29.06.2018
Aus Intersolar Europe wurde The Smarter E Europe
Zuletzt zu Tode betrübte Branche jauchzt wieder himmelhoch: Früher fuhren Fachleute einmal im Sommer auf die „Intersolar“ am Münchner Messegelände, um eine Übersicht über den aktuellen Stand der Solartechnik zu bekommen. Vor einigen Jahren wurde das Angebot um die Fachschau „ees“ ergänzt, die sich um elektrische Energiespeicher dreht. Heuer kamen noch die Power2Drive für E-Mobilität und die EM-Power für Energiemanagement dazu. Und zusammen mit der Intersolar Europe wurde „The Smarter E Europe“, kurz SEE.
Doch warum der Namenswechsel bei einer eingeführten Messemarke? Markus Elsässer, als Geschäftsführer des Veranstalters Solar Promotion GmbH Pforzheim, will dadurch „die Plattform zukunftsträchtig gestalten“. Denn vor 30 Jahren, als das Pflänzchen Intersolar in Freiburg gesteckt worden war, „wurden die Erneuerbaren Energien (EE) angezweifelt. Heute führt kein Weg mehr an ihnen vorbei.“ Auch er habe sich „nicht vorgestellt, dass die Kosten so extrem sinken würden“. In Mexiko ging dieser Tage eine Solaranlage in Betrieb, bei der die Kilowattstunde (kWh) Strom für 1,97 US-Cent produziert wird. Außerdem gehe es inzwischen nicht um einzelne Technologien, sondern um die Kopplung der Sektoren Strom, Mobilität und Wärme. Das alles solle der neue Name ausdrücken. 50.000 erwartete Besucher, 86.000 qm Ausstellungsfläche und 1.200 Aussteller scheinen ihm recht zu geben.
Und die Messemacher setzen darauf, dass EE die Zukunft sind. Elsässer: „Die Investoren haben sich entschieden. 2017 sind zwei Drittel der weltweiten Kraftwerks-Investitionen in Erneuerbare gegangen, nur ein Drittel in Fossile und Atom.“
Wer Carsten Körnig in den letzten Jahren bei den Intersolar-Eröffnungspressekonferenzen erlebte, sah einen gebeugten, gebeutelten Manager. Doch an diesem Mittwoch hat man das Gefühl, da sitzt ein anderer Mensch, ein völlig neuer, stolzer Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft BSW auf dem Podium. Dennoch jubelt er nicht, als er verkündet: „Das Ausbauziel der Bundesregierung – 2,5 Gigawatt – wird dieses Jahr wohl endlich wieder erreicht. Dieser Tage wird die einmillionste Photovoltaik-(PV-)Anlage auf einem Eigenheimdach montiert, jede zweite neue hat inzwischen einen Batteriespeicher. Und der Geschäftsklimaindex ist fast wieder so wie im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends.“
Gerade auf „den Schub für Nachrüst-Speicher“, der nach dem Ende der 20-jährigen Förderung alter PV-Anlagen einsetzen werde, setzt Körnig. Genauso wie auf die Elektromobilität. „Die Menschen sind weiter als die Politik“, sagt er und meint die zögerlichen, ja gar „bremsenden Entscheidungen“ der bisherigen und der neuen Großkoalition aus SPD, CSU und CDU.
Der weltweite Aufschwung bei PV und EE sei da ein ganz anderer. Körnig ist „zuversichtlich, dass dieses Wachstum anhält“. Doch unzufrieden ist er auch mit dem nicht, was hierzulande passiert. Die neuerlich erwarteten 2,5 Gigawatt (GW) PV-Installationen – immerhin über 30 Prozent mehr als im Vorjahr; zwischenzeitlichem gab es gar einen Einbruch auf unter 1,5 GW im Jahr 2015 - sind für ihn „nicht ganz überraschend. Die Preise sind weiter gesunken, die Förderkulisse ist nicht schlechter geworden. Und wir haben darauf hingearbeitet“, gibt der BSW-Geschäftsführer einen Hinweis, dass die Lobbyarbeit des Verbands gewirkt hat. Als Argument spielten wohl auch die Arbeitsplätze eine Rolle: Die existieren in Deutschland weiterhin, allen Unkenrufen zum Trotz. „Wir bieten Qualität vom Silizium über Maschinen- und Anlagenbau bis zu Batteriesystemen. Die Wertschöpfungskette ist sehr breit. Aber im Modulbereich haben die Unternehmen schwer zu kämpfen“, nennt er das wohl größte Problem der Branche.
Doch auch da sieht er einen Sonnenstrahl: „Ein stabiler Heimatmarkt ist die Basis für neue Investitionen“, sagt er. Denn immerhin müsse die Regierung ja die vereinbarten Klimaziele im Blick haben. Und die seien nur mit Erneuerbaren zu erreichen; Wind und Solar sieht er dabei ganz vorne. Und „die Preisentwicklung. Zurzeit erreichen wir im Hausbereich 10 Cent/kWh. Das ist noch nicht das Ende“; auch bei Batterien, schiebt er nach. Und trotz der Erfahrungen der letzten Jahre hofft er auf die GroKo: „Im Rahmen des Klimaschutzgesetzes steht hoffentlich der Einstieg zum Ausstieg aus Kohle. Plus konkrete Instrumente, wie der Ausbau der Erneuerbaren geschafft werden soll.“
Eines aber steht laut Markus Elsässer heute schon fest: „Die EE haben die Energieversorgung auf den Kopf gestellt. Die Dynamik ist extrem geworden, der Wandel grundlegend.“ Ob daran auch die bisherige Intersolar ein bisschen Schuld trägt, das sagt der Messemanager nicht.