02.02.2018
Von Biomasse-Plantagen und stofflicher Holznutzung
Vor zwei Wochen hatten wir in unserem Artikel "Bad Policy oder wie schlecht unsere Regierung wird" unter anderem darüber geschrieben, dass eine direkte Kompensation von CO2-Emissionen durch das Pflanzen von Bäumen wenig erfolgreich sein wird. Wir haben dabei unter anderem den Aspelt erläutert, dass beispielsweise ein Flug heute stattfindet, die Speicherung des Kohlenstoffdioxids in den Bäumen erst im Verlauf eines längeren Zeitraums, also zu spät, stattfinden wird. Im Nachgang des Artikels haben wir mehrere interessante Reaktionen erhalten. Eine wollen wir kurz anführen:
"Naturbelassene, ausgewachsene Wälder haben eine CO2-Bilanz von Null, denn die Bäume wachsen nur noch langsam, und was sie an CO2 binden, wird gleichzeitig beim Verrotten abgestorbener Bäume freigesetzt. Bewirtschaftete Wälder können deshalb einen vielfach höheren Beitrag zum Klimaschutz leisten als naturbelassene – je nach dem, was mit dem geernteten Holz geschieht. Nur vor dem Hintergrund, dass das beim Verbrennen von Holz freiwerdende CO2 beim Verrotten sowieso freigeworden wäre, kann die Holzenergiebranche behaupten, ihre Energie sei klimaneutral. Für den Klimaschutz wesentlich besser ist allerdings, wenn das CO2 durch stoffliche Holznutzung für weitere Jahrzehnte bis Jahrhunderte gebunden bleibt, denn es geht ja darum, in den nächsten Jahrzehnten die CO2-Emissionen so schnell wie möglich so stark wie möglich zu senken, damit die Ökosysteme Zeit haben sich anzupassen – ansonsten kollabieren sie.
Das habe Sie in Ihrem Artikel prinzipiell richtig beschrieben. Etwas zu kurz kam allerdings, dass durch stoffliche Holznutzung kurzfristig sehr große Mengen CO2 nicht freigesetzt werden, die ansonsten beim Verrotten oder Verbrennen freigesetzt würden. Bei einer durchschnittlich großen Wohnung (46,5 m2 WF) in Holzbauweise sind das immerhin 15-30 t CO2. Vergleicht man das mit den 0,5 t CO2, die bei einem Hin- und Rückflug nach Mallorca freigesetzt werden, sieht man die große Bedeutung, die Bauen mit Holz für den Klimaschutz haben könnte."
Ebenso passend ist eine aktuelle Meldung des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in der steht, dass Biomasse-Plantagen nicht vereinbar mit Planetaren Belastungsgrenzen seien:
"Im großen Stil Bäume oder Gräser in Plantagen anzupflanzen, um der Atmosphäre gezielt CO2 zu entziehen – das könnte zwar langfristig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, es würde den Planeten jedoch in anderen Bereichen über ökologische Belastungsgrenzen treiben. Eine neue Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) im Fachjournal Nature Climate Change stellt jetzt erstmals einen Zusammenhang her zwischen ambitionierten internationalen Klimazielen und dem umfassenderen Konzept der Planetaren Grenzen. Wenn Biomasse-Plantagen, in denen Pflanzen beim Wachstum Kohlendioxid binden, massiv ausgeweitet werden, würde das für ohnehin belastete Bereiche wie Biodiversität, Nährstoffkreisläufe, Wasserhaushalte und Landnutzung enorme Risiken bedeuten. Biomasse als CO2-Speicher kann daher nur in begrenztem Umfang einen Beitrag leisten, so die Studie. Um das Klima zu stabilisieren, ist das alles Entscheidende die rasche Senkung von Treibhausgas-Emissionen aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas.
„Eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 2 oder gar 1,5 Grad Celsius ist zunehmend auch mit der Frage verbunden, ob überschüssiges CO2 der Atmosphäre wieder entzogen werden kann, etwa durch Biomasse-Plantagen“, erklärt Vera Heck, Leitautorin der Studie. „Aber wie würde sich diese massive Nutzung der Biosphäre auf andere ökologische Belastungsgrenzen des Planeten auswirken? Das haben wir in dieser Studie umfassend untersucht, mit dem Ergebnis: CO2-Emissionen lassen sich durch Biomasse und CCS (Carbon Capture and Storage) nur mit erheblichen Umweltschäden bei anderen Planetaren Belastungsgrenzen nennenswert kompensieren. Werden diese ökologischen Leitplanken dagegen konsequent berücksichtigt, ist das Potenzial für Biomasse als CO2-Speicher nur sehr gering."
Das Konzept der Planetaren Grenzen umfasst zentrale Prozesse und Systeme, die die Stabilität und Widerstandskraft des Erdsystems bestimmen und damit die Umweltbedingungen prägen, die das Fundament unserer heutigen Gesellschaften sind. Einige dieser Belastungsgrenzen sind bereits überschritten. „Um einen sicheren Handlungsraum für die Menschheit zu gewährleisten, ist die Herausforderung, die Planetaren Grenzen im Zusammenhang zu verstehen. Schutzmaßnahmen in einem Bereich können negative Folgen für einen anderen haben – das zeigt unsere Studie am Beispiel negativer Emissionen als mögliche Maßnahme für den Klimaschutz sehr deutlich. Wir müssen die sehr wichtige Analyse des Klimaproblems zunehmend in eine Betrachtung des Gesamtsystems Erde einbetten“, betont Wolfgang Lucht, Ko-Autor und Experte des PIK für Erdsystemanalyse.
„Unsere Arbeit belegt, dass es hoch riskant wäre, als Strategie zum Erreichen der Klimaziele nur auf diese Karte zu setzen“, ergänzt Dieter Gerten, Leiter der Arbeitsgruppe des PIK zu Planetaren Grenzen. „Auch in der Landwirtschaft und der Wassernutzung ist ein rascher Übergang zu nachhaltigem Mangement erforderlich, um die Belastungen für die globale Umwelt möglichst gering zu halten. Um in diesem größeren Zusammenhang die Klimaziele zu erreichen ist es mithin unverzichtbar, jetzt sofort CO2-Emissionen zu reduzieren, statt auf vermeintlich grüne Technologien zu setzen, die ein gemächlicheres Tempo ausgleichen sollen.“