11.10.2019
Biochar: Auch jede Menge Pro-Argumente
In der letzten Ausgabe der DGS-News veröffentlichten wir in unserer Rubrik „Geoengineering-Technologien“ eine Übersetzung des „Geoengineering-factsheets BioChar“ der Website Geoengineering Monitor, einem Gemeinschaftsprojekt von Biofuelwatch, und ETC mit Unterstützung der Heinrich Boell Stiftung. Zu dieser kritischen Veröffentlichung rund um die Biokohle erhielten wir zwei sehr interessante Rückmeldungen, die wir Ihnen nicht vorenthalten möchten und auf diesem Weg auszugsweise vorstellen.
So merkte Dr. Daniel Meyer-Kohlstock* kritisch an, dass zwar die Übersetzung gut, die Quelle jedoch fragwürdig gewesen sei. Denn wenn man auch im Bereich Biochar vor „nicht haltbaren Utopien und Greenwashing warnen“ müsse, hätte der Autor besagter Quelle sich in dem Text zielgerichtet die negativsten Beispiele herausgepickt und damit vor allem Halbwahrheiten in die Welt gesetzt.
Meyer-Kohlstock bestätigte in seinem Leserbrief, dass große Konzerne durchaus versucht hätten, sich das Thema zunutze zu machen und das auch Vorschläge für das massenhafte Vergraben von Kohlenstoff verlautbart wurden. Das alles würde jedoch davon ablenken, „dass es sich bei Biochar um ein sehr vielseitiges Werkzeug handelt“. Denn schließlich sei die langfristige Speicherung von Kohlenstoff nur ein nützlicher Nebeneffekt. In der Hauptsache ginge es um die „Verbesserung von ausgezehrten Böden im Rahmen einer humusaufbauenden Landwirtschaft“. Dabei wird die Kohle auch nicht im Boden vergraben, sondern nach einer Aufladung mit Nährstoffen und Mikroorganismen – zum Beispiel durch förderliche Zugaben zum Viehfutter, zur Einstreu oder zur Kompostierung – als dauerhafter Bodenhilfsstoff eingebracht. Dies entspräche auch in etwa dem Prozess, der über Jahrzehnte und Jahrhunderte zu der dauerhaft fruchtbaren Terra Preta im Amazonas-Gebiet geführt hätte. Im Übrigen gäbe es auch historische Nachweise vergleichbarer Methoden in Asien und Europa. Meyer-Kohlstock ergänzte zudem, dass „für solche Methoden heutzutage auch tatsächlich organische Abfallstoffe zum Einsatz kämen, denn Holz aus Baumplantagen oder Sägeholz aus den verbliebenen Primärwäldern wären dafür viel zu teuer“. Unter anderem Abfälle aus Sägemühlen, bisher nicht verwertbare Sortimente aus der Grün- und Waldpflege und Rückstände aus der Papierproduktion würden hier genutzt. Es gäbe zum Beispiel auch Holzvergaser, die Biochar bereits als Nebenprodukt liefern.
Eine zweite Rückmeldung kam von Dr. Carola Holweg**. Sie bedankte sich für den umgesetzten Aufklärungswillen und ließ wissen, dass der besagte Artikel sicher recht daran tut, auf mögliche Missbrauchsverhältnisse hinzuweisen, aber das Gros der tatsächlichen Umstände und Ziele auf der Basis von Biochar außer Acht lässt. Als eine, die in diversen Forschungsprojekten die Möglichkeit hat „Chancen und Grenzen von Biochar näher zu betrachten und manches berechnen zu können“, ist ihr Fazit nämlich, dass „unter gewissen Bedingungen einiges für die Pflanzenkohle spricht“.
So habe sie erst im Februar 2019 in einem Kooperationsprojekt mit dem Weingut Andreas Dilger in Freiburg untersucht, ob es einfache und effiziente Pyrolysetechniken gebe, mit der alte Rebstöcke noch im Feld in Pflanzenkohle umgewandelt werden können. Das kleine Projekt wurde über den Innovationsgutschein A vom Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg bezuschusst und brachte für den Einsatz eines Wellblech-Meilers gute Ergebnisse für die Eigenproduktion von Rebstockkohle. Das Projekt wurde in der Ausgabe 6|19 der in Österreich beheimateten Fachzeitschrift „Der Winzer“ sowie in 9/19 in „Rebe&Wein“ und 10/19 in „Der Badische Winzer“ ausführlich vorgestellt. Das Interessante: In Weinbauregionen besteht seit dem Wissenszuwachs über Terra Preta vermehrtes Interesse an eigenen Umsetzungen. Wie eine weitere Studie von Holweg in Kooperation mit dem Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg zeigte, „besteht im Sorptionsvermögen von Pflanzenkohle auch ein Potenzial zum Schutz vor der Auswaschung von Nitrat“ (4/2019 in „Der Winzer“). Auch nähme die Anwendung mit dem Ziel der Tiergesundheit, etwa als Einstreu oder Futterbeigabe, an Beliebtheit zu.
* Daniel Meyer-Kohlstock berät zur biologischen Abfallverwertung, zum Bau und Einsatz von Komposttoiletten und zum Einsatz von Pflanzenkohle in der Kompostierung. Er hat schon zahlreiche Publikationen veröffentlicht, die unter anderem über seine Website zugänglich sind.
** Carola Holweg ist freiberuflich tätig und betreibt ein Büro für „Nachhaltigkeits-Projekte“. Sie setzt dabei an realen Problemen an und sucht nach Lösungen und Innovationen, die sie wiederum auf ihren ökologischen und ökonomischen Mehrwert prüft. Hier finden Sie näheres zu Ihrem Portfolio inclusive eines Vortrags zur Rebstock-Kohle.
Fazit
Das Thema ist spannend! Wie bei vielen erfolgversprechenden Technologien, besteht jedoch auch bei Biochar die Gefahr, dass eine allzu rasch wachsende Nachfrage nicht durch eine nachhaltige Produktion befriedigt werden kann. Es ist deshalb sehr darauf zu achten, hier regional zu handeln und Angebote und Heilsversprechen kritisch zu hinterfragen.
Matthias Hüttmann