16.11.2018
World Energy Outlook 2018: Politik entscheidet über die langfristige Energiezukunft
Die internationale Energieagentur IEA hat ihren Jahresbericht, den World Energy Outlook (WEO), veröffentlicht. Dort wird unter anderem ein Anstieg des Weltenergiebedarfs von 25% bis 2040 bei steigenden CO2 Emissionen prognostiziert. Auch gilt bereits als sicher, dass die energiebezogenen CO2-Emissionen 2018 einen historischen Höchstwert erreichen werden. Die fünf Zukunftstrends im WEO sind: Ein global vernetzter Gasmarkt (dank LNG), Rückgang der Kohle, Boom des US-Schieferöls, Boom der Erneuerbaren (45% bis 2040) und eine steigende Energienachfrage. So rückt die Energie noch stärker in den Fokus der Geopolitik. Ein Fazit der Autoren: Die Politik entscheidet über die langfristige Energiezukunft.
Der WEO enthält aktualisierte Analysen, neueste Daten, Technologietrends und mögliche Folgen politischer Ankündigungen für den Energiesektor bis 2040. Darüber hinaus wird ein integrierter Weg zur Erreichung mehrerer Ziele der nachhaltigen Entwicklung aufgezeigt: Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs im Einklang mit dem Pariser Übereinkommen, Bekämpfung der Luftverschmutzung und Gewährleistung des allgemeinen Zugangs zu Energie. Diese Orientierungspunkte ermöglichen ein konsequentes Nachdenken über die Zukunft vor dem Hintergrund der Kostensenkungen bei wichtigen Technologien für saubere Energien, der anhaltenden Vitalität von Schiefer in den Vereinigten Staaten und der sich schnell verändernden Dynamik von Energieinvestitionen. Im diesjährigen Ausblick wird ein besonderer Fokus auf Strom gelegt. Die Zukunft ist elektrisierend, mit kohlenstoffarmen Technologien auf dem Vormarsch und einer Stromnachfrage, die doppelt so schnell wachsen wird wie der gesamte Energiebedarf. Aber wie wird der Stromsektor von morgen aussehen? Wie wird sie Investitionen fördern und eine zuverlässige Versorgung sicherstellen, und welcher Anteil unseres gesamten Energiebedarfs kann letztlich durch Strom gedeckt werden?
Das WEO 2018 untersucht auch die Emissionsintensitäten verschiedener Öl- und Gasquellen sowie die Möglichkeiten, diese zu reduzieren, und erweitert unser bahnbrechendes Szenario für nachhaltige Entwicklung um die Verknüpfungen zwischen Energie und Wasser. Hier ein paar Absätze aus der offiziellen Zusammenfassung:
Politik entscheidet über die langfristige Energiezukunft
Voraussetzung für eine rasche, kostenoptimierte weltweite Energiewende sind verstärkte Investitionen in umweltfreundlichere, intelligentere und effizientere Energietechnologien. Die politischen Entscheidungsträger müssen jedoch auch sicherstellen, dass alle Schlüsselelemente der Energieversorgung, einschließlich der Stromnetze, zuverlässig und robust bleiben. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die herkömmlichen Angebots- und Investitionsrisiken im Bereich fossiler Energieträger abnehmen. Im Zuge einer weltweiten Energiewende könnten sie sogar steigen. Die derzeitigen Veränderungen im Stromsektor erfordern ständige Wachsamkeit um sicherzustellen, dass das Marktdesign auch bei einer fortschreitenden Dekarbonisierung der Stromsysteme wirksam bleibt. Mehr als 70% der 2 Mrd. US$, die weltweit jedes Jahr sektorübergreifend für Investitionen in die Energieversorgung erforderlich sind, werden von staatlich gelenkten Unternehmen getätigt oder beruhen auf vollständigen oder teilweise staatlich geregelten Einnahmegarantien. Auch das Tempo der Energieeffizienzsteigerungen und der technologischen Innovation hängt von den Rahmenbedingungen ab, die von staatlicher Seite geschaffen werden. Staatliche Politikmaßnahmen und Präferenzen spielen also eine entscheidende Rolle für die künftige Entwicklung.
Die Welt baut an einem neuartigen Energiesystem, die Grundpfeiler zeigen allerdings
Risse:
- Erschwinglichkeit: Die Kosten von Photovoltaik und Windkraft sinken weiter, die Ölpreise stiegen 2018 jedoch zum ersten Mal seit vier Jahren auf über 80 $ pro Barrel. In einigen Ländern sind zudem die hart erkämpften Reformen staatlicher Subventionen für den Verbrauch fossiler Brennstoffe in Gefahr.
- Verlässlichkeit: Es bestehen nach wie vor Risiken für die Öl- und Gasversorgung, wie die Abwärtsspirale in Venezuela zeigt. Ein Achtel der Weltbevölkerung hat keinen Zugang zu Elektrizität, und von der Systemflexibilität bis hin zur Cybersicherheit stellen sich neue Herausforderungen für den Stromsektor.
- Nachhaltigkeit: Nach drei Jahren der Stagnation stiegen die weltweiten energiebedingten CO2-Emissionen 2017 wieder um 1,6%, und die ersten Daten lassen auf eine weitere Zunahme im Jahr 2018 schließen. Bei dieser Entwicklung können die Klimaschutzziele nicht annähernd erreicht werden. Energiebedingte Luftverschmutzung führt zudem weiterhin jedes Jahr zu Millionen vorzeitigen Todesfällen.
Emissionen und Zugang zu Energie: Wo stehen wir und wo wollen wir hin?
Im New Policies Szenario folgen die energiebedingten CO2-Emissionen bis 2040 einem langsamen Aufwärtstrend – weit entfernt von dem, was nach wissenschaftlichem Kenntnisstand erforderlich ist, um den Klimawandel zu bremsen. Die Länder sind insgesamt auf Kurs, um ihre im Rahmen des Pariser Klimaabkommens gemachten nationalen Zusagen zu erfüllen. Diese sind jedoch nicht ausreichend um sicherzustellen, dass die globalen Emissionen rechtzeitig den Scheitelpunkt erreichen. Der projizierte Emissionstrend steht für ein eklatantes Versagen der internationalen Gemeinschaft, die Umweltauswirkungen des Energieverbrauchs zu bewältigen. Die Senkung der wichtigsten Luftschadstoffemissionen in diesem Szenario reicht nicht aus, um den Anstieg der vorzeitigen Todesfälle infolge von Luftverschmutzung zu stoppen. Die Zahl der Menschen ohne Zugang zu Elektrizität sank 2017 erstmals unter eine Milliarde, doch auch beim Energiezugang bleibt der Trend hinter den globalen Zielen zurück. Im New Policies Szenario werden beim Energiezugang Fortschritte erzielt, vor allem in Indien. Allerdings bleiben mehr als 700 Millionen Menschen, vor allem in ländlichen Teilen Subsahara-Afrikas, bis 2040 ohne Zugang zu Elektrizität, und die traditionelle Nutzung von fester Biomasse zum Kochen geht nur langsam zurück. Unser Sustainable Development Szenario beschreibt eine integrierte Strategie, um Energiezugangs-, Luftqualitäts- und Klimaziele zu erreichen. Dabei tragen alle Sektoren und CO2-arme Technologien - einschließlich CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung – zu einer weitreichenden Transformation des globalen Energiesystems bei.
In diesem Szenario wird die Stromerzeugung umfassender und schneller auf emissionsarme Technologien umgestellt. Erneuerbare Energietechnologien sind das Hauptinstrument zur Sicherung des universellen Zugangs zu Energie. Durch die Nutzung aller wirtschaftlich tragfähigen Möglichkeiten der Effizienzsteigerung wird der Gesamtverbrauch 2040 auf dem heutigen Stand gehalten. Nicht nur der Anteil des Stroms am Endenergieverbrauch nimmt kräftig zu, sondern auch die direkte Nutzung von erneuerbaren Energien – Bioenergie, Sonnenenergie und Erdwärme – für Wärmeerzeugung und Mobilität. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromerzeugungsmix steigt bis 2040 von einem Viertel auf zwei Drittel. In der Wärmeerzeugung erhöht er sich von 10% auf 25% und im Verkehr von 3,5% auf 19% (sowohl direkte Nutzung als auch indirekte Nutzung, z.B. mit Strom aus erneuerbaren Energien). Im WEO 2018 haben wir zum ersten Mal auch den Aspekt Wasser in dieses Szenario aufgenommen. Dadurch kann aufgezeigt werden, wie Wassermangel Energieträger- und Technologiewahl beeinflussen kann und wieviel Energie erforderlich ist um einen universellen Zugang zu sauberem Wasser und Sanitärversorgung zu gewährleisten.
Für weitere Informationen www.iea.org/weo