24.04.2020
Die Gewinner des DGS-Fotowettbewerb (Teil I)
Vor einigen Wochen hat die DGS in einem Fotowettbewerb Bilder alter PV-Anlagen gesucht, zahlreiche Anlagenbetreiber haben mitgemacht und ihre Bilder eingeschickt, per Losverfahren sind die Gewinner ermittelt worden. Wir möchten Ihnen in dieser Woche zwei der Gewinner vorstellen, diese beiden Projekte haben den zweiten und dritten Preis gewonnen und eine Buchprämie dafür erhalten. Beide Gewinner erläutern unten ihre Projekte und die Motivation dazu. Den ersten Preis und die älteste eingereichte Anlage, die einen Sonderpreis erhält, werden wir in der kommenden Woche in den DGS-News vorstellen.
Der zweite Platz - BEWAG- Pyramide in Berlin
Diese schon optisch besondere Photovoltaik-Anlage wurden im Jahr 1996 am Hauptsitz der damaligen Bewag - heute Vattenfall - in Berlin-Treptow installiert. Die Module sind transluzid, haben also eine transparente Rückseitenfolie, so dass zwischen den Zellen noch genügend Licht ins Innere fällt und die darin liegende Cafeteria verschattet. Die Herausforderungen waren vielfältig: Einerseits galt es, die Modulreihen an die 52° geneigte Pyramidenkontur und ihr Fensterraster anzupassen. Andererseits sollte durch einen Anstellwinkel der Module von 30° die Anlage auf einen maximalen Jahresertrag hin optimiert werden. Diese ästhetischen und technischen Überlegungen erforderten die Anfertigung eines rechteckigen und 12 verschiedener trapezförmiger Modultypen. Die Akut Solar- und Haustechnik aus Berlin - seit 1988 im Bereich Solar-, Heizungs- und Sanitärtechnik aktiv - hat die Anlage im Jahr 1996 installiert.
Fragen zum Projekt an Herrn Gilbert Janßen (Errichter und Geschäftsführer von Akut):
DGS: Herr Janßen, mit welcher Motivation hat die Bewag diese Anlage damals errichtet? Das war ja sicher für Sie und die Bewag ein ganz besonderes Projekt.
Janßen: Die Anlage hatte eine Symbolfunktion als umweltschonender Stromlieferant. Es sollte ein architektonischer I-Punkt und eine symbolträchtige "Visitenkarte" des Bürokomplexes der damals neuen Bewag Hauptverwaltung werden.
DGS: Gab es besondere technische Herausforderungen bei dieser Anlage? Immerhin steht sie auch in einem verschatteten Innenhof – das war baulich sicher nicht ganz einfach?
Janßen: Den negativen Auswirkungen durch den Schattenwurf der umliegenden Gebäude wurde durch die Verwendung von Solarzellen mit integrierten Bypass-Dioden und der Wahl einer niedrigen Systemspannung von 67 Volt (kurze Stränge) Rechnung getragen.
DGS: Welche Module und Wechselrichter kamen dort zum Einsatz?
Janßen: 12 verschiedene trapezförmige Modultypen. Durch unterschiedliche interne elektrische Verschaltung wurden die Module zum Teil als Unikate von der Herstellerfirma GSS nach den Angaben der planenden Ingenieure gefertigt. Dazu zwei 5kW-Wechselrichter von Solwex, je einer für Südost- und Südwest-Seite der Pyramide.
DGS: Vielen Dank für diese Informationen, Herr Janßen.
Der dritte Platz – Anlage Cramer in Schwäbisch Hall (BW)
Die Module dieser Photovoltaik-Anlage wurden im Jahr 1994 am Ortsrand von Sulzdorf, dem östlichsten Stadtteil von Schwäbisch Hall in Baden-Württemberg installiert. Bei den Modulen handelt es sich um monokristalline BP-Module mit 75 Wp und einen Solarkonzept-Wechselrichter. Die Anlage läuft – bis auf einige Wechselrichter-Austausche zu Beginn – nun über 25 Jahre fast störungsfrei durch. Die Erträge der Anlage liegen nach wie vor bei rund 900 Kilowattstunden pro kWp und haben über die Laufzeit nur minimal nachgelassen. Auch dem Bild ist sichtbar: Die alten Module aus 1994 wurden später durch eine zweite und dritte PV-Anlage erweitert außerdem wurde eine Solarthermieanlage mit 10 Quadratmetern für Warmwasser und Heizungsunterstützung installiert. Das Gebäude ist ein Einfamilienhaus, der Stromverbrauch des Eigentümers liegt mit einem Zweipersonenhaushalt bei rund 1.900 kWh/Jahr.
Fragen zur Anlage an den Eigentümer, Herrn Cramer:
DGS: Herr Cramer, mit welcher Motivation haben Sie damals Ihre PV-Anlage errichtet? Wirtschaftlich war das zu der Zeit mit 17,3 Pfennig pro kWh aus dem Strom-Einspeisegesetz bei weitem nicht.
Cramer: Unser älterer Sohn wurde genau einen Monat nach Tschernobyl geboren. Fortan ging es um die Zukunft der Kinder und die Bewahrung der Schöpfung. Mit der zweiten Photovoltaikanlage im Stadtgebiet Schwäbisch Hall wollten wir ein weithin sichtbares Zeichen setzen, dass es weitgehend auch ohne nukleare/fossile Energien geht.
DGS: Die Anlage war zu Beginn schon einmal als Eigenversorgungsanlage aufgebaut, Sie haben bei der Wettbewerbsteilnahme geschrieben, Sie hätten dadurch ein anderes Verhältnis zum „eigenen Strom“ und setzten damals schon Strom „bewusster und sparsamer“ ein. Haben Sie dazu konkrete Beispiele, was Sie unternommen haben?
Cramer: Zum Beispiel die Waschmaschine und der Geschirrspüler liefen nur bei sonnigem Wetter. Dauerverbraucher wie Gefriertruhe und Gefrierschrank erhielten eine 4 cm starke extra-Isolierung aus beidseitig Alu-kaschiertem PU-Schaum. Damit konnten die täglichen Verbrauchswerte beinahe halbiert werden.
DGS: In Ihrer direkten Nachbarschaft wurden auch PV-Anlagen gebaut. Geht das auf Ihr Engagement zurück? Konnten Sie Ihre Nachbarn mit Ihrer positiven Erfahrung überzeugen?
Cramer: Dies gelang leider erst ab dem Inkrafttreten des EEG im Jahr 2000 und das obwohl der Stadtrat Schwäbisch Hall unter Leitung von Oberbürgermeister Binder auf den Druck eines DGS-Mitglieds, der Energie Initiative Kirchberg, die Stadtwerke anwies, die kostendeckende Vergütung für Solar und Windstrom als eine der ersten Städte der Bundesrepublik einzuführen. Auch die damals noch extrem teuren Photovoltaikanlagen wurden über Sammelbestellungen durch die Energieinitiative deutlich günstiger, lagen aber immer noch bei rund 9.000 € je kWp.
DGS: Sie haben auf Ihrem Dach später eine weitere, größere PV-Anlage und auch noch eine Solarthermieanlage aufgebaut. Wie kam es dazu?
Cramer: Die erste Solarthermieanlage nur für Warmwasser aus dem Jahr 1991 mit rund 5 qm wurde 2006 auf 10 qm vergrößert und zu Heizungsunterstützung ertüchtigt, um auch erneuerbare Wärme nutzen zu können. Die zweite Photovoltaikanlage kam 2004 mit 4,8 kWp und 2006 mit 3,3 kWp auf dem Garagendach dazu.
DGS: Sie wollen Ihre Anlage, die ab Anfang 2021 aus der Vergütung fällt, wieder auf Eigenversorgung umrüsten. Haben Sie sich damit schon konkret damit beschäftigt? Und kennen Sie unser Projekt PVLOTSE mit telefonischer Hotline zu diesem Thema?
Cramer: Der PVLOTSE wurde längst von mir in Anspruch genommen und hat mich in meiner Meinung bestärkt zu Umstellung auf Eigenbedarf wie von 1994 bis 1999. Zusätzlich möchte ich in einen Lithium-Eisenphosphat-Speicher mit Möglichkeit zur Notstromversorgung investieren, zumindest für Heizung, Kochen und Kühlung, damit die Lebensmittel nicht verderben.
DGS: Nach Ihren Bewerbungsunterlagen wollen Sie in den nächsten Jahren auch noch ein Elektroauto anschaffen, um den Strom der weiteren Anlagen, die 2024 und 2026 aus der EEG-Vergütung fallen, auch weiter nutzen zu können. Was erhoffen Sie sich davon?
Cramer: Durch die weitgehende Autarkie soll der CO2-Fußabdruck weiter verkleinert werden. Unser erdgasbetriebenes Fahrzeug läuft zwar bereits CO2-neutral, weil die Stadtwerke Bio-Methan einsetzen, aber noch lange nicht CO2-frei, was dann mit einem Elektrofahrzeug samt eigenem erneuerbaren Strom möglich wird. Wenn alle PV Anlagen aus der EEG Förderung gefallen sind, stehen uns mehr als 500 % unseres Strombedarfs zur Verfügung. Ein Viertel des Überschusses kann dann für unsere Mobilität genutzt werden.
DGS: Als Fazit - wie zufrieden sind Sie mit Ihren PV-Anlagen? Würden Sie heute wieder in diese Technik investieren bzw. würden Sie das weiterempfehlen?
Cramer: Diese Technik funktioniert so faszinierend und störungsarm, dass ich überhaupt nicht verstehen kann, warum immer noch derart viele Dächer „keinen Stecker zur Sonne“ haben. Wir können es zu 100 % empfehlen und würden gern zum Wiederholungstäter, wenn doch nur weitere Dachfläche vorhanden wäre.
DGS: Vielen Dank, Herr Cramer.
In der kommenden Woche werden wir an dieser Stelle das Gewinnerprojekt und den Sonderpreis des Wettbewerbs, die älteste eingereichte PV-Anlage aus dem Jahr 1988 vorstellen. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an alle Teilnehmer des Wettbewerbs.
Jörg Sutter