das Spiel von Erzeugung und Speicherung kommt es zu einem Abbau der Spitzenlast in den Zeiten hoher Einstrahlung. Die flüssigkeitsgekühlten Systeme garantieren dabei eine sehr hohe Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom.
Hintergrund: Nachdem auch die größte Solarmesse 2020 wegen der Pandemie nicht stattfinden konnte, war das Vakuum groß, das sich auftat. Der stets sehr dynamische Solarmarkt hatte sich schon auf die die große Präsentation seiner Innovationen vorbereitet, als das letztlich unausweichliche Aus kam. Aber auch von Seiten des Veranstalters war man bereits für ein erneutes Wachstum der Messe und des Kongresses vorbereitet. Um jedoch den Markt nicht nur auf „The smarter E 2021“ vertrösten zu müssen, wurden innerhalb kürzester Zeit neue Formate entwickelt, so dass Anbieter und Kunden trotz fehlender persönlicher Nähe in Kontakt treten konnten. Ein Baustein dabei war der Intersolar Innovation Day, der am 15. und 16. Juli stattfand. Analog zum TSE-Kongress gab es ein vielfältiges Programm. Die digitale Version bot Keynotes, parallel stattfindende Sessions, aber auch einen Business Lunch Expert Talk und virtuelle Stände im Expo-Bereich (sogenannte Booths).
Dass das alles in so kurzer Zeit organisiert werden konnte ist bemerkenswert, sollte jemand Bedenken gehabt haben, dann waren diese unnötig, der Innovation Day war eine beeindruckende organisatorische Leistung. Die Veranstaltung hatte durchaus Persönlichkeit, man war nah am Referenten, genau genommen viel näher als sonst. Und man konnte, im Gegensatz zur gewöhnlichen Konferenz noch während des Vortrags parallel in einem Chat Fragen stellen und sich auch bei Bedarf mit anderen Zuhörern austauschen. Die einzelnen Präsentationen direkt auf dem eigenen Bildschirm zu sehen, war dabei auch eine nützliche Erfahrung. Der große Vorteil für die Referenten: Es gab direktes Feedback und besonders wichtig, genügend Zeit nach dem Vortrag sich mit den Zuhörern auszutauschen. Genährt durch den Chat gab es direkt am Anschluss an den Vortrag eine vom Moderator geleitetes Gespräch, bei dem sogar Online-Schaltungen quer um den Globus möglich gemacht wurden. Dieser Face-to-Face-Dialog war überraschend konstruktiv für beide Seiten. Neben dem „Vortragsraum“ konnte man noch einen virtuellen Messestand besuchen und sich dort mit den Anbietern austauschen.
Link: www.thesmartere.com/en/events/online-events/intersolar-innovation-day