15.06.2018
Ein intelligentes Energiemanagementsystem für die Wärme
Das Schlagwort von der Digitalisierung ist gegenwärtig in aller Munde. Allerdings denken die meisten dabei an Strom. Doch digitale Steuerungen spielen auch im Wärmebereich eine große Rolle, ja sie verfügen als komplexe Systeme sogar über eine längere Tradition, als dies im Strombereich der Fall ist. Dort ist in der Erzeugung von PV- und Windstrom noch immer singuläre Anlagentechnik der Stand der Technik und die Digitalisierung konzentriert sich auf Netztechnik und Demand Side Management, also die Steuerung von Verteilung und Verbrauch. Dass es rein regenerative bzw. solare Alternativen zur sogenannten Effizienzstrategie mit Erdgasbrennwert gibt, wie sie von den Merkel-Koalitionen propagieren wurde und wird, zeigte eine Veranstaltung des DGS Landesverbandes Berlin-Brandenburg Ende Mai in der Hauptstadt. Ihr Titel lautete „JuriMaxx - Energiemanager als Herzstück regenerativer und solarer Großanlagentechnik zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung“. Vorgestellt wurde die neueste Version dieser Systemlösung, die manch einem Solarthermiker als „Solarenergiezentrale“ in Erinnerung sein mag. Inzwischen sind von diesem System, das speziell für den Geschosswohnungsbau entwickelt wurde, über 500 Anlagen europaweit in Betrieb.
Der Juri Energiemanager übernimmt das komplette Wärmeenergiemanagement im Gebäude. Er verbindet jede beliebige Energiequelle, sowohl regenerativ als auch konventionell, zu einer einheitlichen Heizungsanlage und ist Solar-, Hausanschluss- und Regelungsstation in einem. Dabei fungiert er als Steuerzentrale des gesamten Systems, in der alle Informationen der Systemkomponenten und der Umwelt zusammenlaufen. Diese Informationen können nicht nur verwaltet und angepasst, sondern auch visualisiert werden. Diese intelligente Steuerung stimmt die Bereitstellung der Energie auf den Verbrauch ab und ermöglicht einen suffizienten Betrieb der gesamten Heizungsanlage. So verbindet sie die bislang getrennt betriebenen, fossilen Kessel oder Fernwärmeübergabestationen mit der Solaranlage zu einem einheitlichen Heizungssystem mit mehreren Wärmeerzeugern. Sie kann aber auch als rein regenerative Anlage gefahren werden. Die Warmwassererzeugung wird zentral, wie auch in Wohnungsstationen geregelt.
Gesteuert wird dabei nach dem Prinzip „Verbrauch geht vor Speicherung“, wobei die Solarwärme konsequent Vorrang hat. Die Sonnenenergie wird bedarfsgerecht und entsprechend den Wetterbedingungen dort eingespeist, wo die größte Einsparung erzielt werden kann, z.B. bei der Trinkwasser- oder Heizungserwärmung oder bei der Zuladung der angeschlossen Spitzenlast oder in Langzeitspeichern. Ein Hochtemperaturspeicher dient dem kurzfristigen Verbrauch, während ein Niedertemperaturspeicher, etwa ein eTank oder eine Sonde, als Quelle für die Wärmepumpe dient. Die technische Ausstattung des Energiemanagers ermöglicht ein umfassendes Online-Monitoring (gemäß VDI 6041) und die Anlagenvisualisierung. Alle notwendigen Messdaten werden von der Steuerung aufgenommen und per Datenfernübertragung an eine Wartungsstation weitergeleitet. Von dort wird die gesamte Anlage gesteuert, überwacht und statistisch ausgewertet. Der Betreiber oder sein beauftragter Installateur erhält damit die Möglichkeit, das System umfangreich zu kontrollieren und effizient zu betreiben und zu warten.
Vorgestellt wurde das System an zwei Beispielen aus Berlin, die rein regenerativ heizen. Zum einen dem Wohnquartier Gartenstadt in Lichterfelde Süd der Wohnungsgenossenschaft Märkische Scholle mit über 25 Gebäuden, sowie dem Zukunftshaus der senatseigenen Wohnungsgesellschaft degewo. In beiden Fällen handelt es sich nicht um Neubauten, sondern um eine umfangreiche solare Modernisierung, bei der jeweils der neueste Stand der Technik eingesetzt wurde. So sind neben solarthermischen Anlagen vor allem Wärmepumpen im Betrieb, die ihre Wärmequelle in Erdtanks haben, die im Erdreich neben den Häusern eingebaut wurden. Dazu kommen Abluftwärmepumpen und Photovoltaikanlagen auf den Dächern. Im Fall des Zukunftshauses wurden PVT-Kollektoren verbaut. Dass vor allem im Fall der Gartenstadt überdimensional gedämmt wurde, liegt an den KfW-Förderbedingungen.
Entgegen der Meinung mancher Stromenthusiasten, die Zukunft liege im rein elektrischen Heizen, beweist dieses Energiemanagementsystem, dass die Solarthermie keine veraltete Technologie darstellt. Sie ist vielmehr ein wesentlicher Baustein einer Verbundlösung. Die alte Einteilung in monovalente oder bivalente Anlagen gehört mit dieser Technologie endgültig der Vergangenheit an. Mit dem Herzstück des Juri Energiemanagers, so die Ergebnisse des Wohnquartiers Gartenstadt in Lichterfelde Süd, wird durch die intelligente Steuerung aller Energieflüsse der nutzbare Solarertrag der solarthermischen Anlage auf über 700 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr erhöht und eine ep-Zahl von 0,35 bis 0,55 erreicht. Mit den gewählten Anlagenkomponenten ergibt sich praktisch eine CO2 neutrale Wärmeversorgung. Bleibt die Frage, wieso eine Anlagentechnik, die den Gesamtwirkungsgrad des System deutlich erhöht und die, wie im Fall der modernisierten Altbauten der Gartenstadt, bei Einbeziehung der PV-Erträge einen Verbrauch von 11 kWh/m2 erreicht, es so schwer hat, sich gegen die monovalenten Brennwertkessel oder die Fernwärme durchzusetzen.
Die Antwort wird sicher nicht monokausal ausfallen, aber sie wird entscheidend dafür sein, ob eine Wärmewende gegen die Erdgasstrategie der Konzerne und der Weltmächte, inklusive der Bundesregierung, gestartet werden kann. Die DGS hat sich die Solarisierung auch des Wärmebereiches auf die Fahnen geschrieben. Teil dieses Weges wird die Vorstellung des Standes der Anlagentechnik, der aufzuspürenden Defizite (z.B. bei thermischen Speichern) sowie der Beteiligung an der politischen Debatte sein. Dies wird in den beiden Publikationsorganen der DGS, den DGS News und der SONNENENERGIE, ein Schwerpunkt sein. Möge daraus eine fruchtbare und intensive Diskussion entstehen.