11.11.2016
Klimaschutzplan - die Zweite: und es wird nicht besser
Das Bundeskabinett ist auch nach einer weiteren Woche nicht in der Lage gewesen, einen Klimaschutzplan zu verabschieden, mit dem die Umweltministerin Barbara Hendricks in die Beratungen der UN-Klimakonferenz COP 22 in Marrakesch gehen könnte. Am letzen Freitag hatten wir das als blamabel gekennzeichnet und als Beleg dafür angesehen, dass die Koalition nicht bereit sei, sich auf ein Ende der Nutzung der fossilen Energieträger Öl, Kohle und Gas einzulassen. Zugleich hatten wir darauf hingewiesen, dass die Politik der Großen Koalition „sich auf dünnem Eis“ bewege, sich inzwischen mit dieser Position im internationalen Konzert der Industriestaaten isoliere. Denn inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass gerade in der Wirtschaft nicht nur ein Umdenken begonnen hat, sondern die Kräfteverhältnisse zwischen den Machtfraktionen in Bewegung geraten sind. Die „jungen“ Industrien der Hightech- und Kommunikationsbranche sind immer weniger bereit, den Betonkurs der „alten“, mit den fossilen Energien verheirateten Oligarchien, mit zu tragen.
Auch in Deutschland kommt Bewegung in die Landschaft und es geschehen Dinge, die bis vor Kurzem undenkbar schienen. Damit sind nicht die politischen Kontroversen um die Flüchtlinge gemeint und das Aufplatzen rechter Umtriebe samt freundlicher Annäherung von Teilen des Regierungslagers. Nein, die Bundesregierung wird plötzlich wegen ihres blamablen Umgangs mit dem Klimaschutzplan von einer Konstellation aus der Wirtschaft öffentlich kritisiert. Je nach Verortung der Beteiligten mag sich deren Begründung und Motivation unterschiedlich anhören, aber allen gemeinsam scheint die Position zu sein, dass sie die Schnauze voll haben von der Energiepolitik dieser Bundesregierung. Zwischen den Zeilen liest sich das Papier wie eine Kampfansage an die Bundesregierung. Getragen wird die Erklärung der 41 Unternehmen und Verbände unter anderem von der Commerzbank, Enbw, Hochtief, Metro, Telekom, Adidas und 50Hertz, aber auch vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und dem Bundesverband Wärmepumpe (BWP). Koordiniert wurde die Erklärung von der Stiftung 2° - Deutsche Unternehmer für Klimaschutz, dem Unternehmensnetzwerk B.A.U.M. e.V. und Germanwatch. Der BEE zitiert in seiner parallel herausgegebenen Presseerklärung die Forderung nach einem „starken Klimaschutzplan 2050, der sich u.a. mit einem eindeutigen Klimaziel am oberen Rand des derzeitigen Zielkorridors von 80 bis 95 Prozent Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2050 ausrichtet“. Zudem sollten Sektorziele für 2030 vorgegeben werden, um die schnelle Entwicklung konkreter Pläne zur Dekarbonisierung sowie neuer Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Es gehe darum, so die Botschaft der 41, Wege zum zügigen Umstieg auf 100 Prozent Erneuerbare Energien aufzuzeigen.
In seinem Eröffnungsbeitrag zum 17. Forum Neue Energiewelt am 10. November in Berlin (ehemals Forum Solarpraxis) bezeichnet Rainer Baake, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, den fehlenden Klimaschutzplan als unerfreulich und tat so, als ob sich das noch korrigieren ließe. So war denn von Konferenzteilnehmern zu hören, die Bundesregierung wolle bis zum 16. November nochmals einen Versuch unternehmen, einen Klimaschutzplan zustande zu bringen. Die Große Koalition steht unter Druck, das ist in allen Medien zu verfolgen. Man sucht nach Wegen, sich aus der Affäre zu ziehen. So dürfte es keine Spekulation sein, dass ein eventuell zustande kommender Klimaschutzplan nur ein Formelkompromiss wäre, der verschleiern soll, dass die sogenannte Exit-Strategie der Bundesregierung - Baake bevorzugt diesen Ausdruck anstelle von Dekarbonisierung - längst feststeht, aber nicht mit den Beschlüssen von Paris harmoniert. Es sei daran erinnert, dass im Grünbuch des Wirtschaftsministeriums die Leitlinie „Energyefficency first“ ausgegeben wurde. Das meint einen stufenweisen Rückzug (exit) aus den Fossilen, der „die Nutzung der fossilen Energieträger Öl, Kohle und Gas […] so gut wie möglich verringert. Der schnellste und direkte Weg zu diesen Zielen ist es, unseren Energieverbrauch durch Investitionen in Effizienztechnologien zu senken. Den verbleibenden Energiebedarf decken größtenteils Erneuerbare Energien“. So die Positionierung im Grünbuch. Diese Exit-Strategie setzt nicht darauf, den Zubau der Erneuerbaren in allen Bereichen zu beschleunigen und vor allem nicht darauf, die Effizienzgewinne bei den Erneuerbaren durch EE-Verbundlösung zu erreichen. Deswegen hatten die DGS auf die Parole von Efficiency first mit der Forderung nach „Erneuerbare first“ geantwortet. Wenn wir die die Klimakonferenz in Marrakesch und ihren Verlauf verfolgen, sollten wir bei der Rolle, welche die Vertreter der Bundesregierung spielen, genau hinschauen.
Erklärung der 41 zum Klimaschutzplan
BEE Presseerklärung vom 07.11.2016: „Gemeinsame Erklärung ….“
Unsere Antwort auf Gabriel: „Erneuerbare Energien First“, DGS online 02.09.2016
Gabriels Grünbuch sorgt sich um 100 Milliarden Euro ... , DGS online 26.08.2016