22.06.2018
Wärme und Warmwasser „für´n Appel und`n Ei“
In mehreren Neubaugebieten hat die Unterfränkische Überlandzentrale e.G. (ÜZ) Lülsfeld beispielhaft gezeigt: Wenn der Energieversorger dahintersteht, dann kann das Heizen mit Wärmepumpen zum Standard werden.
„Es ist nicht alles gut beim Strom“, gibt Gerd Bock, der Geschäftsführende Vorstandsgenosse der ÜZ, zu. Denn ein großes Ziel ist, „Strom in weitere Anwendungen zu bringen. Doch das geht nicht, wenn knapp 60 Prozent vom Strompreis Steuern und Abgaben sind“, bringt er seine Kritik auf den Punkt.
Dennoch schiebt die ÜZ in einigen Neubaugebieten den Wärmepumpeneinsatz an. Zum Beispiel in Schwebheim, „Strüdlein Ost“. Für jedes der dort möglichen 13 Einfamilienhäuser hat sie angeboten, 85 Meter tiefe Löcher für Erdwärmesonden bohren lassen. Kostenpunkt: 12.000 Euro netto. Immerhin elf Neubaubesitzer haben das Angebot angenommen, mit einer Solewasserwärmepumpe zu heizen. Und genauso viele können den per fernsteuerbarem Smart Meter angebotenen „ÜZ-Tarif 4: Regelheizung“ nutzen. Der macht es möglich, das Wasser in einem Pufferspeicher mit eingebautem 6-kW-Tauchheizkörper per kostenlosen Börsenstrom aufzuheizen. Das ist oft dann der Fall, wenn das Angebot von Sonne oder Wind den Verbrauch übersteigt. „Regelheizung fürn`n Appel und`n Ei“ nennt das ÜZ-Chef Bock.
Laut Energieberater Bernhard Bedenk hat sich „unser Unternehmen rigoros der Energiewende unterworfen“. Weshalb die ÜZ auch dieses Faktum positiv herausstellt: „Nirgendwo in Deutschland wird prozentual mehr Strom aus Photovoltaikanlagen in das eigene Netz eingespeist als bei uns“, oft ein Mehrfaches des gleichzeitigen Verbrauchs.
Warum ihn also nicht in nahen Pufferspeichern zu Wärme umwandeln oder Wärmepumpen ferngesteuert zur Netzstabilisierung nutzen? Dazu hat die Genossenschaft den „Tarif 3: ÜZ-Sonne“ entwickelt. Der „wird bei hoher EEG-Einspeisung geschalten und verdrängt damit Hoch-Tarif Bezug beim Kunden“.
„Am Nützelbach“ in Gerolzhofen hat die ÜZ auf jedem Grundstück 85 Meter tiefe Erdwärmesonden-Löcher bohren lassen. Ein Grund: Die Kompletterschließung mit Erdsonden gehe schneller, als wenn jede einzelne Bohrung bei den Bergämtern der Regierungen beantragt werden müssten, so die Erfahrung. Immerhin auf 30 von 31 Grundstücken wird diese „Kaltwärme“ auch tatsächlich genutzt; ein Besitzer setzt dagegen auf einen Erd-Flächenkollektor.
In einem >KfW-Effizienzhaus 40< wird die „Naturenergie-Nutzung“ auf die Spitze getrieben: Eine 7,5-kW-Photovoltaik-Anlage kann die drehzahlgeregelte Solewärmepumpe sogar ohne Batterie bei geringer Einstrahlung starten. Eine Heiz- und Kühldecke verteilt im Winter die Wärme optimal, und kühlt die Räume im Sommer spürbar. „Dabei wird kühle Sole über einen Wärmetauscher geführt und dabei das Wasser in der Kühldecke abgekühlt. Die Wärme wird in die Erdsonden abtransportiert und regeneriert die Sonden“, erklärt die ÜZ.
In ihrem Verwaltungsbau geht sie heiztechnisch ebenfalls voran. Die Abwärme, die im Rechenzentrum anfällt, wird durch einen Pufferspeicher geleitet. Dieser wiederum ist die Wärmequelle für eine Sole-Wärmepumpe. Zum Heizenergiebedarf des ganzen Gebäudes - etwa 820.000 kWh - steuert die Abwärme der Rechner allein 28 Prozent bei. Die Lülsfelder hoffen, damit anderen kleineren Versorgern als Vorbild zu dienen.
Das „Bauern-EVU ÜZ“ (Bock) wurde 1910 gegründet. Heute betreibt die e.G. Verteilnetze in fünf unterfränkischen Landkreisen rund um Schweinfurt. Die etwa 3.300 Genossen stammen aus 139 Ortsteilen des Netzgebietes. 135 aus ihren Reihen bilden die Vertreterversammlung, das Beschlussorgan. Dass der Land-Versorger in die Zukunft denkt, zeigen 600 km verlegte Lichtwellenleiter für die Kommunikation, aber auch die „Investition in die eigene Stromerzeugung aus Windkraft und Solarstrom“.
Für ÜZ-Chef Bock sind seine Pilotprojekte „die weitergedachte Energiewende. Wir zeigen, dass eine Versorgung mit erneuerbarer Energie vor Ort möglich ist. Und die Wärmepumpe ist ein wertvolles Werkzeug zur Sektorenkopplung von Strom und Wärme.“