24.03.2017
Mieterstromgesetz statt Mieterstromverordnung
Das erst vor kurzem verabschiedete EEG 2017 sollte ursprünglich mithilfe einer sogenannten Mieterstromverordnung im Detail geregelt werden. Nun hat das zuständige Bundeswirtschaftsministerium den Verbänden, u.a. anderem auch der DGS, jedoch einen Entwurf eines sogenannten „Mieterstromgesetzes“ zur Stellungnahme übersandt. Anstelle der erhofften Gleichbehandlung mit der Eigenversorgung soll es nun eine eigene Förderung für den im gleichen Wohngebäude erzeugten und „gelieferten“ Strom geben. Die DGS wird zu dem Gesetz noch explizit Stellung nehmen. Vorab eine kurze Zusammenfassung der Thematik.
Mieterstrom finanziert das Umlagesystem
Die Förderung soll vom jeweiligen „anzulegenden Wert“ nach § 23 EEG ausgehend mit einem Abzug von 8,5 ct./kWh kalkuliert werden. Das ergibt etwa drei bis vier Cent Förderung pro kWh, die als Zuschuss zum Erlös aus der Belieferung der Bewohner gezahlt wird. Der geförderte Strom wird aber voll EEG-umlagepflichtig sein. Mieterstromanbieter zahlen also die Umlage auf den an Letztverbraucher gelieferten Strom von derzeit 6,88 ct/kWh in das EEG-System ein und erhalten für dieselbe Kilowattstunde 3 bis 4 Cent als Förderung zurück. Per Saldo bleibt ein Beitrag ins Umlagesystem von 3 bis 4 Cent, der neben den Erzeugungskosten und Nebenkosten des Mieterstrommodells über einen entsprechenden Strompreis der Mieter erwirtschaftet werden muss.
Mieterstromer werden damit trotz Förderung einen Beitrag zur EEG-Finanzierung leisten, statt das System etwas zu kosten: Gleich große Anlagen, die Strom aus Erneuerbaren Energien mit entsprechender Förderung ins Netz einspeisen, kosten dagegen den Fördertopf nach wie vor Geld. Nicht nur teilnehmende Vermieter und Mieter profitieren also vom Mieterstrom, sondern alle Stromkunden, die EEG-umlagepflichtigen Strom beziehen.
Viele bleiben außen vor
Die Förderkriterien sind gleichwohl eng auf kleine Projekte innerhalb desselben Wohngebäudes beschränkt. Gebäudeübergreifende Lösungen oder gar Quartiersstrom bleiben außen vor. Gefördert werden sollen außerdem nur neu errichtete PV-Anlagen bis 100 kWp. Die Umstellung vorhandener Anlagen auf Mieterstrom ist im Entwurf nicht vorgesehen.
Hinzu kommt eine Deckelung der Förderung auf 500 MWp zu errichtende Gesamtleistung pro Jahr. Wird mehr zur Förderung angemeldet, stoppt die Bundenetzagentur für das jeweilige Jahr die Förderung für weitere Anlagen. Wer ein Projekt nicht gleich zu Jahresbeginn in Betrieb nimmt, muss also genau auf deren Veröffentlichungen achten. Ein schweres Hemmnis für die Planung solcher Projekte. Verschiedene steuerliche Probleme für Vermieter und Wohnungsbaugenossenschaften, die diese bisher an Mieterstrom-Angeboten hinderten, sollten ausgeräumt werden; die Regelungen fehlen jedoch im aktuellen Entwurf.
Die Förderung setzt schließlich eine „Lieferung“ voraus, die im gleichen Gebäude, aber nicht zwingend an Mieter erfolgen muss. Auch Wohnungseigentümergemeinschaften zum Beispiel können die Förderung erhalten. Eigenversorger bleiben dagegen außen vor. Aber deren direkte EEG-Umlage-Rabatte sind ohnehin günstiger. Lediglich die die Abgrenzung macht Probleme.
Probleme nicht gelöst, Aufwand unverhältnismäßig
Nicht beseitigt werden nämlich die seit Jahren bestehenden Abgrenzungsprobleme zwischen Eigenversorgung und Stromlieferung. Da aber jede Stromlieferung – auch ohne förmlichen Stromliefervertrag – gefördert wird, kann die Förderung für Anlagen-Mietmodelle oder Gemeinschaftsversorgungen in Bereich von Wohngebäuden als „Rückfallszenario“ dienen, wenn die Eigenversorgung nicht anerkannt wird. Hier müssen aber formelle Voraussetzungen beachtet werden, die wie alles im aktuellen EEG kompliziert und problematisch sind. Ein gewaltiges Problem stellen auch die Messung und Abrechnung dar: Für eine verhältnismäßig kleine Anlage auf einem Mietshaus müssen im geplanten Mieterstrommodell die in die Eigenversorgung des Vermieters (Gemeinschaftsanlagen) fließenden Strommengen, die Belieferung der Mieter aus der Anlage im Haus und die ins Netz eingespeisten bzw. aus dem Netz entnommenen Mengen jeweils getrennt erfasst und getrennt voneinander nach jeweils verschiedenen Kriterien abgerechnet werden. Für die Abrechnung gelten die gleichen Formalia und Stromkennzeichnungspflichten des Energiewirtschaftsgesetzes, die auch für große Stromversorger gelten.
Einfach geht anders
Man könnte es einfacher haben: Hierzu müsste man schlicht jeglichen im Haus (der „Kundenanlage“) bleibenden Strom EEG-rechtlich gleich behandeln, entweder EEG-Umlage-frei oder zu dem bekannten vergünstigten Satz. Mehr Förderung wäre nicht nötig. Die relevanten Regelungen wären auf wenige Paragraphen zu reduzieren, die jeder Laie verstehen könnte. Statt in komplizierte Zähler könnte in einen weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien investiert werden. Dezentrale Modelle könnten florieren.
Die Weichen für die dezentrale Versorgung aber sind schon lange vor der Arbeit an diesem Gesetz anders gestellt worden, und der Mieterstrom ist von vornherein nur der Trostpreis. Das ist misslich, aber besser als gar nichts. Man muss nehmen, was man kriegen kann.
Mit einem Inkrafttreten des Gesetzes ist im Juli 2017 zu rechnen. Für die Aufnahme der Förderung muss allerdings auch noch die beihilferechtliche Genehmigung der EU abgewartet werden.
Den vollständigen Text des aktuellen Entwurfs finden Sie unter www.green-energy-law.com.
Ergänzende Info
Der soeben erschienene Leitfaden Mieterstom (Download) ist eine gemeinsam abgestimmte Position der Initiative Solarcluster BW, den Solarbranchenverbänden (u.a. der DGS) und den wichtigen Netzbetreibern. Ausgehend von einer Initiative des Solarcluster BW stellt er eine möglichst unbürokratischen Umsetzung der kommenden Mieterstromförderung und in sich abgestimmte Mess- und Zählkonzepte dar.
Hinweis
Den Autor können Sie in mehreren Seminaren der Solarakademie Franken in Nürnberg treffen:
- Am 29. März leitet er das Rechtsseminar Solaranlagenkauf – was ist rechtlich zu beachten? (Details) statt. Das Seminar behandelt die zivilrechtlichen Vertrags- und Rechtsverhältnisse rund um den Verkauf von Photovoltaikanlagen auf dem Erst- und Zweitmarkt.
- Am 30. März ist er einer der Referenten des DGS-Expertenforum: Verkehrswertermittlung und Zweitmarkt für Photovoltaik (Details). Das beschäftigt sich diesmal mit den zentralen Aspekten von Verkehrswertgutachten und dem Zweitmarkt für Photovoltaik.
- Am 05. Mai schließlich referiert er in einem Seminar zu Mieterstrom. Der Seminartitel lautet: Update Eigenversorgungs- und Mieterstrommodelle (Details).