22.09.2017
CO2-Abgabe für Wärmemarkt: Eher Trojanisches Pferd denn Anschub für Erneuerbare
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) hat am 18. September einen „Vorschlag für eine CO2-Bepreisung im Wärmemarkt“ vorgestellt. Zwei Monate zuvor hatte er bereits für eine CO2-Steuer auf Strom „eine marktwirtschaftliche Lösung für den Stromsektor“ auf den Tisch gelegt. Bislang gebe es im Wärmemarkt „nicht die richtigen Anreize, um moderne Technologien und Erneuerbare Energie einzusetzen, da die Kosten für eine Entsorgung der Emissionen in der Atmosphäre nach wie vor nicht beim Anlagenbetrieb anfallen, sondern stillschweigend vergesellschaftet werden“, lautete die Erklärung von Dr. Peter Röttgen, dem neuen Geschäftsführer des BEE. Das klang, ähnlich wie beim Vorschlag für eine CO2-Bepreisung beim Strom, nach einem marktwirtschaftlichen Steuerungsinstrument.
Seinen Vorschlag hatte der BEE nicht selbst ausgearbeitet, sondern das Wirtschaftsforschungs- und Beratungsunternehmen Prognos mit einer Studie beauftragt. Deren Ergebnis sieht so aus, dass eine Ergänzung der Energiesteuer auf fossile Brennstoffe um eine CO2-Komponente in Höhe von 25 Euro pro Tonne CO2 inklusive eines Rückerstattungsmodells vorgeschlagen wird. Erstaunlich daran ist, dass es sich dabei weniger um eine neue Idee, sondern um eine Übernahme des in der Schweiz seit zwei Jahrzehnten stufenweise entwickelten Modells einer CO2-Abgabe mit Rückerstattung an alle Bürger (über die Krankenversicherung) handelt. Bereits beim Handel werden die fossilen Brennstoffe mit der Abgabe belastet. Je nach Verbrauch erhalten alle Schweizer Haushalte pro Kopf eine Rückverteilung, die 2016 durchschnittlich 88 Franken betragen habe. Ergänzend gibt es im Alpenland ein nationales Gebäudeprogramm, das die Haus- und Immobilienbesitzer zu einer energetischen Modernisierung anreizen soll.
Bei der deutschen Anpassung des Modells stellt der BEE die Frage der sozial gerechten Rückerstattung in den Mittelpunkt. In der Schweiz bestehe der Schwachpunkt darin, dass einkommensschwache Haushalte stärker belastet würden. Was dort wenig diskutiert werde, wolle man hierzulande aber anders handhaben. Prognos habe drei verschiedene Modelle und ihre Auswirkungen untersucht, nach denen man eine vollständige Rückvergütung der zusätzlichen Steuereinnahmen in Höhe von 3,4 Mrd. Euro an die Haushalte vornehmen könne. Eine Rückerstattung, die sich an einem Haushalt und der Anzahl in ihm lebender Bewohner orientiert, garantiere die gerechteste Verteilung. Man könne sich einen Einwohner- oder Haushaltsscheck vorstellen, müsse aber noch mögliche Kanäle für die Rückerstattung prüfen. Das brauche nicht über die Steuerbehörden laufen, es sei auch ein Modell wie die GEZ vorstellbar.
Je mehr Emissionen eingespart werden, desto mehr Geld verbleibt unterm Strich beim Verbraucher, so das regelungsgläubige Fazit des BEE. „In Deutschland würde eine Energiesteuer mit CO2-Gewichtung schon beim relativ geringem CO2-Preis von 25 Euro je Tonne eine Lenkungswirkung und Vorzieheffekte zugunsten klimafreundlicherer Energieträger bewirken“, schlussfolgert der BEE forsch. Allerdings könne man den CO2-Einspareffekt nicht genau abschätzen. Aber die Rückverteilung sei fair, sozial und transparent. Es fällt auf, dass hinter dieser Behauptung die Frage, welchen Einfluss ein Mieter durch eigenes Einsparverhalten ausüben könne, einfach verschwindet. Denn tatsächlich ist es so, dass die Entscheidung über eine moderne Heizungs-oder gar Solartechnik unverändert beim Hausbesitzer liegt. Und der orientiert sich nach wie vor an den vorhandenen Förderprogrammen von BAFA und KfW. Und die haben sich in Sachen Erneuerbare Wärme als wirkungslos erwiesen.
Wie sich der Förderdschungel mit dem Vorschlag der CO2-Abgabe aushebeln ließe, bleibt ein Geheimnis des BEE. Was stattdessen ins Auge sticht ist der Fakt, dass kein Mechanismus erkennbar ist, der sich speziell zugunsten der erneuerbaren Wärmetechnologien auswirken könnte. Genau dieser Aspekt wäre bei einem Vorschlag des Bundesverbandes Erneuerbare Energien eigentlich zu erwarten gewesen. Stattdessen umschifft der BEE diese Frage und zieht sich auf die Metapher von der Lenkungswirkung zugunsten moderner Effizienztechnologien zurück. Darin passt er sich, zwar nicht auf den ersten Blick erkennbar, doch an die Vorstellungen des Bundeswirtschaftsministeriums mit seinem Grünbuch Energieeffizienz an. Was bleibt ist ein weiteres neoliberales Modell, das mit Marktlenkung ordnungsrechtliche Maßnahmen verhindern will und dafür in der Praxis bereit ist, ein Stufenmodell zu akzeptieren, nach dem erst die effizienten Gasbrennwertgeräte den Markt durchdringen müssen, bevor Erneuerbare zum Zuge kommen könnten.
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