15.03.2019
Schneller Zählerwechsel ist „Überrumpelung“
„Wie erfahre ich, wann bei mir genau der Zähler ausgetauscht wird? Diese Information können Sie dem Schreiben entnehmen, das Ihnen der grundzuständige Messstellenbetreiber rechtzeitig vor dem Zählertausch zusenden wird. Ersatztermine können vereinbart werden.“
Liest sich gut, was in der „Zählerwechsel-FAQ Einbau“ der Westnetz GmbH steht, laut Wikipedia „der größte Verteilnetzbetreiber in Deutschland“. Doch die darin genannte schriftliche Information („Schreiben“) der Innogy-Tochter ist eine „nicht unerhebliche Überrumpelung“ der Kunden. So steht es in einem Landgerichts-Urteil. Denn Westnetz hatte den Kunden den geplanten Zählerwechsel gerade mal zwei Wochen vor dem Austauschtermin mitgeteilt.
Der Spruch des Landgerichts Dortmund (Az 25 O 282/18) ist zwar noch nicht rechtskräftig; der Netzbetreiber hat Berufung eingelegt. Aber klar ist: Im §6 des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) steht dazu ein ganz eindeutig längerer Zeitraum. Mindestens drei Monate müssen zwischen der ersten Mitteilung über den Zähleraustausch und dem tatsächlichen Einbautermin liegen. Denn „Anschlussnehmer“ sollen genug Zeit haben, zu entscheiden: Bleibe ich beim bisherigen Messstellenbetreiber, oder suche ich mir einen anderen? Denn seit der „Liberalisierung“ im deutschen Strommarkt ist niemand mehr an den früheren Monopolisten gebunden, meist der örtlich Netzbetreiber.
„Kerngedanke der Drei-Monats-Frist ist, den Wettbewerb um die Messstelle zu stärken“, erklärt dazu Bettina Cebulla, Juristin bei der Verbraucherzentrale NRW. Die VZ NRW hatte den Prozess angestrengt. Doch handeln die Zählerwechsler nicht aus freien Stücken: Das MsgB sieht den flächendeckenden Einbau sogenannter „moderner Messeinrichtungen“ bis 2032 vor. Dabei geht es zum einem um rein elektronische Zähler für kleinere Verbrauchsmengen; die müssen weiterhin direkt abgelesen werden und können nicht fernausgelesen werden.
Im Blick steht aber der ebenfalls dort geregelte „Roll Out“ sogenannter Smart Meter: Die arbeiten nicht nur digital, sondern sind auch noch vernetzt. „Bei den Smart Metern wird Kunden ihr Wahlrecht durch einen unzureichend begründeten Zwangs-Rollout genommen“, schätzt VZ-Juristin Cebulla diese – auch aus Datenschutz-Gründen umstrittene - Umstellung ein. „Wenn dann solche ärgerlichen Verstöße beim Zählertausch wie bei Westnetz dazukommen, schafft das nicht gerade Vertrauen in die wichtige Digitalisierung der Energiewelt“, stellt Bettina Cebulla fest.
DGS-Vizepräsident Jörg Sutter schlägt zudem vor „die Netzbetreiber zu fragen, wieso sie jetzt schon mit Smart Metern starten, obwohl die Zertifizierungen der Gateways überhaupt noch nicht abgeschlossen sind“. Denn auch Sutter hat dieser Tage bereits ein Schreiben seines Netzbetreibers zum Zählertausch bekommen. Darin steht, wie gesetzlich vorgegeben: Zuerst kommen die Haushalte mit über 10.000 kWh Jahresverbrauch und die EEG-und KWK-Betreiber bei der Umstellung dran. Gerade deshalb ist Jörg Sutter verwundert: „Wir haben rund 2.750 kWh Jahresverbrauch und keine EEG- und keine KWK-Anlage. Deshalb habe ich den Netzbetreiber gefragt, warum entgegen dessen eigener Argumente bei uns früh umgestellt werden soll.“ Nun hat ihm „sein“ Stadtwerk geantwortet. Inhalt in etwa: Ist halt so.
Im Osten Bayerns scheint das alles etwas friedlicher abzulaufen: Auch die Bayernwerk Netz GmbH tauscht dort analoge gegen digitale Zähler aus. Aber das passiere nach Telefonberaterinnen-Aussage gegenüber einem Kunden „immer dann, wenn die Prüfzeit ausläuft“. Bei mehreren Zählern im Haus können also Jahre dazwischen liegen. Doch am Anfang steht auch beim Bayernwerk-Netz ein Brief – Überschrift „Zählerwechsel – Ihr Stromzähler wird modern“. Darin wird auf den Tausch „in einigen Monaten“ und die Möglichkeit des Wechsels „zu einem anderen zugelassenen Messstellenbetreiber“ hingewiesen.
Bei Verbräuchen unter 6.000 kWh im Jahr würden rein elektronische Zähler, darüber „intelligente“, also Smart Meter eingebaut, so die Bayernwerk-Beraterin. Und: „Prinzipiell wird es nicht teurer, die Zählergebühren steigen nicht.“ 20 Euro im Jahr koste ein Zähler im Normalhaushalt. Das wiederum sind Grenzen und Werte, die im Gesetz geregelt und auf der Webseite der Bundesnetzagentur einzusehen sind. Jörg Sutters Fazit zur geplanten Umstellung von Analog- auf Digitalzähler in seiner Wohnung lautet dennoch: „Wenn ohnehin nur eine intelligente Messeinrichtung kommen wird, ohne Gateway, Fernauslesung und so weiter, hat das überhaupt keinen Nutzen für mich.“
Heinz Wraneschitz
Mehr Infos zum Zählertausch:
www.verbraucherzentrale.de/wissen/umwelt-haushalt/wohnen/die-neuen-stromzaehler-kommen-13275
www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Verbraucher/NetzanschlussUndMessung/SmartMetering/SmartMeter_node.htm