21.09.2018
Batterietechnik aus Sicht der Forschung
Der Forschungsverbund Antriebstechnik (FVA) kommt ursprünglich aus dem Bereich der mechanischen Antriebstechnik und begleitet z.B. die Entwicklung und Optimierung von Getrieben im Fahrzeugbau. Er sitzt als Bindeglied zwischen der Industrie und den Forschungsinstituten, bündelt Interessen und setzt zahlreiche Forschungs- und Entwicklungsprojekte um, die dann den beteiligten Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Seit einiger Zeit hat er sich auch den elektrischen Antrieben verschrieben und vergibt hier Forschungsaufträge unter anderem an Fraunhofer-Institute.
In einem Grundlagenseminar wurde am Fraunhofer ISE in Freiburg in dieser Woche der Stand der Batterieforschung deutlich, die DGS war gemeinsam mit etlichen Teilnehmern aus der Autoindustrie dabei. Neben den physikalischen und technischen Grundlagen wurde auch die zukünftige Batterietechnik diskutiert, was jedoch einem Blick in die Glaskugel gleicht. Rückblickend auf die vergangenen Jahre blieben die Forschungsfortschritte oftmals weit hinter den angestrebten Zielen zurück. Nachdem die deutsche Auto-Zulieferindustrie derzeit einen Einstieg in die Batteriefertigung der aktuellen Lithium-Ionen-Technik abgelehnt hat, verweisen z.B. Continental und VW auf die Feststoffbatterie, die ab 2025 verfügbar sein soll. Bis dahin sind gemäß den Fraunhofer-Forschern aber noch etliche Hürden bei Forschung und Entwicklung zu überwinden, um diese Batterietechnik nutzbar zu machen. So muss es gelingen, den festen Elektrolyten in das poröse Anodenmaterial zu bringen. Wie das bis 2025 gelingen soll bleibt offen. Feststoffbatterien sind derzeit in der Entwicklung und versprechen große Steigerungen bei Energiedichte und Sicherheit, da kein flüssiger Elektrolyt mehr Einsatz findet. Zukunftsideen wie eine Lithium-Luft-Batterie werden selbst bei den Fraunhofer-Forschern als „Science-Fiction“ bezeichnet.
Beim Ausblick auf die Batteriepreisentwicklung wurde deutlich, dass die Preise aufgrund der Skaleneffekte weiter sinken werden. Dabei hängt jedoch ein großer Preisanteil - von 50 bis 70 Prozent, je nach Zelltechnik - von den Rohstoffpreisen ab, diese sind wiederum stark von der Marktentwicklung und den politischen Rahmenbedingungen abhängig und können kaum prognostiziert werden. So stammt die Hälfte des derzeit weltweit geförderten Cobalts aus dem Kongo. Etliche Forschungsanstrengungen zielen derzeit darauf, durch Materialkombinationen den Cobalt-Anteil zu reduzieren. Eine typische NCM-Batterie mit 60 kWh Kapazität für den Bereich E-Mobilität benötigt heute in der Herstellung rund 18 kg Cobalt.
Bei den Batteriezellenherstellern ist derzeit zu beobachten, dass diese versuchen, ihre Marge dadurch zu erhöhen, dass sie nicht mehr die reinen Batteriezellen liefern, sondern vermehrt nur ganze Batteriepacks anbieten. In der Herstellung der Packs, dass heißt der Verschaltung von Zellen zu Zellpaketen und der Kombination mit entsprechender Überwachungs- und Steuerelektronik, ist deutlich mehr Geld verdient. Auf das Packen der Zellen kann nicht verzichtet werden, liefern die einzelnen Batteriezellen doch – unabhängig von ihrer Größe meist nur Spannungen von um die 3,7 Volt. Autohersteller gehen – wie Heimspeicheranbieter auch – derzeit den Weg zu Hochvolt-Systemen bis auf 400 bis 800 Volt Gesamtspannung, um damit die Stromstärke bei gleicher Leistung zu verringern und dann dünnere Kabel verwenden zu können. Dazu ist die Verschaltung einer großen Zahl an Batteriezellen mit der entsprechenden elektronischen Überwachung zwingend erforderlich.
Das wird auch von verschiedenen Seiten für die Zukunft Europas in der Batterietechnik gehalten: Nicht die Großfertigung der Batteriezellen, die neben dem hohen Energiebedarf auch viel Abwasser als Umweltnachteil am Produktionsstandort hinterlässt, sondern die Herstellung von Packs und der Elektronik für die optimale Ansteuerung der Batteriezellen. Insbesondere im Elektronikbereich sind hier die Europäer derzeit schon führend. Und es wird erwartet, dass der Markt stark expandiert: Nach einer aktuellen Handelsblatt-Prognose steigt der Bedarf im Bereich E-Auto-Batterien von heute 74 GWh auf 213 GWh im Jahr 2020 und 794 im Jahr 2025.
Mit immer höheren Stromstärken sollen die Autobatterien zukünftig immer schneller geladen werden. Doch aufgrund der Batteriesicherheit und der Ladesteuerung bedeutet eine doppelte Stromstärke nicht eine Halbierung der Ladezeit, sondern nur eine kleinere Verkürzung. Hinsichtlich der Lebensdauer ist eine geringere Belastung beim Laden und Entladen immer vorteilhaft. Die neuen Batterien hier robuster zu gestalten und auf die Wünsche der Autohersteller einzugehen, ist eine aktuelle Aufgabe.
Die Sicherheit von Batterien bleibt bei der Entwicklung ein zentrales Thema, gerade bei neuen Zellkonzepten, die derzeit noch Probleme haben, dass sich z.B. die Zellen beim Laden ausdehnen und beim Entladen wieder zusammenziehen. Bei der heutigen Technik ist dieser Effekt recht klein, je nach Zellchemie (z.B. mit Schwefel) kann das aber bedeutsam werden und die Entwickler vor große mechanische Probleme stellen. Bei heutigen Zellen ist die interne Sicherheit gegenüber den Zellen von vor einigen Jahren – mindestens bei den namhaften Herstellern - deutlich verbessert.
Das Fraunhofer ISE, das auch Mitglied bei der DGS ist, wird bis 2019 in Freiburg ein Batterie-Testzentrum einrichten, in dem Batterien dann insbesondere für die Zertifizierungen im Fahrzeugbereich getestet werden sollen. Das ist für die Autohersteller ein anspruchsvolles Feld, gelten doch neben den europäischen auch internationale Normen (bei uns bekannt z.B. für den Batterietransport). China und die USA haben zusätzlich eigene Normen erstellt. Fahrzeughersteller die Ihre Autos weltweit verkaufen wollen, müssen daher auch die Batterien nach vielen verschiedenen Normen testen. Vor allem das chinesische Normenpaket gilt dabei als besonders anspruchsvoll.
Jörg Sutter
Forschungsvereinigung Antriebstechnik (FVA): www.fva-net.de
Fraunhofer ISE: www.ise.fhg.de