17.02.2017
Energiegenossenschaften: Schützenhilfe aus Brüssel
Bei den Ausschreibungen für PV Parks seit dem EEG 2014 spielen Energiegenossenschaften „nur noch eine marginale Rolle“, so eine bittere Erkenntnisse auf dem „Bundeskongress genossenschaftliche Energiewende“, der am 14. Februar 2017 in Berlin stattfand. Das könnte sich allerdings ändern, denn die EU-Kommission sieht ein großes Potenzial in der Bürgerenergie und in genossenschaftlichen Aktivitäten zur Energiewende. „Die EU ist interessiert daran, die Genossenschaften zu fördern, weil sie die soziale Akzeptanz der Energiewende stärken und den Anteil der Erneuerbaren Energien erhöhen“, sagte dazu Paula Abreu Marques, Leiterin der Abteilung „Erneuerbare und CCS“ bei der Generaldirektion Energie der EU in ihrem Vortrag. Ausdrücklich befürwortete sie „spezifische Rechte“ für Energiegemeinschaften. Sie wies auf eine Ausnahmeregelung für Genossenschaften mit Projekten bis zu einer Grenze von 18 Megawatt Leistung hin, die im Gesetzespaket „Clean Energy for all Europeans“ verankert werden soll. Diese könnte, so Marques, noch in diesem Jahr verabschiedet werden.
Diese Initiative sowie eine Erneuerbare-Energien-Richtlinie könnten der Bürgerenergie zumindest zu mehr Rückenwind aus Brüssel verhelfen. „Damit sollen klare Signale an die Investoren gesendet werden“, sagte Marques. Ob und welchen Einfluss dies kurzfristig auf die deutsche Bremserpolitik in Sachen Erneuerbare Energien haben wird, bleibt allerdings offen. Zur Erinnerung: Auch Genossenschaften müssen seit dem EEG 2014 durch das Nadelöhr der Ausschreibungen, wenn sie eine PV-Freiflächenanlage bauen wollen. Selbst wenn sie dabei kleinere Erleichterungen genießen – so dürfen sie sich, ohne eine vorher erwirkte Bundesimmissionsschutzgenehmigung beteiligen und erhalten im Falle eines Zuschlages nicht ihren angebotenen Preis, sondern den des höchsten Angebotes der jeweiligen Ausschreibungsrunde - so bleibt die schwer überwindbare Hürde, dass auch Bürgerenergieprojekte 15 € pro kWp als Sicherheit einbringen müssen. Ist das Projekt bei der Ausschreibung nicht erfolgreich, sind neben den Projektentwicklungskosten diese Sicherheiten ebenfalls verloren. Gerade kleine Energiegenossenschaften können sich dies nicht leisten und sind den großen Projektierern und Companies bei dieser Art „Wettbewerb“ unterlegen.
So scheint es denn kein Zufall, dass bei den Energiegenossenschaften eine einsetzende Schwerpunktverschiebung hin zu Wärmeprojekten und zur Sektorkopplung zu beobachten ist. Als eines der Beispiele wurde die Unterfränkische Überlandzentrale eG (www.uez.de) vorgestellt, die im ländlichen Raum um Schweinfurt eine Nahwärmeversorgung aufbaut. Für die Abkehr von der rein sektorspezifischen Stromerzeugung mit Wind- oder PV-Parks steht auch die WeilerWärme eG (www.weilerwaerme.de) aus Pfalzgrafenweiler im Nordschwarzwald. Sie bietet inzwischen neben WeilerStrom auch ein Carsharingmodell unter dem Namen WeilerMobil an. Auf dem Vormarsch befindet sich das Thema Mieterstrom nicht nur bei den Energiegenossenschaften. Festzustellen ist in diesem Zusammenhang auch ein vorsichtiges Zusammenrücken von Energieg- und Wohnungsgenossenschaften. Auf den Punkt brachte dies Harald Polster, Vorstandsmitglied der Gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaft Pfungstadt eG (www.gewobau-pfungstadt.de), als er empfahl „Energiegenossenschaften sucht Euch Wohnungsgenossenschaften als Partner“.
Wenn also bei den deutschen Energiegenossenschaften erkennbar neue Entwicklungen zu verzeichnen sind, so muss gleichzeitig konstatiert werden, dass die deutsche Entwicklung noch längst nicht mit der in Dänemark zu vergleichen ist. Dort habe das Genossenschaftswesen im Energiebereich einen völlig anderen Stellenwert, erläuterte Erik Christiansen, Chairman der Middelgrunden Wind Turbine Cooperative (www.middelgrunden.dk). Neben der viel stärkeren Rolle bei der Wärmeversorgung, bekannt ist das dänische Smart District Heating, welches als hochwirtschaftliche Verbundlösungen so ziemlich aller EE-Technologien Vorbildcharakter hat, sei die Energieerzeugung insgesamt ein Bürgerthema. Denn neben dem Aspekt des genossenschaftlichen Geldverdienens, solche genossenschaftlichen Projekte gelten in Dänemark als „Goldeier“ so Christiansen, stehe der Gedanke der Demokratie und des Klimaschutzes inzwischen mit im Vordergrund. „Die Energieversorgung muss in den Händen der Bürger sein“, meint Christiansen, ein Standpunkt, der nicht nur von den Referenten aus Belgien und England unterstützt wurde, sondern auch bei deutschen Energiegenossenschaften spürbar an Boden gewinnt.