16.02.2018
Wann kommt die Festkörperbatterie?
Derzeit wird der Markt der Akkus sowohl im Bereich der Elektromobilität als auch der Haus- und Gewerbespeicher von Lithium-Ionen-Akkus dominiert. Gerade bei Hausspeichern hat diese Technik die Blei-Gel-Akkus inzwischen fast vollständig verdrängt. Doch aktuell fällt immer häufiger das Schlagwort der Festkörperbatterie als Nachfolger der Lithium-Ionen-Technik. Was sind die Vorteile und wann ist mit dieser neuen Technik zu rechnen?
Die Hersteller von Lithium-Ionen-Akkus müssen einem Aspekt eine hohe Aufmerksamkeit widmen: der Sicherheit. Der Elektrolyt zwischen den Elektroden ist bei aktuellen Akkus – unabhängig von der Bauform – flüssig. Daher muss unbedingt sichergestellt sein, dass die Batteriezelle bei Herstellung und Anwendung nicht beschädigt und undicht wird. Hier verspricht die Festkörperbatterie durch einen festen Elektrolyten erhebliche Vorteile. Das Sicherheitsniveau wird also noch höher als es bei heutigen Zellen bereits ist.
Ein fester Elektrolyt (Polymer, Keramik oder Glas) hat aber noch einen weiteren Vorteil: Eine Dentritenbildung wird vermieden. Dentriden sind eine typische Alterserscheinung von Akkus, sie entstehen durch Ablagerungen von Material an den Elektroden, wachsen kristallähnlich und können im schlimmsten Fall zu einem Kurzschluss in der Zelle führen. Die Dentritenbildung ist derzeit ein wichtiges Forschungsthema, es wird versucht, die Mechanismen des Wachstums zu verstehen und die Auswirkungen bei zukünftigen Zellen zu minimieren.
Da bei einem Festkörperakku nahezu keine Dentriten entstehen, kann auch ein anderes Anoden- und Kathodenmaterial verwendet werden und das verspricht auch eine höhere Speicherkapazität und eine höhere Energiedichte. Bei Prototypen wird zum Beispiel Natrium statt Lithium verwendet, was zusätzlich positive Auswirkungen auf die Kosten hat.
Stand der Forschung
Ende vergangenen Jahres wurde von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) gemeinsam mit der Universität Genf der Prototyp einer Festkörperbatterie vorgestellt. Auch am Forschungszentrum in Jülich arbeitet ein Team direkt an Zellentwicklung und an der Herstellung von geeignetem Ausgangspulver, um dieser Technik auch die Möglichkeit der industriellen Fertigung zu verschaffen. Auch verschiedene Autohersteller und Firmen wie Apple forschen aktuell daran. Allgemein wird eine breitere Durchsetzung dieser Technik ab dem Jahr 2020 erwartet.
Und die Umsetzung?
Bisher haben insbesondere die großen deutschen Automobilhersteller trotz Einstiegs in die Elektromobilität gezögert, überhaupt in eine Batteriefertigung zu investieren. Der technische Vorsprung der asiatischen Hersteller sowie Tesla aus den USA und das wirtschaftliche Risiko erschienen zu groß. Die EU-Kommission hat sich zu diesem Thema im letzten Jahr zu Wort gemeldet und die Bedenken hinsichtlich der europäischen Wettbewerbsfähigkeit geäußert. Deshalb soll nun Ende Februar ein Aktionsplan verabschiedet werden, um den Anschluss der europäischen Autohersteller zu sichern. Doch die deutschen Autohersteller zögern noch immer, würden es aber begrüßen, wenn Zulieferer wie Bosch oder Continental in die Fertigung einsteigen. Beide Zulieferer haben aber signalisiert, dass sie dann nicht in die aktuelle Lithium-Ionen-Technik, sondern gleich in die Festkörperzelle einsteigen wollen.
In Deutschland startete im vergangenen Jahr das neu gegründete Unternehmen TerraE mit dem Ziel, eine große Li-Ionen Batteriefertigung anzuschieben. 19 Partner aus Forschung und Industrie haben im Januar 2018 das Projekt Fab4Lib offiziell gestartet, dass in einer Fertigungseinheit mit 6 GWh münden soll. Welche Technik hier genau angestrebt ist, wurde nicht mitgeteilt.
Außerhalb von Deutschland gibt es auch Fertigungsaktivitäten: So wurden aktuell eine Finanzierung über mehr als 50 Mio. für eine Demonstrations-Fertigungsanlage von Northvolt in Schweden bereitgestellt. Langfristig soll dort eine Jahreskapazität von 32 GWh entstehen. Die Autohersteller-Allianz Renault-Nissan/Mitsubishi hat verkündet, bald in eine US-Firma zu investieren, die Materialien für Festkörperakkus herstellt. Toyota, die ebenfalls in diesem Bereich forschen, haben einen ersten Einsatz dieser Technik in der Praxis für 2022 angekündigt.
Am schnellsten scheint es jedoch wieder in Asien zu gehen: Im Januar wurde ein Lizenzabkommen zwischen einem kanadischen Energieversorger und einem chinesischen Technologiekonzern verkündet, dass die Nutzung von Patenten für Festkörper-Lithium-Akkus beinhaltet. Hier soll rasch eine Pilotfertigung eingerichtet werden.
Doch wann kann mit diesen Batterien auf dem Markt gerechnet werden? Nach aktuellem Stand wird das noch etliche Jahre dauern, zumal aktuell auch die wirtschaftliche Entwicklung dafür spricht, dass die großen Hersteller die in den vergangene (und aktuell) aufgebauten Produktionskapazitäten zuerst einige Jahre mit der bestehenden Technik nutzen, bevor wieder große Investitionen in neue Produktionslinien folgen.
Aus den Berichten der deutschen Autozulieferer wird als Zieldatum für eine Serienreife die Spanne 2020 bis 2025 genannt. Also: Nicht nur heute, sondern auch morgen wird die Lithium-Ionen-Technik mit flüssigem Elektrolyten den Markt noch beherrschen. Aber ab 2020/2025 könnten sich die Festkörperbatterien beginnen sich durchzusetzen. Entscheidend dafür wird aber auch die Preisentwicklung der verschiedenen Techniken sein.