30.08.2019
Windkraft-Schleppen auf hoher See
Eigentlich. Ja, eigentlich ist mit WIPAFF seit dem 30. April 2019 Schluss. Aber Ergebnisse? Die hat bislang nur die Technische Universität Braunschweig (TUB) in breiter Form veröffentlicht. WIPAFF heißt ausgeschrieben „Forschungsprojekts Windpark-Fernfeld“ und wurde von „Klimaforschern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) koordiniert“. Ermittelt werden sollten „Wechselwirkungen und lokales Klima“ rund um Offshore-Windparks. So ist es Schwarz auf Weiß in einer Presseinfo des KIT vom Februar 2016 nachzulesen.
Doch nach dreieinhalb Jahren hat offenbar nur die TUB ihr gewonnenes Wissen ffür die breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das aber im wahrsten Sinne. Denn auf der Webseite der Weltdatenbank für Erd- und Umweltwissenschaften PANGAEA sind seit Kurzem die Datensätze von 41 Forschungsflügen zu finden.
Diese sind kostenfrei herunterzuladen, von Menschen, die sich dafür allgemein interessieren genauso wie jenen, die selbst Offshore-Windparks planen oder bauen wollen. Die Daten – immerhin 750 Megabyte groß - sind nach dem Standard „Creative Commons 4.0“ quasi frei verwendbar. Natürlich bei Angabe der Urheberschaft.
Denn immerhin 1,75 Mio. Euro Fördergeld hat das Bundeswirtschafts- und Energieministerium BMWI an die fünf Projektpartner überwiesen. Etwa ein gutes Viertel davon floss an die TUB. Die Braunschweiger Wissenschaftler finanzierten damit vor allem ihre Messflüge in der Deutschen Bucht, Nordsee. Bei denen war das Forschungsflugzeug, eine Dornier Do 128-6 mit dem Kennzeichen D-IBU, "auf Augenhöhe mit den Windrädern". Die Flüge fanden zwischen September 2016 und Oktober 2017 statt. Und natürlich hat die TUB die Daten auch ausgewertet. Doch Astrid Lampert, am dortigen Institut für Flugführung für WIPAFF verantwortlich, stellt auf Nachfrage klar: „Im Rahmen des Projekts haben wir uns mit dem Fernfeld beschäftigt, also mit Auswirkungen im Bereich über 10 km. Mit der Optimierung der Abstände einzelner Windräder haben wir uns daher nicht beschäftigt.“
Die TUB hat sich also auch nicht um die „Wechselwirkungen und lokales Klima“ rund um Offshore-Windparks gekümmert. Diese Erkenntnisse und Auswertung hatten bei Projektbeginn die Koordinatoren des KIT versprochen. Ob es dazu eventuell bereits Veröffentlichungen aus Karlsruhe, von der Universität Tübingen, Helmholtz-Zentrum Geesthacht oder von und UL International GmbH (vormals DEWI Deutsches Windenergie-Institut) in Wilhelmshaven – den anderen WIPAFF-Projektpartnern - gegeben hat? Wir konnten das nicht herauszufinden. Denn von der Pressestelle des KIT erfuhr der Autor nur: Der Projektleiter sei noch einige Zeit unterwegs. Und ihn Vertretende konnte die KIT-Sprecherin ebenfalls innerhalb zweier Wochen nicht auftreiben.
Aus Braunschweig wiederum wurde verkündet: „Das Projekt hat uns wichtige Erkenntnisse gebracht, die unmittelbar in die weitere Planung des Windpark-Ausbaus der Nordsee einfließen.“ Speziell habe man weitreichende Nachläufe untersucht, „die sich bei stabiler atmosphärischer Schichtung herausbilden können, wenn warme Luft über die kühlere Meeresoberfläche strömt“. Selbst 50 Kilometer hinter den Windparks könne die Windgeschwindigkeit noch deutlich reduziert sein. Auf Nachfrage ergänzt TUB-Teilprojektleiterin Astrid Lampert: „Es wäre z.B. gut, den nächsten Windpark nicht gerade in Hauptwindrichtung in kurzem Abstand hinter einem schon vorhandenen Windpark zu platzieren.“ Eine Erkenntnis, die jedoch allgemein und schon lange in Windprojekte einfließt, offshore wie an Land.
Aber Lampert stellt gegenüber den DGS-News ausdrücklich noch einen anderen Punkt heraus: „Die langen Nachläufe sind an sich keine Argumente für oder gegen Offshore-Windparks.“