13.04.2017
Nutzen statt abregeln: BEE schlägt Innovationsausschreibungen vor
„Mit Innovationsausschreibungen eröffnen sich für Erneuerbare Energien … Spielräume für neue Geschäftsmodelle.“ Das ist die Kernbotschaft einer Studie „Design von Innovationsausschreibungen im EEG 2017“, die der Bundesverband Erneuerbare Energien e.V. (BEE) von dem Thinktank „E4tech Ltd.“ hat erstellen lassen und die am 5. April in Berlin vorgestellt wurde. Hinter dem etwas sperrigen Titel vom neuen Ausschreibungsdesign, das ein „Innovation Balacing “ bringen werde, verbirgt sich ein Aufbruch zu neuen Ufern. Sind die mit dem EEG 2014 eingeführten Ausschreibungen nicht nur bürgerenergie-feindlich und orientieren sich ausschließlich entlang der vorhandenen singulären Technologien von PV, Wind und Biomasse, so will der BEE mit seiner Initiative der realen technologischen Entwicklung Rechnung tragen. Verbund- und Hybridtechnologien, die in anderen Technologiefeldern längst Gang und Gäbe sind, sollen nun endlich auch im Bereich der Ökostromerzeugung Einzug halten.
Als ein kleines aber überzeugendes Beispiel für die innovative Kraft solcher Lösungen gilt das Smartphone. Es hat mit einer intelligenten IT bisher singuläre Technologien – Email, Foto, SMS, stationäre Office-Anwendungen etc. – zu einer neuer Qualität zusammengeführt. Ein solcher Weg in der regenerativen Strom- bzw. Energieerzeugung wurde bislang noch nicht konsequent eingeschlagen, das sieht man auch beim BEE. Bedenkt man, dass die Fraunhofer-Forschungsergebnisse zum Kombikraftwerk und dessen fluktuationsmindernde Wirkung seit vielen Jahren bekannt sind, letztlich aber wieder in der Schublade verschwanden, lässt sich ermessen, welche Bedeutung der Initiative des BEE beizumessen ist. Der Dachverband der Erneuerbaren bezieht sich dabei auf die im § 39 j des EEG 2017 eingeräumte Möglichkeit für Innovationsausschreibungen und legt einen eigenen Vorschlag vor. Dieser eröffnet den Raum für Abweichungen vom scheinbar zementierten Glaubenssatz, dass Ökostrom nur singulär, also entweder mit Wind, mit Photovoltaik oder mit Biomasse erzeugt werden könne und dass die Fluktuationen dieser inzwischen weit entwickelten Einzeltechnologien gewissermaßen naturgegeben, nicht überwindbar und nur mit Abregelung bei Erzeugungsspitzen zu kontrollieren seien. Der Versuch, innovativen Lösungen eine Bresche im bürokratischen Gestrüpp des EEG zu schlagen, setzt sich erkennbar ab von scheinbar unumstößlichen Philosophien aus der konventionellen, fossilen Stromerzeugung, die besagen, dass Ökostromtechnologien letztlich nicht netzkompatibel seien und nur mit großem Aufwand nach der Netzeinspeisung und durch eine Anpassung des Verbrauchs aufgefangen werden könnten.
Zwar konnte der § 39 j EEG 2017 auf Druck aus dem Parlament ins Gesetz hineingeschrieben werden, aber die Details für Innovationsausschreibungen sollten erst in einer später zu entwerfenden Verordnung geregelt werden. Konkret war immerhin, dass jährlich 50 MW ausgeschrieben werden sollten. Im Bundeswirtschaftsministerium und bei den Befürwortern einer zentralistischen Planung der Energiewende im Interesse des Erhalts der fossilen Monopole hatte man wohl insgeheim gehofft, dies werde im Trubel des Wahlkampfes wieder in Vergessenheit gerät. Wie man dort gern mit dem Thema Ausschreibungen weiter verfahren würde, zeigte das BMWi erst kürzlich mit dem scheinheiligen Vorschlag einer sogenannten „technologieoffenen“ Ausschreibung, bei der man Wind gegen PV antreten lassen möchte, damit diese sich gegenseitig bekämpfen und ausschalten. Dem ist der BEE mit einem eigenen Vorschlag für ein neues Ausschreibungsdesign konstruktiv entgegengetreten.
Kerngedanke dieses Ausschreibungsdesigns ist, dass die beiden Seiten – innovative Technik und Vermarktung – „ausbalanciert und kosteneffizient“ sein sollen, also auch auf der Erzeugungsebene Fluktuationen dämpfen können. Als Kriterium gelte, man höre und staune, die Systemdienlichkeit solcher Lösungen: „Voraussetzung ist ein netz- und systemdienlicher Betrieb der Anlagen“, so der BEE, und dies sei mit Hybridlösungen möglich. Nach dem Prinzip „Nutzen statt abregeln“ könnten innovative Geschäftsmodelle nicht nur technisch in die Systemverantwortung wachsen, sondern sich vor allem wirtschaftlich bewähren. „Das vorgeschlagene Konzept für Innovationsausschreibungen kennzeichnet sich durch einfach nachvollziehbare Kriterien für die Ausschreibungen und ein einfaches Nachweisverfahren zur Bewertung der innovativen und netzdienlichen Anlagenbetriebsweise, das auf physikalischen Kriterien beruht“, erläutert Harald Uphoff, kommissarischer Geschäftsführer des BEE. Dabei funktioniere das Ausschreibungsdesign wie eine doppelte Waage: Vorgaben in der Ausschreibung steuern den Grad der geforderten Innovation unter Berücksichtigung von Systemkosten. Die Erfüllung der Anforderungen könne durch innovative Erzeugertechnik, innovative Vermarktung oder einer Kombination beider Elemente erreicht werden, so der BEE. Wobei eine innovative Vermarktung den Ökostrom eben nicht mehr nur ins Netz abgeben muss, sondern in den Bereich von Power2X vordringen sollte.
Mit dem Vorschlag zur Ausgestaltung der Innovationsausschreibung zeigt der BEE, dass und wie die Erneuerbaren die Systemverantwortung erreichen und übernehmen können. Er öffnet die Türe für die Entwicklung dezentraler Lösungen, die, anders als von großen Konzernen oder von Agora Energiewende propagiert, keine großen Gaskraftwerke oder Offshore-Windparks als Nachfolger von Kohle- und Atomkraftwerken vorsehen, sondern die Energiewende konsequent und direkt als das Werk von Erneuerbaren Energien anpackt.
E4Tech-Studie zum Design von Innovationsausschreibungen im EEG2017
Kurzfassung der E4Tech-Studie zum Design von Innovationsausschreibungen
Gemeinsame Ausschreibungen von Photovoltaik und Windkraf, DGS-News vom 17.03.17