17.08.2018
Peter Altmeier und sein Aktionsplan Stromnetz
Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU) hat am 14. August im Zusammenhang mit seiner Netztour den „Aktionsplan Stromnetz“ vorgestellt. Damit will er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Bei den bestehenden Leitungen soll kurzfristig optimiert, zum anderen der künftige Netzausbau vereinfacht und beschleunigt werden. Dazu sollen verschiedene Instrumente genutzt bzw. eingeführt werden. Dabei ist beispielsweise geplant Leiterseile einzusetzen, die höhere Temperaturen und Ströme aushalten. Weiter setzt man auch auf spezielle Transformatoren, die den Strom auf noch freie Leitungen umlenken. Zum besseren Controlling sollen sich alle Akteure, Netzbetreiber wie auch Planungsbehörden, Länder und die Bundesnetzagentur, verständigen, wie Hindernisse beim Netzausbau zu überwinden sind. Hierzu wurden spezielle Zielvereinbarungen angekündigt, welche die Abläufe nicht nur definieren, sondern auch verbindlich festlegen sollen. Wie mit dem breiten Widerstand von Teilen der Bevölkerung entlang der neuen Nord-Süd-Trassen umgegangen werden soll, bleibt außen vor.
Das alles vor dem Hintergrund, dass angeblich der Netzausbau in Deutschland im Verzug sei und dadurch hohe Kosten für die Verbraucher entstünden. Was so einfach klingt, verhält sich aber doch etwas komplizierter. Altmaier sieht die Stromnetze als das Herzstück der Energiewende, meint damit aber im Prinzip erst einmal die großen Stromautobahnen vom Norden nach Süddeutschland, also die Höchstspannung-Übertragungsleitungen, die sich in den Händen der vier großen Betreiber Amprion, Tenet, 50 Hertz und Transnet BW befinden. Die Verteilnetze, deren Besitz viel breiter gestreut ist und die sich immer noch in der Abhängigkeit der großen Vier befinden, werden in Altmaiers Planung wenig berücksichtigt.
So soll es denn vordringlich darum gehen, dass Tempo“ gemacht wird, um den Ausbau und die Stabilisierung des zentralen Charakters des Verbundnetzes voran zu treiben. Auch wenn Altmaier vom Ausbau der Erneuerbaren spricht, das Thema Dezentralisierung wird mit keinem Wort erwähnt. Darum geht es auch nicht. Mit den zusätzlichen großen Übertragungssträngen soll eine Struktur geschaffen werden, die es den großen Energiekonzernen ermöglicht, nicht nur großen Strommengen im Inland wie im Ausland zu verschieben. Weiter ist geplant, gleichzeitig eine Leistungselektronik zu installieren, die es ermöglicht, den notwendigen Fluktuationsausgleich für den erneuerbaren Strom herzustellen. Und zwar nicht auf regionaler bzw. dezentraler Ebene, sondern auf zentraler Ebene, nämlich auf der, wo sich auch heute die sogenannte Systemverantwortung befindet.
Diese Strategie ist nichts Neues und im Prinzip mit Konzepten wie dem Demandside-Management und dem Digitalisierungsgesetz eingeleitet. Aber da all das zum einen nicht in trockenen Tüchern ist und zugleich die dezentralen Bestrebungen der Bürgerenergie längst nicht gebrochen sind, sieht sich Altmaier gezwungen, auf die Forderungen der großen Energiewirtschaft, endlich Fakte zu schaffen, einzugehen. So kündigte er gewissermaßen als wichtigsten Punkt seines Aktionsplanes Stromnetz für den Herbst eine Novelle des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes, des NABEG 2.0, an. Dass Altmaiers Aktionsplan viel heiße Luft enthält zeigt sich unter anderem auch daran, dass der BDEW als Vertreter der alten Stromwirtschaft nicht wirklich zufrieden ist. Er vermisst einen konkreten Zeitplan.
Bedauerlich ist, dass der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) sich dieser Kritik anschließt. Wenn auch mit einer anderen Begründung. „Der Aktionsplan Stromnetz sollte jetzt schnell umgesetzt und durch einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien begleitet werden“, so die BEE-Präsidentin Simone Peter. Immerhin vermisst sie Vorschläge zur Reduktion der konventionellen Mindesterzeugung. „Strom aus inflexiblen, konventionellen Kraftwerken, insbesondere Kohlekraftwerken, darf nicht länger die Netze verstopfen. Ein schneller Kohleausstieg hilft, die Netze spürbar zu entlasten“. Dass die neuen Stromautobahnen den Ausstieg aus der Kohle nicht unbedingt beschleunigen, bzw. dass neue GUD-Kraftwerke hervorragend zu Altmaiers Aktionsplan passen, wird vom BEE nicht thematisiert.
Klaus Oberzig
„Aktionsplan Stromnetz“ (Download)