13.10.2017
Kommunen meistern die Energiewende sehr unterschiedlich
„Kommunen meistern die Energiewende“: Gemeinsam hatten die freistaatsnahen Carmen-Berater und die Bezirksregierungen von Unter- und Mittelfranken zu einem Fachgespräch in den Frankenweinort Iphofen eingeladen. „Kommunen sind Akteure mit Vorbildfunktion – insbesondere beim effizienten Einsatz von Energie sowie beim Ausbau der Erneuerbaren Energien.“ Diese Erkenntnis ist beileibe nicht neu. Doch offensichtlich ist sie bis heute noch nicht bei allen Bürgermeistern und Gemeinderäten fest verankert, sonst hätte die Veranstaltung nicht so großen Zulauf gehabt. Freiflächen-PV – beim zweiten Versuch.
Das Motto „gemeinsam“ stand im Mittelpunkt vieler Erfahrungs-Vorträge. Darin ging es beispielsweise um Genossenschaften, welche Kommunen und Bürger gründen können, um große Freiflächen-Solarstromanlagen umzusetzen wie in Neusitz bei Rothenburg. Seine Erlebnisse bis zum Erfolg schilderte Bürgermeister Rudolf Glas. 2006 war der erste Versuch geplatzt: die PV-Anlage wurde abgelehnt, Dann sollten Windkraftanlagen gebaut werden sollen – aber wegen der Thermik sind auf der Frankenhöhe viele Segelflugzeuge unterwegs; die Windkraft: Ein „NoGo“ für die Regionalverantwortlichen. Dann endlich kam der erste Durchbruchsschritt: Ein Arbeitskreis „Energiekonzept“ wurde gegründet, „immer um die 25 Personen“, so Glas. Nach einer Fragebogenaktion mit 55% Rücklaufquote aus der Bevölkerung 2015 ein Sieben-Punkte-Beschluss – einer war die Freiflächen-PV. Inzwischen ist die erste Hälfte von 1,5 MW gebaut und in den Händen einer Genossenschaft – auch die Kommune ist daran beteiligt. „Und der Gemeinderat gibt Rückendeckung für alle Projekte“, da ist der Bürgermeister immer noch begeistert.
Austausch im Energie-Effizienz-Netzwerk.
Es war viel zu hören von Energiekonzepten oder Energienutzungsplänen, die aber nur erfolgreich sein können, wenn Kommunalpolitiker und örtlich Engagierte gemeinsam agieren. Voneinander lernen ist auch eine Möglichkeit. So ging es um Kommunale Energie-Effizienz-Netzwerke, in denen sich möglichst vergleichbare Ortschaften verschiedener Regionen über ihre Erfahrungen, Erfolge und Enttäuschungen austauschen. Wie ein solches Netzwerk mit zwölf Kommunen funktioniert, die sich viermal im Jahr treffen, informierte Bauamtsleiter Andreas Brandmann aus Feucht bei Nürnberg.
Klärschlammtrocknung für Klein und Groß
Fakt scheint: Kommunen können innovativ mit (Erneuerbarer) Energie umgehen und gleichzeitig Geld sparen. Dazu wurden beispielhafte Projekte vorgestellt. Eines: die Solare Klärschlammtrocknung in Aidhausen im Landkreis Haßberge. „Das geht auch in kleinen Gemeinden“, räumte Bürgermeister Dieter Möhring mit dem Missverständnis auf, Solartrocknung und deren Verfeuerung sei nur was für Großstädte. „Wir machen das in einem üblichen Industriehackschnitzelofen“, gab er preis. Aber auch, dass das Verfahren noch im Testlauf und offen sei, „mit welcher Filteranlage der Betrieb letztendlich genehmigt werden kann“.
Wasser hoch mit Solarantrieb und B-Plan
In der Gemeinde Mömlingen, direkt an der hessischen Grenze gelegen, versorgt Solarstrom die Pumpen im Wasserwerk. Bei der dortigen Förderhöhe zwischen Saugbehälter im Tal und Hochbehälter am Berg braucht die Anlage 1 kWh Strom, um 1 cbm Wasser hochzupumpen. Dadurch, dass der Strom aus der PV-Anlage zu 78% „Eigenverbrauch“ produziere, blieben trotz 118.000 Euro Kosten 3.300 Euro Einnahmen jährlich übrig, stellte Ortschef Siegfried Scholtka heraus. Trotz finanziellem Aufwand für Bebauungsplan und Naturschutzgutachten. Und obwohl noch nicht mal Einspeisevergütung für Überschussstrom bezahlt werde.
LED-Licht als Sahnehäubchen
Die Gemeinde Weisendorf im Landkreis Erlangen-Höchstadt ist mit KEM (Kommunalem Energiemanagement) und ENP (Energienutzungsplan) erfolgreich: Sie hat es geschafft, den Energieverbrauch zu senken und mehr Ökoenergien zu nutzen. Laut 1. Bürgermeister Heinrich Süß ging es schon 2001 los mit der Energiewende in Weisendorf, dank einer privaten Initiative und deren Biomasse-Heizkraftwerk. Ein Baugebiet, Rathaus, Schulen, Mehrzweckhalle (MZH) wurden angeschlossen – ohne Zwang. 2010 kam eine Biogasanlage dazu, ebenfalls privat betrieben. Neben Strom – 2,5 MW in der Spitze, 1,5 MW dauernd - produziert sie unter anderem Wärme für ein Gewerbegebiet. 2009 der Einstieg ins Kommunale Energiemanagement KEM. Es gab Nutzerschulungen für Schulen und Mehrzweckhalle, Anlagen wurden optimiert, es kam zu energetischer Sanierung und zu einem Beratungsangebot für die Bürgerinnen und Bürger. Innerhalb der ersten drei Jahre wurde jeweils über 20 Prozent Wärme, Strom, Wasser gespart.
Nach Fukushima dann der Energienutzungsplan (ENP) mit Bestands- und Potenzialanalyse von Energieversorgung und –infrastruktur. Inzwischen sind 54% CO2-Minderung erreicht und 67 Prozent des verbrauchten Stroms werden regenerativ erzeugt. Im Vergleich zum Durchschnitt im Landkreis liegt Weisendorf mit 3,7 t CO2 pro Jahr und Bürger etwa auf der Hälfte. Selbst die dreifache Verbrauchsmenge erneuerbar zu erzeugen wäre möglich – vor allem mit Windkraft. Die ist aber dort zurzeit nicht möglich, besonders wegen der 10-H-Regelung der Bayerischen Staatsregierung.Nach der Umstellung aller 1.037 Straßenleuchten auf Leuchtdioden wird gerade der jährliche Stromverbrauch dafür von 310 auf 99 MWh reduziert, also um 68%. „Die Amortisationszeit zwischen 7,6 und 10,4 Jahren ist ok“, lobt der Bürgermeister die neue Lichttechnik.