01.03.2019
Eingebettetes Energiesparen
Auf der Messe Embedded World ging es nicht nur um kleinste Bauteile, sondern auch ganz stark um intelligenten und sparsamen Umgang mit Strom.
„Make Your Batteries Live Forever!“ Glaubt man dem Werbespruch, mit dem Geoffroy Gosset den Stand seiner jungen Firma e-peas überschrieben hat, dann ist es nicht mehr weit bis zum ewigen Lebens von Primärbatterien, also von galvanischen Zellen. Dabei hat das Unternehmen aus dem belgischen Mont-Saint-Guibert kein Perpetuum Mobile auf die Messe Embedded World in Nürnberg mitgebracht. Nein, e-peas verkauft schlichtweg äußerst effektive Microprozessoren, „das Herz jedes Sensors“. Und die zweite Produktgruppe, die „Umgebungsenergie-Manager“, ernten den Strom dafür. Praktisches „Energy Harvesting“ aus verschiedensten Wärmequellen genauso wie aus Vibration, Hochfrequenz, und nicht zuletzt aus Solarzellen. So wird die Batterie nur minimal entladen, beinah ewiges Leben also.
Dem Energy Harvesting wurde in diesem Jahr ohnehin viel Aufmerksamkeit gewidmet. So bot Herman Roebbers gleich ein ganztägigen Workshop dazu an, „Ultra Low Power Class“ genannt. Roebbers arbeitet bei der holländischen Tochter des französischen Altran-Konzerns, der auch in Deutschland Niederlassungen hat. Seine „Schüler“, Elektronik- und IT-Spezialisten, staunten sichtlich über seine Ausführungen, dass Energieverbrauch Leistung mal Zeit ist. Dass ein Elektronik-Baustein nicht die ganze Zeit die Spitzenleistung benötigt. Deshalb sei es „schwer, MCU-Verbräuche konkret zu messen und vorauszusagen“, stellte er die Unberechenbarkeit von Mikrocontroller (MCU) heraus; Halbleiterchips, die (laut Wikipedia „einen Prozessor und zugleich auch Peripheriefunktionen enthalten“ und für die oft „der Begriff System-on-a-Chip oder SoC verwendet wird“. Genau jene Bausteine also, die von Ausstellern der „Embedded World“ massenhaft verbaut werden. Mit dem Bewusstsein, „Ultra-Low Power ist systemabhängig, Hardware oder Software alleine können nicht den niedrigsten Verbrauch erzielen”, entließ der Workshop-Lehrer seine Schüler wieder zurück auf die Messe.
Und dort hatten sie Gelegenheit, systemintegriertes Energy Harvesting (EH) zu betrachten. Beispielsweise am Stand des Erlanger Fraunhofer-Instituts IIS. „EH macht Kabel zur Stromversorgung oder das Nachladen von Batterien in mobilen Geräten überflüssig. Vibrationen an Geräten, Maschinen oder Bauwerken oder Temperaturunterschiede zwischen Rohren, Leitungen, Heizkörpern oder Ventilen und der Umgebung können genutzt werden, um elektrische Energie zu erzeugen.“ Schon viele Jahre hält das IIS das Thema EH auf der Embedded-Messe hoch. Und in dieser Zeit hat man offensichtlich erfolgreich industrielle Anwender überzeugen können. Die Standbesatzung berichtet von „EH in Fenstern von Smart Homes. Logistische Systeme wie Container werden damit überwacht, Stillstandssensoren an Motoren versorgt, an Heizungsrohren messen sie Temperaturen für Smart Meter.“ Doch Herstellernamen dürfe man nicht nennen, winken Fraunhofer-Mitarbeiter ab. Dafür aber erläuterte EH-Entwickler Johannes Knauer ganz neue Ideen wie den BlueTEG, einen thermoelektrisch versorgten Funksensor oder das modulare, energieautarke Trackingsystem ENTRAS, bei dem „Energy Harvesting-Lösungen genutzt werden, um eine durchgängige und energieeffiziente Lokalisierung von Waren, Personen und Tieren zu ermöglichen.“
Aber nicht nur zum Thema Stromversorgung kleiner elektronischer Systeme war viel zu sehen: Auf der Embedded World wurden auch jede Menge innovative Lösungen für die Elektromobilität vorgestellt. So lief über dem Stand der Vector Informatik GmbH, einem „seit 30 Jahren kompetenten Partner für die Entwicklung von Elektronik im Automobil“ aus Stuttgart mit über 2.000 Mitarbeitern, ein riesiges Leuchtband zu „E-Mobility“. Gerade in der Zuliefer-Industrie scheint einiges in Bewegung.
Leoni, einst fast nur als Kabel- und Leitungslieferant bekannt, „wendet sich mit LEONiQ den Herausforderungen des Digitalzeitalters zu“. Hinter dem Werbespruch steht ein Temperatur-Monitoring, das über die gesamte Länge von Roboter- oder eben auch Ladeleitungen für E-Mobile möglich ist. Wird das Kabel an einer Stelle zu heiß, deutet das auf einen Fehler hin. Dies wird automatisch dem Ladesäulenbetreiber mitgeteilt. Und der kann frühzeitig einen Wartungstrupp losschicken, um im schlimmsten Fall einen Brand zu vermeiden.
Infineon und EBV luden gar zu einem kostenlosen Ein-Stunden-Webinar am 27. März ein. Thema: „Umfassende Lösungen für schnelles Emobil-Lade-Design.“ Anmeldung hier: ebv.com/infineonwebinar
Modis, einst als Ingenieurverleiher „Euroengineering“ bekannt, hat in seinem Technischen Büro Zwickau für Antriebstechnik und Elektronik unter anderem für das autonome Fahrzeug „Flait“ die Elektro-Radnabenmotoren entwickelt. Ein Flait-Prototyp stand auf der Messe.
Und auch Fraunhofer hatte etwas Interessantes am Start: DELTA, „IT-Sicherheit und Datenschutz für die Elektromobilität“ heißt ein System, das mit Software auf Open-Source-Standard den Betreiber einer Ladesäule erkennen lässt: „Die wurde gehackt“, beispielsweise durch Stromdiebe. Durch DELTA könne die Säulentechnik nicht mehr manipuliert werden, heißt es. „Es wird eine Vorschrift des BSI geben zur sicheren Abrechnung von E-Tankstellen“, war am Stand des FHG-SIT zu hören. Konkret werde die Kommunikation zwischen Ladesäule und Fahrzeug besser abgesichert als heute.
Fakt ist: Das Bundeswirtschaftsministerium unterstützt die Fraunhofer-Forscher bei DELTA durch das Programm „Elektro Power II“. Der Hintergrund: Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik plant einen entsprechenden „Rechtsrahmen“. Bis dahin soll alles sicher sein. Aber ob die Vorschrift wie angekündigt bis 2020 wirklich steht, scheint fraglich.