25.05.2018
Salzwasser, sonst (fast) nix
Saubere Stromspeicherung mit kleinen Fragezeichen: Ja, sauber! So kurz und knapp könnte man das Stromspeicher-System Greenrock zusammenfassen, das die österreichische Firma Bluesky Energy seit ein paar Jahren im Programm hat. Vor allem, weil ihre „Salzwasser-Technologie die sicherste und umweltfreundlichste Art ist, Strom zu speichern“; darauf sind die Greenrock-Entwickler aus Vöcklamarkt um Geschäftsführer Helmut Mayer stolz.
Hunderte solcher Systeme haben die Österreicher weltweit schon installiert. Die machen zum Beispiel Wohnhäuser autark, Firmen sicher vor Netzausfällen, Solarstrom für die Nachtladung von E-Mobilen nutzbar. Bluesky Energy wurde 2012 gegründet mit dem „Ziel, alternative Energiespeicher zu entwickeln. Erste Versuche liefen mit Redox-Flow-Batterien“, erinnert sich Marketingfrau Brigitte Ritzer. Seit etwa vier Jahren aber sei für das Unternehmen und seine „kompletten installationsfertigen Lösungen“ die Salzwasser-Batterie das Maß aller Dinge. Denn Mitte 2014 begann das US-Unternehmen Aquion Energy, kommerzielle Zellen mit dieser Technologie auszuliefern. Auch an Bluesky. Doch spätestens seit dem 8. März 2017 ist alles anders: Da entstand aus der „bankrotten“ alten Aquion eine neue Firma unter chinesischen Besitzern. Und die alten Lieferantenverträge wurden über Nacht ungültig, wie zu lesen und zu sehen ist.
„Auch wir hatten uns um Aquion beworben, aber keinen Zuschlag erhalten“, bestätigt Brigitte Ritzer gegenüber der SONNENENERGIE-Redaktion. Deshalb habe Bluesky zur selbst entwickelten, kompletten Greenrock-Elektronik einen zweiten Salzwasser-Zellenlieferanten gesucht. Helmut Mayer spricht in einem Interview im pv-magazine von „der neuen Salzwasser-Technologie-Generation von Benan Energy aus China“.
Bis heute aber sind in den Systemdarstellungen Aquion-Zellen zu sehen. „Das wird in den nächsten Wochen anders“, ist Ritzer hoffnungsfroh. Probleme bei Patenten sieht sie für die neuen Zellen nicht. „Wir brauchen solche Salzwasserspeicher-Systeme, vor allem für stationäre Anwendungen“, sagt DGS-Präsident Bernhard Weyres-Borchert. So ist der Salzwasser-Elektrolyt prinzipiell ungefährlich: Bluesky-Chef Mayer trinkt das in einem Film sogar.
Auch der Stack-Aufbau besteht aus offenbar unkritischen Materialien: Edelstahl, Baumwolle, Kohlenstoff-Titan-Phosphat, Manganoxid. Und bei Aquion war das Gehäuse bisher sogar aus rezykliertem Kunststoff hergestellt, ist sogar „Cradle to Cradle Bronze“-zertifiziert. Dagegen verwenden die heute hochgelobten Lithium-Ionen-Akkus (LiIon) auch seltene und kritischere Materialien.
Fachleute loben bei den Greenrock-Systemen die Tiefentladefestigkeit – auch eine komplette Strom-Leerung sollen sie problemlos überstehen – oder die Transportmöglichkeit: Sie sind ganz normal zu befördern, weil weder brennbar noch explosionsgefährdet und damit auch kein Gefahrgut.
Die gespeicherte Strommenge ist variabel – Stacks werden einfach in Reihe oder parallel zusammengebaut. Und: Die Systeme sind sehr zyklenfest. Nur einen kleinen Wermutstropfen findet mancher Fachmensch im Salzwasserglas: Anders als LiIon-Akkus ist der Greenrock-Entladestrom begrenzt. Für Antriebe – zum Beispiel von Elektroautos – sind die salzigen Speicher also nicht gut geeignet. Auch das im Vergleich größere Gewicht und Volumen sprechen gegen den mobilen, aber genau deshalb auch für den stationären Einsatz der Salzwasser-Stromspeicher.
In China wurde übrigens ein biegbarer Mini-Salzwasser-Akku für „Waerables“ entwickelt, also für Kleidung. Der ist auch für den damit angezogenen Menschen ungefährlich, wenn er mal bricht. Wer weiß also, ob nicht Technologie-Entwicklungen bei Größe, Gewicht, Entladestrom und Preis noch bessere, sauberere Lösungen für stationäre Salzwasser-Akkus schaffen?
Heinz Wraneschitz