26.10.2018
Digitaler Zwilling und Enabler: Ein kurzer Einblick in die FVEE Jahrestagung 2018
Unter dem Motto „Die Energiewende – smart und digital“ präsentierten die Mitgliedsinstitute des ForschungsVerbund Erneuerbare Energien (FVEE) auf ihrer Jahrestagung am 17. und 18. Oktober im Umweltforum Berlin ihre aktuellen Forschung zur Digitalisierung im Energiesektor. Der Start in die Tagung war wie immer dem BMBF und BMWI mit einem Einblick in die politischen Rahmenbedingungen vorbehalten. 1,3 Mrd. Euro jährlich ist das Budget, das hinter dem frisch veröffentlichten siebten Energieforschungsprogramm steht. Neben allgemein zu erwartenden Themen wie Effizienz und Erneuerbaren Energien liegt ein Schwerpunkt des Programms auf so genannten „Reallaboren“. Damit soll ein beschleunigter Transfer von Innovationen in die Praxis erreicht werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Digitalisierung. Damit hat der FVEE mit dem Tagungsthema ganz aktuell ins Schwarze getroffen.
Digitalisierung spielt eine besondere Rolle in der Transformation des Energiesystems. Wie auf der Tagung mehrfach betont wurde, wird es bei zukünftig bis zu 18 Mio. Einzelanlagen (im Vergleich zu ca. 300 Kraftwerken im „alten“ System) mit den herkömmlichen Kommunikationsmethoden zwischen den Betreibern nicht mehr funktionieren. Die Digitalisierung mit ihren Möglichkeiten für Information und Kommunikation wird für die Regelung, Steuerung, Überwachung von Anlagen und für die Prognose der Einspeisung aus den fluktuierenden Erneuerbaren Energien Sonne und Wind benötigt. Dafür wird eine informationstechnische Erschließung des gesamten Energiesystems (bis zum Verbraucher) anvisiert.
Neben der Vorstellung verschiedener Studien und Forschungsprojekte zur globalen Energiesystemtransformation wurde in den Tagungsvorträgen ein Einblick in die gesamte informationstechnische Prozesskette gegeben sowie in Forschungsprojekte zu Einzelsystemen und gekoppelten Systemen, wie beispielsweise der multikriterielle Betrieb von Energiespeichern, der vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) untersucht wird und Untersuchungen am Institut für Solarenergieforschung (ISFH), Fraunhofer ISE und KIT von Systemen die Wärmepumpen und Solaranlagen (PV und Thermie) kombinieren. In verschiedenen Vorträgen wurde auch die Analyse von zellulären Strukturen von Energiesystemen aufgegriffen, wie in dem Vortrag zum Projekt „c/sells“ des Förderprogramm "Schaufenster intelligente Energie“ (SINTEG) oder in dem vorgestellten Konzept der „Energiewabe“ vom Institut für ZukunftsEnergie- und Stoffstromsysteme (IZES). Im letzten Block wurden dann auch noch die Verbraucher beleuchtet. Es ging um die flexible Sektorkopplung in der Industrie, um Aggregation von Wärme, Strom und Mobilität, um Wärmepumpen und um smarte und vernetzte Gebäude.
Die Tagung war von zwei Worten geprägt – der Digitale Zwilling und der Enabler. Während der „Digitale Zwilling“ für „Simulationsmodelle“ von Systemen und Komponenten steht ist der „Enabler“ ein schönes Synonym für Hilfsmittel, die in verschiedenen Bereichen der Energiewende etwas ermöglichen. Also Digitalisierung als Enabler der Energiewende, Echtzeit-Datenmanagement als Enabler für neue Handelsprozesse (z.B. Peer-to-Peer-Handel).
Nicht zu finden in den Vorträgen ist die immer noch aktuelle Diskussion um die zwei Alternativen des Smart Homes, die nur in einer Randdiskussion zur Sprache gebracht wurde: Herausgabe von Daten und Steuerung versus Steuersignale der Versorger von außen mit einer hausinternen Regelung, die keine Daten zur Verarbeitung heraus gibt. Auch die von Matthias Hüttmann im Editorial der SONNENENERGIE 2|18 angesprochene „digitale Suffizienz“ war kein Thema. Nur bei der Thematik Blockchain wurde über immensen Datenverkehr und damit einhergehende hohe Energiebedarfe gesprochen. Angesprochen wurde Dateneffizienz – wie beispielsweise die spartenübergreifende, gemeinsame Nutzung von Daten. Das hier genannte Beispiel war der Bedeckungsgrad, der gleichermaßen für den Solar- und den Automobilsektor interessant ist für die Einspeisungs- respektive die Sichtvorhersage.
Bei so viel Digitalisierung wurde auch die Frage aufgeworfen, wer die Player der zukünftigen Energieversorgung sein werden: Die IT-Branche oder die Energiewirtschaft, die IT nutzt um nachhaltige Energieversorgung umzusetzen. Beantwortet wurde sie nicht. Im Hinblick auf die Vertrauenswürdigkeit der Digitalisierung der Energiewende betonte Professor Kurt Rohrig vom Fraunhofer IEE, dass die Sicherheit des Energiesystems bei der Entwicklung neuer Versorgungsstrukturen eine besondere Rolle spielt und dass besondere Situationen durch Fehlentwicklung selbstverständlich zu vermeiden sind. Wie genau das sichergestellt werden kann und welche Forschungsprojekte sich der Thematik widmen, war nicht Thema. Die Präsentationen der Tagung werden Anfang November auf der Seite des FVEE veröffentlicht. Es lohnt sich darin zu stöbern.
Dipl. Ing. Berit Müller
Geschäftsführerin des DGS Landesverband Berlin-Brandenburg